Werden Hallenkriterien aufgeweicht?

Freitag, 19. Oktober 2012, 10:27 - Martin Merk

2008 hatten die Nationalliga-Clubs bestimmt, dass bis 2015 sämtliche Hallen der NLA und NLB gewissen Kriterien an der Infrastruktur, deren Grösse und Modernität entsprechen müssten. Für einen Club wie Ambrì würde dies der Zwangsabstieg bedeuten können. Wird dieses Obligatorium nun abgeschafft? Ein heutiger Zeitungsartikel sorgt für Verwirrung.

In einem Artikel von "Le Matin" ist von einer Abschaffung des Obligatoriums die Rede. Ueli Schwarz, Direktor Leistungssport bei der Swiss Ice Hockey Federation und damit operativer Verantwortlicher der Liga, antwortet gegenüber der Zeitung auf die Frage ob das Obligatorium noch gelte wie folgt: "Nein. Die Clubs sind oft Mieter ihrer Eishallen und wir können die Gemeinden nicht zwingen, enorme Investitionen zu unternehmen um die Stadien zu modernisieren. Aber glauben Sie nicht, dass wir nicht wachsam seien. Wir führen regelmässig Untersuchungen vor Ort durch und verlangen von den Clubs Anpassungen."

Der Zeitungsartikel sorgte jedoch für Verwirrung, auch bei der Liga. Eine Abschaffung der Mindeststandards an der Infrastruktur ("Regelement für die Homologierung der Eishockeystadien der National League A/B") oder deren Einhaltung hat es entgegen des Artikels nie gegeben, wie Schwarz gegenüber hockeyfans.ch präzisiert.

"Es sind keine Reglemente in irgend einer Form abgeändert worden, insbesondere keine Obligatorien," erklärt Schwarz. "Alle je gefassten Liga-Entscheide haben Gültigkeit und werden in der Gegenwart und in der Zukunft genau so umgesetzt, wie beschlossen. Eine allfällige Änderung ist Sache der Liga-Versammlung und solche sind weder traktandiert noch je beschlossen worden."

Muss Ambrì somit entgegen des Zeitungsartikels doch um die Valascia bangen? Alles eine Ente und aus dem Zusammenhang gerissene Zitate? Dies wird sich noch zeigen, denn die Galgenfrist rückt immer näher. Die Übergangsfrist des Reglements gilt bis zur Saison 2014/15.

In Deutschland ist schon ein Club zwangsrelegiert worden, bloss weil die Halle zur Erfüllung der Kriterien ein Jahr zu spät fertiggestellt worden war. Doch die Schweiz ist nicht Deutschland. Das Netzwerk zwischen den Clubs ist familiärer und brüderlicher. Wer möchte schon verantworten, einen Club auszuschliessen, bloss weil die Spielstätte marode ist? Ebenso hatten die Kloten Flyers mit ihrem Finanzloch oder der HC Lugano mit der Schwarzgeld-Affäre keine Konsequenzen auf Ligaebene zu spüren erhalten wie dies in anderen Sportligen im In- und Ausland in vergleichbaren Fällen mit Zwangsabstiegen, Punktabzügen und Bussen geschah. Man möchte Clubs nicht aufgrund von Geschehen neben dem Eis von der NLA-Karte verschwinden lassen. Die Frage, ob man die Reglemente bei Ambrì durchsetzt und den Club ab 2015 nicht mehr in der ebenso legendären wie maroden Valascia spielen lässt, darf daher durchaus gestellt werden und wird in den kommenden Jahren an Aktualität gewinnen, denn es gibt weder ein ernsthaftes Hallenprojekt, noch politische Bestimmungen über einen Bau geschweige denn eine Baustelle.

Mit der Neueröffnung der Ilfishalle in Langnau mit dem heutigen Heimspiel gegen Genf-Servette verfügen aber mittlerweile die meisten Clubs über modernisierte Spielstätten. Probleme gibt es abgesehen von Ambrìs Valascia nur noch in Biel. Dort wartet man noch auf die Realisierung des Projekts Stades de Bienne. Ursprünglich hatte man auf eine Fertigstellung bis 2010 erhofft. Dieses Ziel ist schrittweise auf mittlerweile 2015 hinausgeschoben worden. Mit einem baldigen Baubeginn könnten Probleme mit den Reglementen aber vermieden werden.

Mehr Kopfschmerzen dürften einige Hallen in der NLB bereiten, wo Schwarz gegenüber "Le Matin" einzig die Spielstätten in Basel und Lausanne als "modern und funktional" bezeichnet.


Aufatmen in Ambrì: die Infrastrukturkriterien sind nicht mehr zwingend. Ansonsten hätte die Valascia 2015 aus der NLA verbannt werden können. © Foto: Martin Merk