Stalder zur U18-Frauen-WM: «Es ist eine Riesenmöglichkeit!»

1.1.2024 - Von Martin Merk

Am 6. Januar beginnt in Zug die erstmals in der Schweiz stattfindende IIHF U18-Frauen-Eishockeyweltmeisterschaft. In der Organisation mit dabei ist auch Eine, die sich damit auskennt: Die Schweizer Top-Spielerin Lara Stalder bestritt als Juniorin selbst zwei Turniere und ist nun beim EV Zug auf und neben dem Eis beschäftigt.

Als Stalder als damals 15-Jährige bei ihrem Stammclub Luzern mit den Jungs im U17-Team spielte sowie beim SC Reinach bei den Frauen, bestritt sie 2010 in Piestany (Slowakei) eine B-WM, die zum Aufstieg führte. In den nächsten beiden Jahren war sie mit den Schweizer Juniorinnen in der höchsten Klasse dabei in Stockholm (Schweden) und in Zlin/Prerov (Tschechien). Sie deutete bereits ihr Können an bevor sie sich in den darauffolgenden Jahren in den USA zur Top-Stürmerin weiterentwickeln würde. Bei ihren ersten Olympischen Winterspielen war sie 2014 im Bronze-Team und nach ihren vier Jahren im College-Hockey bei Minnesota-Duluth entwickelte sie sich zur dominanten Stürmerin weiter, die in sechs Jahren in Schweden viermal in Folge Liga-Topscorerin war und MVP-Titel holte.

«Es ist schon ein paar Jahre her, aber es sind gute Erinnerungen», sagt sie zu ihrer Zeit als U18-Nationalspielerin. «Man spielt erstmals international und kommt auf dem Radar der Colleges. Für mich war es ein wichtiger Schritt um mich zu präsentieren und damit ich angefragt werde.»

«Die USA und Kanada zeigten uns auch auf, was alles möglich ist. Man sieht auch, dass Schweden vorwärts gemacht hat und letztes Jahr ins Finale kam. Früher hoffte man einfach nicht zu hoch gegen Kanada und die USA zu verlieren.»

Ganz geklappt hatte es damals nicht. 2011 gab es eine 1:9-Niederlage und im Jahr darauf eine 1:13-Niederlage gegen Kanada. Die Unterschiede zu den Nordamerikanerinnen waren auf Nachwuchsebene mit wenig Kadertiefe noch augenscheinlicher, doch die Zeiten haben sich verbessert.

Bis letzte Saison spielte Stalder noch in Schweden und schaute selbst bei der U18-Frauen-WM in Östersund vorbei. «Ich ging letztes Jahr schauen und das Team unterstützen. Mit [der Trainerin] Melanie Häfliger spielte ich früher zusammen. Man wächst zusammen und miteinander. Mit dem ganzen Organisationkomitee, wo man dahinter sieht was es braucht und wieviele Leute involviert sind, ist das eine neue Perspektive für mich», so Stalder.

Die 29-Jährige arbeitete bereits zuvor aus der Ferne mit einem kleinen Pensum für das Projekt Nachhaltigkeit beim EV Zug. Nun ist sie voll beim Innerschweizer Club. Zu etwa 40 Prozent jeweils ab Nachmittag als Spielerin im neuen Team, das in der zweithöchsten Spielklasse einsteigen durfte, zu 60 Prozent im Büro, wo sie als Assistenz CEO & Projekte an verschiedenen Projekten mitarbeitet. Darunter auch die WM, wo sie Ansprechpartnerin für Belange beim EV Zug ist für den Verband SIHF und dessen OK-Chefin Barbara Müller, die frühere Managerin des Frauennationalteams zu dessen Anfangszeiten in den 90er- und frühen 2000er-Jahren.

«Es macht sehr Spass und ich kann viel lernen», sagt sie über ihre Arbeiten neben dem Eis beim EVZ.

Für die U18-Frauen-WM lernt sie nun ein solches Turnier aus anderer Perspektive kennen. «Ich muss alles in die richtigen Wege lenken. Das geht von der Gastronomie zu Catering, Volunteers und den Räumlichkeiten, die teilweise über uns und teilweise über die Arena laufen», sagt Stalder. «Ich probiere so gut ich kann zu unterstützen. Da bin ich ein Teil des Puzzles. Während dem Turnier werde ich vor Ort sein und ich arbeite und trainiere ja ohnehin hier. Wenn die Spielerinnen nichts zu bemängeln haben, dann ist es immer gut organisiert.»

Etwas weniger gefordert scheint sie auf dem Eis – zumindest wenn es nach den Zahlen geht. Als Topscorerin Schwedens in die SWHL B – das wäre etwa wie wenn bei den Männern Connor McDavid den EHC Olten für Aufstiegsambitionen verstärken würde. Das Resultat nach elf Spielen: 11 Siege, 192:1 Tore und Stalder als Liga-Topscorerin mit 34 Toren und 36 Assists. Hohe Werte, die aber nicht überraschend kommen beim erwarteten Niveauunterschied. Und auch weil der EVZ dem Frauenteam professionelle Strukturen zur Verfügung gestellt, wie sich das Stalder von schwedischen Teams gewohnt war.

«Ich wusste, worauf ich mich einlasse», sagt Stalder. «Natürlich sind die Spiele anders, als ich es vorher hatte. Aber täglich in diesen Strukturen zu arbeiten mit Daniela Diaz, die uns in den Trainings fordert, gibt uns eine tägliche Herausforderung. Wir entwickeln uns und ich kann andere weiterentwickeln. Wir können uns so auf viele andere Sachen fokussieren, die nicht das Level des Spiels ansprechen. Und wir versuchen immer, die guten Gewohnheiten durchzuziehen und gradlinig zu spielen.»

Das Ziel war von Anfang an der Aufstieg – und diesen scheint dem EVZ auch kaum jemand nehmen zu können. Kurz vor Weihnachten schlugen die Zugerinnen im Cup-Achtelfinale daheim vor 1153 Fans gar das oberklassige Fribourg-Gottéron 6:0. Auch in diesem Wettbewerb wollen die Zugerinnen mitreden.

«Es kommen die Playoffs, dann bleiben wir Schritt für Schritt im Moment. Es wäre natürlich eine Riesenenttäuschung es nicht zu schaffen, aber ich bin überzeugt, dass wir es schaffen und hoffe, dass wir ins Finalturnier des Cups kommen in Luzern, wo ich ja herkomme. Wir möchten das Projekt weiter voranbringen und das Frauenhockey in Zug», sagt Stalder. Im Viertelfinale wartet bald mit Ambrì-Piotta der nächste Oberklassige. Am 3. und 4. Februar folgt das Finalturnier in Luzern.

Trotz des tieferen Spielniveaus scheint sie den Wechsel zurück aufs internationale Eis zu meistern, auch wenn ihr kurz vor dem Fünfländerturnier im Dezember in Schweden eine Krankheit plagte. Im letzten Spiel glänzte sie dann mit vier Toren beim 6:3-Sieg gegen Finnland. «Man muss im Moment bleiben, Freude am Hockey haben, frisch von der Leber spielen und jeden Einsatz als Neustart sehen. Ich hatte ein super Team um mich herum, das defensiv solid war und die Chancen nutzte. Wir haben viel Druck erzeugt und es hat Spass gemacht», blickt Stalder zurück, die an der WM endlich wieder eine Medaille fürs Schweizer Frauenhockey möchte, die erste seit Bronze 2024 in Sotschi.

«Wir möchten als Team zusammenwachsen, eine Identität haben und alle zusammen an einem Strang ziehen. An einem Turnier ist viel möglich. Wir haben eine Topgruppe, wo wir Spiel für Spiel nehmen möchten. Unser Ziel ist eine Medaille. Wir sind in den letzten vier Jahren knapp gescheitert. Es ist eine Gratwanderung. Wir möchten ins Turnier hineinwachsen.»

Im Gegensatz zu den Erwachsenen waren die Juniorinnen von einer Medaille jeweils weit entfernt. Der beste Rang im mit acht Teams gespielten Wettbewerb war bislang ein sechster Platz 2019. Viel öfter aber haben die Schweizerinnen die Finalrunde als Siebte verpasst, teilweise sehr knapp, sich aber jeweils vor dem Abstieg retten können. Seit 2015 waren sie ununterbrochen unter den besten sieben Nationen klassiert. Ein gutes Omen waren Siege gegen Deutschland, die Slowakei und Österreich in den Turnieren im November und Dezember. Durch ihren Job im lokalen Organisationskomitee verfolgt Stalder das Team umso mehr.

«Sie haben ein super Turnier gehabt und sind zusammengewachsen als Team. Daheim wäre es schön von den Abstiegsspielen weg zu kommen und ein Exploit zu haben mit einer super Gruppenphase und mit einem Quäntchen Glück», sagt Stalder. «In letzter Zeit war es ja immer knapp mit den Punkten. Hoffentlich schafft man mit dem Heimpublikum etwas Grosses. Das wäre super für das Schweizer Eishockey und hier spielt die Zukunft. Wir sind in Zug eine Fancommunity am Aufbauen und hoffen, dass diese das Turnier auch mittragen wird.»

Und das klappt auch in der ersten Saison des wiedergeborenen EVZ-Frauenteams. Im Schnitt kamen 567 Fans zu den Spielen. Bis vor der Weihnachtspause waren das mehr als doppelt so viele wie beim meistbesuchten Team der höchsten Liga (ZSC Lions, 250).

Um eine realistische Chance in der Finalrunde zu haben und einem Abstiegsduell zu entkommen, müssen die Schweizerinnen in der Gruppe mit Schweden (6.1. 16:00), den USA (8.1. 20:00) und der Slowakei (10.1. 16:00) unter den ersten Drei kommen und damit mindestens ein Spiel gewinnen. Kein einfaches Unterfangen. Die USA sind ausser Reichweite, gegen Schweden gab es in fünf Aufeinandertreffen lauter Niederlage und die Slowakei stellt mit der erst 15 Jahre alten Nela Lopusanova die spektakulärste Spielerin des Turniers, wie Stalder bei ihrem Besuch letztes Jahr feststellen konnte. Ihre Highlight-Tore waren damals das grosse Turniergespräch.

«Die sozialen Medien fokussieren sich auf Highlights. Aber es steckt ein ganzes Team dahinter. Die Schweiz kann dagegenhalten als ganzes Team, damit man so eine Einzelspielerin neutralisieren kann. Diese Aufmerksamkeit für die Slowakei ist super, aber wir hoffen, dass sie dann gegen uns nicht grad ein Airhook-Tor oder so macht», sagt Stalder. Die 23 Schweizer Spielerinnen für das Turnier wurden kurz vor Weihnachten selektioniert, darunter auch sechs vom EVZ. Sie können sich im Frauenhockey präsentieren und sind oft erstmals im Scheinwerferlicht mit Kameras, Scouts und auch etwas «Fame» in den sozialen Medien.

«Es ist eine Riesenmöglichkeit um das Land zu vertreten und viele Augen schauen zu», gibt Stalder den jungen Frauen auf den Weg. «Man muss sich von der besten Seite zeigen und im Moment leben. Wenn man das als Bewerbungsgespräch ansieht, ist man gehemmt. Das Spiel und der Spass müssen trotz allem im Vordergrund sehen.»

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Lara Stalder


Lara Stalder läuft bei den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking aufs Eis. Foto: Andreas Robanser