Bern: Umbruch nach Meisterjahr

11.9.2019 - Von Roman Badertscher

Nachdem der SC Bern die vergangene Meisterschaft nach 2016 und 2017 mit dem dritten Meistertitel innert vier Jahren krönen konnte, steht im kommenden Jahr ein grösserer Umbruch bevor, denn nicht weniger als 17 Verträge inkl. dem vierköpfigen Coaching-Staff laufen Ende der kommenden Saison aus.

Torhüter

Mit dem Weggang des mittlerweile fünffachen Schweizer Meistergoalies Leonardo Genoni (3x mit Davos, 2x mit Bern) wurde für die nächsten zwei Jahre Niklas Schlegel von den ZSC Lions verpflichtet und der Vertrag mit Pascal Caminada für die bevorstehende Spielzeit verlängert. Mit Schlegel und Caminada verfügt Headcoach Kari Jalonen über zwei Torhüter, die er gut abwechslungsweise einsetzen kann. Denn Schlegel wie auch Caminada haben bei ihren Einsätzen mit ihren Teams eine gute Leistung gezeigt.

Nicht vergessen darf man Philip Wüthrich, der eigene Nachwuchsgoalie, der mit dem SC Langenthal letzte Saison Meister der Swiss League wurde und noch eine Saison an den SCL ausgeliehen wird. Es ist gut möglich, dass Philip Wüthrich ab der Saison 2020/21 Caminada ersetzen und zusammen mit Schlegel in naher Zukunft das Torhüter-Duo bilden wird. Der SCB hatte aufgrund seiner grossen Torhüter-Ären lange Zeit keinen eigenen Nachwuchstorhüter mehr. René Kiener war bisher der letzte, als er mit der mittlerweile zurückgezogenen Trikotnummer 0 von 1959 bis 1973 das SCB-Tor hütete.

Verteidigung

Die Verteidigung des SCB bleibt in etwa gleich wie im Vorjahr. Jérémie Kamerzin und Aurélien Marti verliessen den SCB in Richtung Fribourg, Adam Almquist wechselte in den fernen Osten zu Admiral Vladivostok. Als Ersatz soll nun der bereits zum Einsatz gekommene Colin Gerber aus dem eigenen Nachwuchs fixer Bestandteil des Teams sein. Ebenfalls aus dem Nachwuchs stösst der 19-jährige Mika Henauer zur Mannschaft. Für Almquist wurde der im Mai frisch gebackene Weltmeister-Verteidiger Miika Koivisto von Dynamo Moskau mit einem Einjahresvertrag ausgestattet.

Neben Koivisto laufen ebenfalls die Verträge von Urgestein Beat Gerber, Justin Krueger und Calle Andersson Ende Saison aus. Aufgrund der vergangenen Leistungen und der Clubtreue ist anzunehmen, dass die Verträge mit Gerber und Krueger verlängert werden, sofern der Erstgenannte mit seinen 37 Jahren nicht seinen Rücktritt bekannt geben sollte. Bei Andersson wird eine Verlängerung davon abhängen, ob er nicht, wie erhofft, ein Angebot aus Nordamerika erhält.

Sturm

Im Sturm musste ein gewichtiger Abgang verzeichnet werden. Gaëtan Haas, der im Playoff-Final nach seinem Comeback sehr zu überzeugen wusste, wird sein Glück in der NHL versuchen. Für ihn wurde der Schweizer Nationalstürmer Vincent Praplan für die nächsten vier Jahre verpflichtet. Und wenn Haas sich in der NHL nicht durchsetzen könnte, ist er bis 2021 nach wie vor vertraglich an den SCB gebunden.

Im Hinblick auf die übernächste Saison wird es auf den Sturmpositionen sicherlich zu einigen Änderungen kommen: Die Verträge von Alain Berger, Marc Kämpf, Daniele Grassi, Gregory Sciaroni, Matthias Bieber und Thomas Rüfenacht laufen alle aus. Welchen Weg der SCB hier einschlagen wird, ist offen. Sofern eine gezielte Verjüngung angestrebt wird, sieht es bei den drei letztgenannten mit einer Verlängerung nicht gut aus.

Dennoch, einen Spieler wie Rüfenacht, stets mannschaftsdienlich, braucht jedes Team, um Emotionen beim Gegner zu entfachen. Matthias Bieber ist variabel einsetzbar und Daniele Grassi wie auch Gregory Sciaroni überzeugten vor allem in den Playoffs mit ihren wichtigen Toren auf dem Weg zum 16. Titelgewinn. Viele Entscheidungen, die der SCB und allen voran Sportchef Alex Chatelain in den kommenden Monaten treffen muss.

Ausländer

Der SCB wird wie auch im Vorjahr mit vier Ausländern in die Saison starten. Der Kern bleibt mit Andrew Ebbett, Mark Arcobello und Jan Mursak erhalten. Neu dazu stösst wie bereits weiter oben erwähnt Miika Koivisto. Über diese Saison hinaus besitzt einzig Andrew Ebbett einen weiterlaufenden Vertrag. Es ist aber anzunehmen, dass der SCB alles daran setzen wird, mit Mark Arcobello erneut zu verlängern. Seine Spielübersicht und seine Treffsicherheit werden auch in dieser Saison wieder sehr wertvoll sein.

Trainer / Nachwuchs

Im Coaching-Staff gab es in diesem Sommer wieder zwei Wechsel. Jukka Varmanen wurde für Mikko Haapakoski als Assistent- und Petri Tuononen für Aki Näykki als Goaliecoach engagiert. Beide Verträge sowie die des Headcoachs Kari Jalonen und seines bisherigen Assistent-/Videocoachs Samuel Tilkanen laufen im 2020 aus. Einige Medien liessen nach dem Titelgewinn bereits durchsickern, dass dies die letzte Saison mit Jalonen an der Bande wird. Einige Fans kritisierten auch den Spielstil, den der SCB noch vor den Playoffs pflegte, und die fehlende Integration von Nachwuchsspielern ins Team.

Allerdings gibt es einige gute Punkte, die für eine erneute Vertragsverlängerung mit dem Coaching-Staff sprechen. Der Erfolg gibt Kari Jalonen Recht (in drei Jahren 2x den Pokal in die Höhe gestemmt und 3x die Qualifikation als Erstplatzierter abgeschlossen). Mit André Heim, Yanik Burren, Colin Gerber fanden drei Junge den Weg in die erste Mannschaft und erarbeiteten sich unter Jalonen einen Stammplatz. Jeremi Gerber und Mika Henauer werden die nächsten sein.

Fazit

Wie sagten wir letztes Jahr an gleicher Stelle, dass trotz des Transfersiegers – damals die ZSC Lions – der SCB auch um den Titel mitspielen werde. Letzten Endes verpassten die Lions die Playoffs und Bern wurde Meister. Trotz den gewichtigen Abgängen von Genoni und Haas und dem diesjährigen „Transfersieger“ EV Zug, der sein Kader stark aufgerüstet hat, verfügt der SCB nach wie vor über ein Team mit vielen Spielern, die wissen, wie Titel zu gewinnen sind. Jalonen weiss, wo und wie er die Hebel ansetzen muss, um erfolgreich zu bleiben. Es wird alles durchdacht und analysiert – typisch finnisch eben. Der Erfolg spricht für ihn und den SCB. Die Berner werden die Qualifikation unter den ersten drei Plätzen abschliessen und in den Playoffs gelten ohnehin wieder andere Regeln.

hockeyfans.ch-Ranglistentipp
1.
2. SC Bern
3. EHC Biel
4. ZSC Lions
5. Lausanne HC
6. HC Lugano
7. Fribourg-Gottéron
8. SCL Tigers
9. HC Davos
10. Genf-Servette
11. HC Ambrì-Piotta
12. SC Rapperswil-Jona Lakers