Neues Projekt wichtiger den je

6.1.2012 - Von Urs Berger

Die Schweizer Juniorennationalmannschaft spielte das erste Mal seit zwei Jahren wieder in der Abstiegsrunde. Das ist sicher nicht optimal für die jungen Spieler, welche sich mehr erhofft hatten. Aber es ist auch kein Beinbruch. Es kann sogar eine positive Wirkung haben. Das neue Ausbildungscenter soll hier helfen.

Der Grat zwischen Abstiegsrunde und Viertelfinalqualifikation ist schmal. Dies beweist dieses Jahr auch die USA, welche zum ersten Mal überhaupt in die Abstiegsrunde gehen. Dass dabei die USA zu Beginn der U20 Weltmeisterschaften immer Glück hatten, um nicht abzusteigen, wird dabei gerne ausser acht gelassen. Als der Wettbewerb das erste Mal ausgetragen wurde, schlossen die Amerikaner das Turnier auf dem siebten Schlussrang ab. Auch danach taten sich die USA schwer mit dem Verbleib in der Elite Liga. Erst mit der höheren Akzeptanz und der von USA Hockey verbesserten Strukturen kam der Sprung in die Weltelite. Genau so ähnlich könnte sich das Schweizer Eishockey der Zukunft entwickeln. Denn die Zeichen, dass sich Tschechien und die Slowakei verschlechtern und die Schweiz auf Kosten dieser sich im Mittelfeld und unter den Top sechs Nationen etablieren kann, stehen gut.

Fall der Mauer zeigt Wirkung

Erleichternd kommt für die Schweiz hinzu, dass der eiserne Vorhang gefallen ist. Mit dieser politischen Revolution bekam das Eishockey in Tschechien und der Slowakei die nötigen Mittel für die Sportausbildung nicht mehr vom Staat. Die Armee- und Polizeiklubs Sparta Prag oder Dukla Jihlava mussten ihre Gelder anders aufbringen um in der Liga mitspielen zu können. Dadurch verloren sie auch die Möglichkeit, die besten Spieler des jeweiligen Jahrganges bei sich auszubilden und für die Weltmeisterschaften vorzubereiten. Alleine durch den Fall der Mauer und der Abkehr des Sozialismus zum Kapitalismus änderte sich für die kommenden Generationen alles. Auf einmal wurde das Eishockey und andere Sportarten nicht mehr direkt durch den Staat organisiert und gefördert, sondern die Kinder und Jugendlichen waren auf die Einkünfte der Eltern angewiesen. Noch heute leben viele Tschechen oder Slowaken an der Armutsgrenze. Das Gefälle zwischen extrem reich und Armut ist gross. Für Eltern, welche ihr Kind gerne Eishockeyspielen lassen würden, ist dies mit dem Einkommen fast nicht möglich. Denn eine Eishockeyausrüstung kostet in der Slowakei oder in Tschechien für die Junioren ab 13 Jahren gleich viel wie in West Europa. Alleine die Kosten für die Spielerausrüstung belaufen sich auf über CHF 2500. Und ein normaler Arbeiter in Tschechien oder der Slowakei verdient nicht mehr als um die CHF 1000 pro Monat.

Spieler verlassen das Land zu früh

Dies führt dazu, dass viele Spieler, wenn sie das Gefühl haben, dass sie gut genug seien, zu früh nach Nordamerika wechseln. Dies vor allem darum, weil sie damit der eigenen Familie finanziell nicht mehr schaden und eigenes Geld bekommen könnten. Dort können viele dann nicht den erwarteten Schritt nach vorne machen und hören nach nur einer Saison desillusioniert das Eishockey. Bleibt der Spieler ab in der heimischen Liga, kann er den Schritt in die oberste Liga nur dann vollziehen, wenn er sich genügend aufdrängt und viel Talent mit sich bringt. Und auch nur dann wenn einer der Stammspieler den Verein verlässt oder den Rücktritt gibt. Dazu kommt, dass die jungen Spieler meistens nicht zum Einsatz kommen, weil ihnen ehemalige Spieler aus der AHL oder NHL den Platz wegnehmen.

Neue Voraussetzungen schüren Hoffnung

In der Schweiz sieht es anders aus. Zum ersten Mal hat das Schweizer Eishockey mehr Feldspieler in der NHL als Torhüter. Mit Roman Josi, Yannick Weber, Raphael Diaz, Mark Streit und Luca Sbisa sind fünf Verteidiger in der NHL tätig. Dazu kommen Nino Niederreiter als bisher einziger gelernter Stürmer. Im Tor ist Jonas Hiller der einzige verbliebene Torhüter. Zu den besten Torhüterzeiten waren drei Spieler in der NHL beschäftigt. Diese Zahlen belegen, dass die Schweizer auf dem richtigen Weg sind. Dazu gesellt sich auch der Plan von Philipp Gaydoul in Winterthur das Eishockeyzentrum der Schweiz einzurichten. Dazu soll, gemäss seinen Plänen, auch ein NHL Eisfeld gebaut werden. Damit würden auch die Schweizer Eishockeyspieler in Zukunft von den kleineren Eisfeldern profitieren. Und könnten sich noch besser auf Weltmeisterschaften in Nordamerika vorbereiten. Genau mit einer solche Ausbildungsstätte konnten sich die Amerikaner in die Spitze der Welt arbeiten. Die Zukunft gehört dem Schweizer Eishockey. Denn die Slowakei und Tschechien werden noch eine Spielergeneration brauchen, bis sie das Traume des Kapitalismus überwunden haben, und die Bedingungen wieder besser werden.