SCB: Die Krise ist hausgemacht

25.1.2012 - Von Urs Berger

Der SC Bern ist in einer der schlimmsten Krisen seit dem Abstieg in die NLB 1981. Die Situation erinnert, vor allem im sportlichen Bereich, an ein führerloses Schiff, welches auf Grund zu laufen droht und die Besatzung wie ein Hühnerhaufen versucht, das Schlimmste zu verhindern.

Seit dem Sieg am 23. Dezember 2011 geht beim SC Bern gar nichts mehr. Die Spieler bringen keinen Fuss mehr vors andere und Trainer Antti Törmännen muss machtlos zuschauen, wie das Team einen Absturz nach dem anderen erlebt. Sportchef Sven Leuenberger versucht sich in übertriebenem Aktionismus und CEO Marc Lüthi beschuldigt die Spieler, nicht alles zu geben. Ein Klima der Verunsicherung ist in Bern eingekehrt. Dabei ist die Krise hausgemacht. Einige leichte Korrekturen würden vielleicht helfen, den serbelnden Patienten SC Bern aus der Intensivstation auf die Krankenabteilung zu verlegen. Dies gelingt, wenn der SC Bern und seine Macher in sich gehen, und die Fehler der Vergangenheit analysieren. Dabei müsste Bern die aus unserer Sicht wichtigsten drei Punkte angehen.

1. Zu viele Alphatiere – zu wenige „Krieger“

Der SC Bern hat mit Rüthemann, Plüss, Bührer, Jobin, Gardner, Furrer, Gerber und Roche zu viele Alphatiere, welche (zu) lange beim Klub sind oder zu gut dotierte Verträge haben. Die „Warriors“ Scherwey, Berger, Hänni, Reichert, Froidevaux und, mit Abstrichen, Neuenschwander, sind entweder zu jung oder können ihr Leistungspotenzial nicht mehr abrufen und stehen vor dem Abgang beim SC Bern.

2. Die Unterhaltung in der Kabine ist weg

Mit dem Abgang von Gamache und Dubé verlor der SC Bern die Seele des Teams. Die beiden Spieler wurden durch den Zuzug von Ritchie und Déruns nicht ersetzt. Keiner der beiden kann die Freude des Eishockeyspielens in die Kabine tragen. Die Unterhaltung der beiden Franko-Kanadier wurde nicht ersetzt. Es ist nun zu viel Krampf und Arbeit in der Garderobe und die Prise Spass scheint zu fehlen.

3. Erfolg hat geblendet

Der in den letzten beiden Jahren kurzfristig zurückgekehrte Erfolg hat die Verantwortlichen geblendet. Denn bereits unter den Vorgängern von Antti Törmännen waren die Erfolge eher spärlich. Nach Kent Ruhnke, welchem man keinen neuen Vertrag gab, kam Alan Haworth welcher in der laufenden Saison entlassen werden musste. Unter Alpo Suhonen, John van Boxmeer und Larry Hurras spielte man zwar vorne mit und konnte die Meisterschaft unter den letzten beiden meistens unter den ersten vier beenden. Indes erreichte der SC Bern nur zwei Mal in acht Jahren das Finale. Der Erfolg in der Meisterschaft blendete die Macher und das meistens frühe Aus in den Playoff hatte selten Auswirkungen auf die Spieler.

Wenn die Macher des SC Bern nun ihre Analyse angehen, sollten sie als erstes bei den Spielern den Hebel ansetzen. Es müssen Spieler gesucht werden, welche mit viel Herzblut und viel Spass bei der Arbeit sind. Dies wäre im jetzigen Fall mit einem harten Kaderschnitt gut zu machen. Dabei müssten einige arrivierte Spieler ihren Garderobenschrank räumen und jungen hungrigen Spielern Platz machen. Sicher wäre auch zu überlegen, ob die neuen Zugänge (vor allem Daniel Rubin und Flurin Randegger) nicht mit eigenen Junioren besser und kostengünstiger verwirklicht werden könnten. Dazu sollte der SC Bern die Gehälter der Spieler noch mehr auf Erfolgsbasis ausrichten. Das Grundsalär sollte unter 70% des jetzigen betragen. Erreichen die Spieler gewisse Ziele, können dann die Bonuszahlungen erfolgen, welche bis zu 40% betragen könnten.

Leuenberger muss bessere Ausländer verpflichten

Um den Abgange der beiden in der Presse und den Fans als „Schillerfalter“ verschrienen Gamache und Dubé auf die nächste Saison aufzufangen, braucht der SC Bern bessere Ausländer. Byron Ritchie arbeitet und spielt nur dann, wenn er sich dazu begnügt. Dazu gesellt sich, dass er sich sehr launisch gibt. Joel Kwiatkowski und Jean-Pierre Vigier stossen an ihre Grenzen und sollten ausgetauscht werden. Zurzeit genügen Travis Roche und Jean-Pierre Dumont den Vorgaben des SC Bern. Nur genügend ist nicht gut genug. Hier muss Leuenberger zusammen mit Lüthi eine Lösung finden, um die Ausländerpositionen besser zu besetzen. Es reicht nicht, wenn man einen Spieler auf Empfehlungen ehemaliger Mitspieler, Agenten oder Scouts verpflichtet. Die in Frage kommenden Spieler müssen während einer bestimmten Zeit beobachtet werden, um ein gutes Bild zu bekommen. Ein gutes Scouting, wie es dem Krösus der Liga würdig ist, wäre angebracht. Wieso nicht einen vollamtlichen Scout anstellen, welcher sich nur um die Zukunft des SC Bern kümmern würde und infrage kommende Spieler analysiert und begutachtet? Dies würde dem SC Bern sicher gut anstehen. Denn in anderen europäischen Ligen ist dies teilweise schon gang und gäbe.

Lüthi muss aufräumen und Geld in die Hand nehmen

Um dies umzusetzen muss Marc Lüthi Geld in die Hand nehmen und den Mut haben, seinem Sportchef zur Seite zu stehen und ihm die nötigen finanziellen Mittel in die Hand geben. Er muss in den kommenden beiden Jahren Sven Leuenberger den Auftrag geben, den SC Bern neu aufzubauen. Dass das jetzige Team nicht mehr funktioniert und zu wenig Spieler mit Ecken und Kanten im Team sind, welche auch einmal die designierten Leader kritisieren, sieht man in der jetzigen Situation. So gesehen hat Bern im letzten Jahr mit den Abgängen von Gamache und Dubé die Seele der Mannschaft verkauft. Die Krise ist also hausgemacht. Hoffen wir, dass dies auch Marc Lüthi und die anderen Exponenten des SC Bern ähnlich sehen. Sonst droht dem europäischen Krösus der Absturz in die Mittelklasse. Und dies kann in Bern nicht das Ziel sein.

Man wolle „Spektakel und Unterhaltung für die Zuschauer“ liess Lüthi verlauten. Larry Huras wurde wegen mangelndem Spektakel gefeuert, Törmänen übernahm und hatte in den ersten Spielen Erfolg. Doch danach kollabierte der SC Bern. Es liegt also nicht am Trainer. Man könnte bei Bern einen Kartoffelsack an die Bande stellen. Der SC Bern hätte aktuell den genau gleichen Erfolg. Die Spieler sind verantwortlich für die aktuelle Krise. Nicht der Trainer, nicht der Sportchef und auch nicht der CEO sind auf dem Eis und haben die Niederlagen mit zu wenig Einsatz bewerkstelligt. Die Rückkehr zu den alten Tugenden ist gefordert.