Biel: Bestätigung oder Absturz?

10.9.2023 - Von Urs Berger

Der EHC Biel muss in dieser Saison nicht nur einen Stilwechsel auf der Position des Trainers hinnehmen. Sie müssen auch den Erfolg des letzten Jahres bestätigen und beweisen, dass sie den Turnaround vom Mitläufer zu einem Titelanwärter geschafft haben. Ein Ding der Unmöglichkeit?

Für den EHC Biel steht in diesem Jahr einiges auf dem Spiel. Neben der Teilnahme an der Champions Hockey League geht es bei den Seeländern auch darum, die vergangene Saison zu bestätigen. Erst im Finale wurden sie von Genf-Servette im siebten und entscheidenden Spiel gestoppt. Bitterer hätte es für sie nicht kommen können. Gleichzeitig mussten die Bieler ebenfalls bekanntgeben, dass der bei den Spielern und Fans geliebte Antti Törmänen erneut an Krebs erkrankte und den Vertrag nicht weiter erfüllen könne. Die Spieler wollten Törmänen mit dem Sieg der Meisterschaft ein Abschiedsgeschenk geben. Leider wurde nichts daraus. Dies war umso schwerwiegender, weil beide Clubs auf ihrem Zenit schienen.

Nach der Saison wurde ebenfalls bekannt, dass Oliver David den Klub verlassen würde. Der Assistent von Törmänen wechselte zu Red Bull Salzburg und übernimmt dort die Aufgabe als Headcoach. So konnte Martin Steinegger nicht auf bewährte Kräfte bauen. Er nutzte die Chance, den Trainerstab auszuwechseln. Neu werden die Seeländer von Petri Matikainen und Juha Vuori betreut. Ob dies gut ausgeht? Matikainen ist nicht als Diplomat bekannt und kann hin und wieder wie ein Vulkan ausbrechen und in der Kabine toben. Offenbar scheint er gewisse Ähnlichkeiten mit einem anderen Landsmann zu haben. Hannu Jortikka, welcher in der Saison 1993/94 in Bern tätig war, war auch kein stiller Finne und konnte ebenfalls laut und unangenehm werden.

Die Frage sei gestellt: Kann Matikainen die Saison an der Bande der Seeländer überstehen oder meutern die Spieler schon früher? Aus gut unterrichteten Kreisen war zu vernehmen, dass die Bieler Spieler ihr Veto gegen die Verpflichtung von Christian Wohlwend einlegten. Auch Wohlwend gilt als ein fordernder und impulsiver Coach. Der Unterhaltungswert während der Saison an der Bieler Bande dürfte gross sein und die Chancen, was auch Risiken birgt.

Mit der neuen Saison steht für Martin Steinegger auch eine Saison der Herausforderungen an. Der Sportchef muss 15 Spielerverträge erneuern oder neue Spieler für die nächste Saison verpflichten. Dies kann für ihn eine einmalige Chance sein, die Mannschaft zu verjüngen und gleichzeitig den Druck auf den arrivierten Spielern zu erhöhen.

Der Kampf um einen neuen Vertrag beginnt auf der Torhüterposition. Mit Harri Säteri steht ein 33-jähriger Finne im Netz, welcher dem begabten Joren van Pottelberghe vor der Sonne steht. Die Frage ist, ob sich van Pottelberghe weiterhin an Biel binden will, im Wissen darum, dass Säteri weiterhin bei den Seeländern bleibt. Der belgisch-schweizerische Doppelbürger wird wohl kaum zufrieden sein, nur 10 Spiele zu bestreiten. Ein Abgang liegt im Bereich des Möglichen.

In der Verteidigung sind die Bieler gegenüber der letzten Saison durch den Zuzug von Yanick Burren (Ambrì) und Ville Pokka (Färjestad) tiefer besetzt. Ausfälle können damit einfacher kompensiert werden. Gespannt darf man auf die Entwicklung von Noah Delémont sein. Kann er seine vergangene Saison bestätigen und sich weiter verbessern? Gleiches kann von Yannick Stampfli gesagt werden. Dieser steht, anders als Delémont, vor einer Herausforderung und muss sich zuerst in die erste Mannschaft spielen. In den bisherigen Spielen in der Champions Hockey League kam er nicht mehr zum Einsatz. Gut möglich, dass der 23-jährige die Saison in der Swiss League beginnen wird.

Ebenfalls aufgerüstet hat Biel im Angriff. Mit Ian Derungs (Ajoie), Aleksi Heponiemi (Charlotte Checkers/AHL) und Liekit Reichle (GCK). Derungs und Reichle werden sich beider bewähren müssen, um in der ersten Mannschaft regelmässig zum Einsatz zu kommen. Solange indes Heponiemi ausfällt, wird es für sie einfacher sein nicht aus dem Kader gestrichen zu werden.

Mit Mattheo Reinhard besitzen die Seeländer zudem einen vielversprechenden Center, der die vierte Linie wenigstens teilweise anführen könnte. Noch ist der 19-Jähirge noch nicht so weit eine ganze Saison auf höchstem Niveau zu bestreiten. Oder irren wir uns?

Mit den Bielern ist diese Saison sicher zu rechnen. Die Frage ist indes, ob der neue Trainer auch das Vertrauen der Spieler erhält. Sollten die Leitwölfe der Seeländer das Gefühl bekommen, dass er mit seiner impulsiven Art nicht ankommt, könnte das zu Konflikten führen. Dabei spielt Captain Gaëtan Haas eine entscheidende Rolle. Kann der smarte Center das Team in solchen Situationen hinter sich halten oder nicht? Dafür spricht, dass er bereits unter Kari Jalonen erste Erfahrungen mit einem Trainer machte, welcher nicht immer einfach zu den Spielern war. Davon kann Biel nun profitieren.

Der EHC Biel wird sicher in die Playoffs kommen. Die Frage ist nur über welchen Weg. Eine direkte Qualifikation sollte auf Grund des Kaders problemlos möglich sein. Und doch ist der Kurswechsel vom ruhigen überlegenen Törmänen zum explosiven Matikainen nicht zu unterschätzten. Dabei ist es indes auch schön, dass das Eishockey so unberechenbar ist. Immer noch wird das Spiel auf rutschiger Unterlage gespielt, mit Kufen, die weniger als einen halben Zentimeter breit sind. Genau so dünn ist für Biel der Grat zwischen einem erneuten Spitzenplatz mit direkter Playoff-Qualifikation und dem breiten Mittelfeld.

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Gaëtan Haas kommt als Biel-Captain nach dem Trainerwechsel eine besonders wichtige Rolle zu. Foto: Andy Büttiker