Wüthrich: «Der SCB gehört mittlerweile zur Familie»

7.11.2023 - Von Roman Badertscher

Zweieinhalb Jahre stand Philip Wüthrich im Tor des SCB und war die unangefochtene Nummer eins. Nun gibt es erstmals richtigen Konkurrenzkampf zwischen ihm und einem schwedischen Weltklasse-Goalie, der kürzlich in der KHL mit ZSKA Moskau Meister wurde. Im Interview gibt der Berner Auskunft, wie er mit der Verarbeitung der letzten Saison und dem Druck in der neuen Saison umgeht.

2‘606 Minuten und 33 Sekunden in der Regular Season. So lange warst du während deinen 44 Einsätzen letzte Saison im Tor und damit in der Liga top. Und das als 24 resp. 25-Jähriger. Auch wenn sie bitter endete: Wie blickst du auf letzte Saison zurück?

Wüthrich: Es war eine Saison, in der ich auf und neben dem Eis sehr viel lernen konnte. Es gab sehr viele Auf und Abs. Ich glaube, das ist kein Geheimnis. Ich konnte viel lernen, neben dem Eis vor allem teamintern und auch selber persönlich. Und natürlich auf dem Eis mit so viel Eiszeit. Da kann man sich gar nicht beschweren.

Wie hast du die Saison für dich analysiert und welchen Schluss hast du gezogen?

Als erstes habe ich mit dem Goaliecoach alles genau angeschaut und dann für mich persönlich nochmals alles durch den Kopf gehen lassen. Habe auch noch mit meiner Familie darüber gesprochen, über das Thema neben dem Eis, das genauso wichtig ist, wie das auf dem Eis. Also über das Mentale und die Pflege des Umfelds. So konnte ich das Thema dann abschliessen.

Im Dezember noch das beste Team der Liga, im Januar das schlechteste. Wie würdest du das aus Sicht eines Goalies erklären, woran es lag?

Ich wünschte, ich könnte es erklären. Dann wären wir nicht in dieser Situation gewesen. Nein, ich glaube wir müssen das Positive mitnehmen. Wir haben gezeigt, dass wir ein Top-Team sein können, haben es aber leider nicht über die ganze Zeit gezeigt. Ich glaube, es ist das Ziel, dass man die Konstante wieder reinbringt, die man vom SCB gewöhnt war.

Doch dann über die Pre-Playoffs in die Playoffs und den Kantonsrivalen gefordert. Von aussen hatte man das Gefühl, in dieser Phase wäre mehr möglich gewesen. Wie siehst du das?

Auf jeden Fall, es war eine enge Sache. Am Schluss waren paar Sekunden entscheidend, was natürlich sehr bitter ist, wenn man so nah dran ist und man merkt, dass sicher etwas möglich gewesen wäre. Nichtsdestotrotz gehört Verlieren zum Sport dazu. Man muss es analysieren und auch einstecken.

Sportchef Andrew Ebbett hat mit Adam Reideborn einen ausländischen Torhüter verpflichtet. Er spricht jeweils von einer 1A und 1B-Goalielösung mit Adam und dir. Welche Ansicht hast du?

Die Nachricht habe ich so aufgenommen, wie jede andere auch. Schlussendlich ist es ein Entscheid der sportlichen Führung. Da habe ich nicht viel beizutragen. Es gilt es zu akzeptieren und mit Adam zusammenzuarbeiten.

Wie klappt die Zusammenarbeit bis jetzt?

Sehr gut, er ist ein super Typ. Wir konnten neben dem Eis schon zusammen reden und ich glaube, wir verstehen uns ziemlich gut. Es ist sicher ein positiver Punkt. Nicht dass da eine Spannung zwischen uns wäre. Das überhaupt nicht. Ich freue mich wirklich darauf, mit ihm hier weiterzuarbeiten.

Wie gehst du mit dem Konkurrenzdruck um? In Bern ist das ja Gang und Gäbe.

Es gehört dazu, es gehört zum Job. In jedem andren Job ist auch immer der Leistungsdruck da. Das ist hier nicht anders. Ganz normal.

Welche Chancen siehst du für dich selber mit der Verpflichtung von Adam Reideborn? Wirst du von seiner noch grösseren Erfahrung profitieren?

Auf jeden Fall. Ich denke, wir können uns da gegenseitig helfen. Er kann sicher auch ein, zwei Dinge von mir abschauen und ich natürlich auch von ihm.

Viele sagen, Goalies sind meistens spezielle Typen. Bist du auch speziell? Hast du bestimmte Rituale vor und nach einem Spiel?

Rituale würde ich dem nicht sagen. Es ist wie ein ganzer Tagesablauf, der immer ähnlich ist. Es beginnt mit dem Aufstehen zu einer ähnlichen Zeit, das Training ist immer vormittags, das Essen und je nach Heim- oder Auswärtsspiel daheim oder im Car noch liegen, um dann bereit fürs Spiel zu sein. Gross speziell oder sehr heikel, bin ich überhaupt nicht. Ich höre auf mein Gefühl. Wenn ich ein gutes Gefühl habe, dann spiele ich auch gut.

Was ist der SCB für dich und wie siehst du die Chemie in der Mannschaft?

Der SCB ist für mich seit 19 Jahren immer dabei. Mein ganzes Leben hat es mich begleitet, ich durfte es immer tragen, was sehr viel Freude macht. Es gehört halt wirklich mittlerweile zur Familie. Mittlerweile ist es mein Job, worüber ich auch sehr froh bin. Die Chemie finde ich bis jetzt sehr gut. Die Neuen haben sich super integriert und sind gute Typen.

Was ist dein Ziel mit dem SCB nächste Saison?

Mein persönliches Ziel ist es, meine persönliche Saison von letztem Jahr zu verbessern. Die Konstanz hineinzubringen ins Team und auch bei mir selber.