Genf-Servette: Spektakel garantiert, Erfolge auch?
Letzte Saison unter den Erwartungen spielend, greift Genf-Servette heuer wieder nach der National League Krone. Top-Transfers und Spektakelspieler auf allen Positionen garantieren eine weitere emotionale Saison für Fans – in dieser Konstellation gehört der GSHC zum direkten Kreis der Titelfavoriten.
Die letzte Saison der Genfer war eine veritable Achterbahnfahrt: Grosse Verletzungssorgen und längere Durst- und Siegesstrecken waren allgegenwärtig. Symptomatisch dafür war der Schlussprint der Genfer. Zuerst gewannen die Grenat acht der letzten 10 Saisonspiele, nur um dann in den Pre-Playoffs gegen Lugano auszuscheiden. Schnell war die Enttäuschung weggewischt und der Blick nach vorne gerichtet, symptomatisch dafür wurde noch im April der Vertrag mit Trainer Jan Cadieux und seinem Assistenten Rikard Franzén verlängert. Und über die Sommermonate stellte das Genfer Coaching Staff mit Sportchef Gautschi eine Mannschaft zusammen, die Erfolge vorweisen muss.
Torhüter
Bereits auf der Torhüterposition bahnt sich Spektakel an, Robert Mayer, dessen Jahre in Davos enttäuschend verliefen, kehrt in die Rhonestadt zurück (wo er bereits 2014-2020 spielte) und bildet zusammen mit Gauthier Descloux, statistisch einer der besten Torhüter der Liga in den letzten drei Saisons, ein starkes und versatiles Duo. Descloux' ruhiger und taktisch reifer Spielstil trifft auf Mayers aktives Mitspielen weit über das blaue Eis hinaus, das ihm über die Saison hinweg wohl ein paar (einkalkulierte) "faule Eier" einträgt, aber dank dem er in Schlüsselsituation das Spiel nach vorne auch beschleunigen kann.
Verteidigung
Die Genfer Defensive ist mit dem Abgang von Urgestein Jonathan Mercier noch jünger geworden. Die "Büezer" Arnaud Jacquemet und Marco Maurer sind mit 34 Jahren die Ältesten – während die jüngeren Roger Karrer, Simon Le Coultre und Mike Völlmin eher kreative Elemente ins Spiel bringen. Die zwei Eckpfeiler sind derweil zwei Ausnahmetalente: Der omnipotente Henrik Tömmernes, letzte Saison MVP der National League, der das Spiel wie kein anderer in der Liga liest und mit mehr als einem Scorerpunkt pro Spiel auch offensiv einschlägt. Und à propos offensiv... Sami Vatanen, letzte Saison Weltmeister und Olympiasieger, ein hochkreativer Back, auch er mit mehr als einem Scorerpunkt pro Spiel. Bei der relativ offensiven Ausrichtung der Genfer Verteidigung stellt sich die Frage nach defensiver Integrität – schaffen es die Grenat, in Schlüsselspielen defensive Stabilität vor offensiven Drang zu stellen?
Angriff
Die Offensive der Aigles wurde nochmals kompakter, kreativer und hat eine enorme Durchschlagskraft. Zwar verlor Genf Joel Vermin (Bern) und Tyler Moy (Rapperswil), diese Abgänge wurden hingegen durch die Schweizer Vincent Praplan (vielseitig einsetzbarer Rollenspieler) und Alessio Bertaggia (einer der schnellsten auf Schweizer Eis), beides Nationalspieler, mehr als kompensiert. An deren Seite finden sich weitere Schweizer Kreativspieler – Noah Rod (der eine enttäuschende letzte Saison hatte und WM und Olympiade verpasste) und Tanner Richard (falls verletzungsfrei, einer der kreativsten Schweizer) zum Beispiel – und Powerstürmer wie Josh Jooris (mit CH-Lizenz spielend, der seit dem Wechsel vom LHC zu Genf aufblühte) und Marco Miranda.
Die stärkste Waffe der Grenat sind indes die Ausländer im Sturm. Nach wie vor unter Vertrag steht Daniel Winnik, der auch mit 37 Jahren noch am härtesten ackert auf dem Eis und letzte Saison 1,1 Scorerpunkte pro Spiel erzielte. Zurück an seiner Seite ist Kreativ-Center Linus Omark, Spektakel in Person, der nach einem einjährigen Hiatus in der SHL zurück in der Westschweiz ist und Fans begeistern wird. Das Gleiche gilt für den versatilen Zweiweg-Center Valtteri Filppula, der als Captain seine Finnen zu WM- und Olympiagold führte in diesem Frühling und somit in den illustren Triple Gold Club (NHL-, WM- und Olympiatitel) aufsteigt. Damit konnten die Genfer jenen Ausländer verpflichten, der bei mehreren Spitzenclubs ganz oben auf der Wunschliste stand. Und als Sahnehäubchen auf der Torte konnten die Genfer anfangs der Vorsaison noch einen weiteren Star verpflichten – Teemu Hartikainen, auch er letzte Saison erfolgsgekrönt mit Finnland, der nach 9 Saisons Salawat Julajew Ufa verlässt. Hartikainen war ein veritabler KHL-Star und Allstar, erzielte unter allen Ausländern 20/21 am meisten Punkte in der Liga und ist ein grosser, wuchtiger Spieler und Scharfschütze.
Fazit:
Auf dem Papier ist Genf-Servette ganz klar ein Meisterkandidat. Dynamik und Reife scheinen perfekt ausbalanciert zu sein. Wohl ist die Mannschaft sehr offensiv ausgerichtet, hat aber auch sehr starke Torhüter und hat in den letzten zwei Saisons bewiesen, dass auch defensive Stabilität zu ihrem Repertoire gehört. Wo es noch hakte war hingegen die Konstanz – schaffen es Coach Jan Cadieux und sein Staff, die Aigles zu disziplinierter Kreativität anzuhalten, dürfte Genf diese Saison um den Titel mitspielen. Diese Aspiration wird dann auch an der Rhone unverfroren betont, so hat Neuzuzug Hartikainen beispielsweise der Lokalpresse gesagt, er komme nach Genf um mit den Grenat den Titel zu holen. So tun die Adler gut daran, nicht wie letzte Saison längere Tiefflugphasen einzuziehen, denn die Euphorie kann im notorisch erwartungsgeprägten (Fan-)Umfeld der Genfer schnell zu Unmut umschlagen.
hockeyfans.ch-Ranglistentipp
1.
2. ZSC Lions
3. Genf-Servette
4. HC Lugano
5. HC Davos
6. SC Bern
7. Fribourg-Gottéron
8. Lausanne HC
9. EHC Biel
10. SC Rapperswil-Jona Lakers
11. HC Ambrì-Piotta
12. EHC Kloten
13. HC Ajoie
14. SCL Tigers
Zum Saisonstart: Slapshot Hockey-Guide 2022/2023
Jetzt vorbestellen! Der Guide erscheint Mitte September!
CHF 20 (zzgl. Porto)
Background-Portal
Letzte Beiträge
… von David Leicht
Offensivspektakel
Daniel Winnik und Henrik Tömmernes brachten Genf-Servette letzte Saison Offensivspektakel - und werden diese Saison durch weitere ausländische Offensivkräfte verstärkt. Foto: Philipp Hegglin