Neustart in Europa

21.8.2014 - Von Martin Merk

Noch 20 Tage geht es, bis die Saison der National League A beginnt. Doch fünf Jahre, nachdem die ZSC Lions die Champions Hockey League gewannen, gibt es heute Donnerstag einen europäischen Neustart mit sechs Schweizer Teilnehmern. 44 Clubs aus halb Europa nehmen teil, doch die russisch-dominierte Kontinental Hockey League bleibt dem Vergleich nach der Demütigung ihres Meisters Metallurg Magnitogorsk im CHL-Finale von 2009 gegen die Zürcher fern.

Vieles ist anders als noch vor fünf Jahren. Die Anzahl Teams (44 statt 12), die Struktur, die Organisatoren und das Preisgeld. Vor fünf Jahren finanzierten Investoren um den russischen Gas-Giganten Gazprom ein Preisgeld von 10 Millionen Euro und zogen sich nach einem Jahr zurück. Heute müssen sich ein Vielfaches an Clubs rund 1,5 Millionen Euro teilen. Der CHL-Sieger wird weniger Preisgelder einnehmen als die Teilnehmer von 2008/09 als Startgage erhielten. Dafür setzt der neue Wettbewerb umso mehr auf Breite und Nachhaltigkeit. Diesmal soll es kein abruptes Ende geben.

Nach dem Scherbenhaufen von 2009 dauerte es lange bis zur Etablierung eines neuen Wettbewerbs. Mehrere Anläufe sind gescheitert, auch weil sich Clubs aus sechs Ligen zur "European Trophy" formiert haben und sich gegen eine klassische Champions League wie im Fussball wehrten. Sie wollten automatisch einen Startplatz haben können. Namhafte Clubs sollen dabei sein können, selbst wenn sie in der heimischen Liga eine debakulöse Saison abliefern. Der SC Bern oder die Eisbären Berlin sind gute Beispiele renommierter Marken mit einer schwachen Saison. Doch die European Trophy kam bei den Fans in der Schweiz nie über den Status eines Vorsaisonturniers mit fraglichem sportlichen Wert und roten Zahlen für die Clubs hinaus. Es fehlte an Prestige und dem Status eines offiziellen europäischen Club-Wettbewerbs.

Die neue Ära begann sich im Sommer 2012 abzuzeichnen. Nach gescheiterten Versuchen zur Wiederbelebung lud der internationale Eishockeyverband (IIHF) zum Hockey Forum in Barcelona ein um europäische Themen mit den verschiedenen Interessensgruppen anzugehen. Daraus formierten sich Arbeitsgruppen und schliesslich die neue Champions Hockey League. Dort sitzen nun die 26 Gründerclubs aus dem Kreis der European Trophy zusammen mit der IIHF und den nationalen Ligen aus Deutschland, Finnland, Österreich, Schweden, der Schweiz und Tschechien an einem Tisch. Alle haben als Aktionäre das Startkapital in eine neue Aktiengesellschaft mit Räumlichkeiten beim IIHF-Hauptsitz eingeschossen und sind im Verwaltungsrat vertreten, wobei die Clubs die Aktienmehrheit stellen. Aus der Schweiz ist ZSC-CEO Peter Zahner als Clubvertreter im Verwaltungsrat.

Auch die Teilnehmerstruktur widerspiegelt das Aktionariat. Die 26 Gründer-Clubs – darunter die NLA-Teams SC Bern, Fribourg-Gottéron, ZSC Lions und EV Zug – sind für die ersten drei Jahre gesetzt solange sie in der höchsten Liga ihres Landes spielen und wirtschaftlich gesund sind. Das schafften auch alle, zuletzt Djurgarden Stockholm dank dem Wiederaufstieg. Von den sechs Ligen kommen jeweils bis zu zwei weitere Mannschaften nach sportlichen Kriterien hinzu, darunter die Kloten Flyers und Genf-Servette. Im Fall von Österreich sogar ein Team aus einem Drittland, da der HC Bozen aus Südtirol die Liga gewann. Dazu kommt der Sieger des Continental Cups (Stavanger Oilers aus Norwegen) sowie Meister aus weiteren IIHF-Mitgliederländern, womit auch Dänemark, Frankreich, Grossbritannien und die Slowakei mit je einem Team vertreten sein werden. Das Konzept einer Kompromisslösung aller Beteiligten ähnelt der Euroliga im Basketball und kommt den unterschiedlichen Vorstellungen derart entgegen, dass einige Länder mehr als ihre halbe Liga im Wettbewerb haben.

Einzig ein Markt bleibt aussen vor: die russische KHL träumt eher von einer Expansion in den Westen als an der CHL teilzunehmen. Kürzlich kauften ihre Oligarchen bei Jokerit Helsinki und dessen Hartwall Arena ein. Der Club mit dem Clown-Logo spielt nun in der KHL statt in Finnland und der CHL. Verhandlungen mit den Russen scheiterten gemäss früheren Aussagen aus dem CHL-Vorstand an russischen Sonderwünschen, denen man offenbar nicht genug entgegenkommen wollte. Für 2015/16 sollen neue Diskussionen um eine Integration der KHL folgen. Dies wäre zu wünschen, damit sich der CHL-Sieger auch wahrlich als europäischer Clubmeister fühlen kann wie vor fünf Jahren die ZSC Lions.

Auch ohne Russen wird es nicht an Action mangeln. Mit 44 Mannschaften und 161 Spielen wird in der CHL einiges laufen nach langer Vorbereitungszeit. Gleich 15 Spiele gibt es zum CHL-Start am Donnerstag, 29 weitere Spiele an den darauf folgenden Tagen. Die Liga wird in 13 Ländern übertragen, darunter auch auf den üblichen Pay-TV-Kanälen in der Schweiz, dazu gibt es einen kostenpflichtigen Live-Stream auf www.championshockeyleague.net. In den elf Vierer-Gruppen bestreitet jede Mannschaft gegen jeden Gegner jeweils ein Heim- und Auswärtsspiel. Die Gruppensieger sowie die fünf besten Gruppenzweiten qualifizieren sich fürs Achtelfinale. Die Playoffs werden jeweils mit Hin- und Rückspiel bestritten. Im Finale gibt es nur ein Spiel, das beim Team mit der besseren Saisonbilanz ausgetragen wird.

Wer heute Eishockey im Fernsehen schauen möchte, bekommt gleich doppelt Gelegenheit. Der SC Bern bestreitet sein Auswärtsspiel im tschechischen Trinec bereits um 17:30. Am Abend folgen aus Schweizer Sicht die Partien Genf-Servette gegen Frölunda Göteborg (19:45), CHL-Titelhalter ZSC Lions startet im Exil, diesmal in Dübendorf, gegen Valerenga Oslo (19:45), dazu kommen EV Zug gegen SaiPa Lappeenranta (19:45) und Djurgarden Stockholm gegen Fribourg-Gottéron (20:05). Für die Kloten Flyers beginnt das CHL-Abenteuer morgen mit dem Auswärtsspiel im schwedischen Jönköping gegen HV71.

Teilnehmer und Gruppen

Gruppe A
Kärpät Oulu (Finnland)
Kölner Haie (Deutschland)
Bili Tygri Liberec (Tschechien)
HC Kosice (Slowakei)

Gruppe B
ZSC Lions (Schweiz)
Färjestad Karlstad (Schweden)
Vienna Capitals (Österreich)
Valerenga Oslo (Norwegen)

Gruppe C
Frölunda Göteborg (Schweden)
Villacher SV (Österreich)
Genf-Servette (Schweiz)
Briançon Diables Rouges (Frankreich)

Gruppe D
PSG Zlin (Tschechien)
Fribourg-Gottéron (Schweiz)
Eisbären Berlin (Deutschland)
Djurgarden Stockholm (Schweden)

Gruppe E
Tappara Tampere (Finnland)
Ocelari Trinec (Tschechien)
SC Bern (Schweiz)
Stavanger Oilers (Norwegen)

Gruppe F
HC Bozen (Italien)
Linköpings HC (Schweden)
HC Pardubice (Tschechien)
TPS Turku (Finnland)

Gruppe G
Sparta Prag (Tschechien)
Växjö Lakers (Schweden)
Adler Mannheim (Deutschland)
KalPa Kuopio (Finnland)

Gruppe H
ERC Ingolstadt (Deutschland)
SaiPa Lappeenranta (Finnland)
Vitkovice Ostrava (Tschechien)
EV Zug (Schweiz)

Gruppe I
Red Bull Salzburg (Österreich)
Kloten Flyers (Schweiz)
JYP Jyväskylä (Finnland)
HV71 Jönköping (Schweden)

Gruppe J
Skelleftea AIK (Schweden)
Krefeld Pinguine (Deutschland)
IFK Helsinki (Finnland)
SonderjyskE Vojens (Dänemark)

Gruppe K
Hamburg Freezers (Deutschland)
Lukko Rauma (Finnland)
Lulea HF (Schweden)
Nottingham Panthers (Grossbritannien)