Folgt auf die Erlösung die Bestätigung?

14.9.2023 - Von David Leicht

Nach 118 Jahren Klubgeschichte klappte es im Frühling endlich mit dem ersten Meistertitel für Genf-Servette. Und die Westschweizer starten mit einer mehrheitlich unveränderten Mannschaft in die neue Saison - beste Voraussetzungen also, um wiederum eine prägende Rolle in der National League zu spielen.

Meistersommer und Vorbereitung

Als der GSHC im Frühling 2022 in den Pre-Playoffs an Lugano scheiterte, war die Konsternation gross. Aber nicht für lange, nach nicht mal drei Wochen Pause (die Playoffs waren noch in vollem Gang!) begann die Mannschaft um dann-Neocoach Cadieux mit der Vorbereitung der nächsten Saison. Die Frustration war den Genfern in der Vorbereitung Wind auf den Segeln und es formte sich eine Equipe mit einer Leistungskultur (die Trainings unter Cadieux sind sehr intensiv), die den Grundstein für den Meistererfolg war. Dieser wurde am 27. April 2023 Tatsache und die Bilder der feiernden Genfer (7'000 in der Halle, 6'000 in der Fan Zone, Tausende bei der offiziellen Ehrung in der Stadt Genf) dominierten tagelang die lokalen News.

«Die Spieler haben sich auch nach diesem historischen Erfolg gleich wieder der Arbeit, sprich Saisonvorbereitung gewidmet, als ob nichts gewesen wäre», so Sportchef Marc Gautschi gegenüber hockeyfans. «Diese begann natürlich durch unsere lange Meisterschaft viel später, war aber sehr fokussiert.» Dazu gehörten denn auch drei Testspiele, wie vier CHL-Auftritte, von denen die Grenat drei gewannen.

Ziele

A propos CHL ¬– der europäische Wettbewerb wurde dann auch gleich als eines der Saisonziele bezeichnet: «Nicht nur mitspielen, sondern uns gegen grosse Gegner durchsetzen», so Gautschi, was zwischen den Zeilen heisst, dass man als erstes Schweizer Team seit der Wiedereinführung des Wettbewerbs diesen gewinnen möchte. Dazu kommt selbstredend die Titelverteidigung in der National League, fügt der gebürtige Berner Gautschi an: «Wir möchten die Emotionen vom letzten Jahr nochmals durchleben und den Meistertitel verteidigen. Es wird eine ganz andere Saison geben mit neuen entscheidenden Momenten. Unser Schlüssel zum Erfolg ist die tägliche, fokussierte Arbeit auf und neben dem Eis, Etappe für Etappe.»

Kader

Das sind gewichtige Ziele, auch für ein starkes und ausgeglichenes Kader wie Genf. Was hat sich bei eben diesem geändert? Kurz gesagt, es gab wenige, aber gewichtige Mutationen bei den Westschweizern. Neben Antonietti (Rücktritt), Smirnovs (Kloten) und Smons (La Chaux-de-Fonds) verliess der frühere National League-MVP (21/22) und omnipräsente Offensiv-Verteidiger Henrik Tömmernes Genf nach sechs Jahren (zu Frölunda). Ebenfalls zurück nach Schweden ging der Puckkünstler Linus Omark (zu Lulea), der zwischen seinen zwei Saisons in Genf bereits schon ein «Zwischenjahr» bei den Nordschweden spielte. Diese zwei Spieler alleine erzielten letzte Saison 124 Skorerpunkte.

Ersetzt werden sie durch nicht weniger klingende Namen: Theodor Lennström (von Färjestad) soll Tömmernes vergessen machen, auch er ist ein kreativer und puckstarker Verteidiger. Im Sturm wurde Omark durch den wirbligen Finnen Sakari Manninen (aus der AHL) ersetzt – ein Nationalmannschaftskollege der gesetzten Finnen-Fraktion Hartikainen, Vatanen und Filppula (verlängerte nochmals für 1 Jahr) mit ebenso eindrücklichem Palmarès. Die sechste Ausländerposition nimmt weiterhin Daniel Winnik ein, der mit 38 Jahren auch letzte Saison knapp einen Punkt pro Spiel holte. Neben den Ausländern haben die Grenat mehrere einheimische Spieler, die jederzeit ein Spiel drehen können: Richard, Praplan, Miranda, Bertaggia, Pouliot, Rod, Jooris.

Die Defensive der Westschweizer baut weiterhin auf einem der besten Goalie-Duos der Schweiz auf: Robert Mayer und Gauthier Descloux. Wohl war Mayer ab dem Viertelfinal letzte Saison gesetzt, hingegen ist auch Descloux jederzeit fähig, die Nummer 1 im Tor einzunehmen. Vor ihnen spielt eine kreative Verteidigung, die mit Karrer und Le Coultre auch offensive Ambitionen hat, während Maurer, Jaquemet und der junge Chanton Stabilität bringen. A propos Stabilität: Der ganze Trainerstab, angeführt durch Cadieux, der in seiner ersten vollen Trainersaison gleich Meister wurde, verlängerte im Sommer um weitere zwei Jahre. Es ist ein Statement für Ruhe und Kontinuität in einem, zumindest in den letzten Jahren, mitunter turbulenten Genfer Umfeld mit Besitzer- und Trainerwechseln.

Fazit

Genfs Meisterteam ist im Kern gleichgeblieben. Zwei wichtige Abgänge wurden ebenbürtig ersetzt. Es sind beste Voraussetzungen für Coach Cadieux, wieder um den Titel in der National League mitzuspielen. Wir erwarten ein weiteres Jahr offensives Spektakel-Hockey in Genf. Können die Genfer ihren Meistertitel bestätigen, können die "Bald-Vierziger" und Leistungsträger Filppula (39), Winnik (38), Pouliot (38) in den Playoffs wiederum auf Reserven zugreifen? Sportchef Gautschi hat da keine Bedenken: «Es gibt Spieler, bei denen das Alter kein Hindernis ist. Die in Schlüsselmomenten eine Meisterschaft entscheiden können. Davon haben wir gleich mehrere – und alle sind nach wie vor in einer ausgezeichneten physischen und mentalen Verfassung.» Diese wüssten auch, wie man Titel gewinnt und seien eine tägliche Inspiration für die jungen Spieler.

hockeyfans.ch-Ranglistentipp
1.
2. Genf-Servette
3.
4. EHC Biel
5. HC Davos
6. Lausanne HC
7. SC Bern
8. SC Rapperswil-Jona Lakers
9. HC Lugano
10. Fribourg-Gottéron
11. EHC Kloten
12. HC Ambrì-Piotta
13. SCL Tigers
14. HC Ajoie

Background-Portal

Meistergoalie


Der Torhüter Robert Mayer war eine der Schlüsselfiguren beim diesjährigen Titelgewinn. Foto: JustPictures.ch / Jari Pestelacci