Kein Transferabkommen mit der NHL

Montag, 16. Juni 2008, 20:29 - Martin Merk

Erstmals seit zehn Jahren gibt es kein Transferabkommen mehr, das Spielertransfers von Europa in die National Hockey League regelt. Spieler die vertragslos sind oder eine Vertragsklausel haben, können damit ablösefrei die europäischen Ligen verlassen. Eine Lösung ist momentan ausser Sichtweite.

Das beidseitig per Ende Saison 2007/08 gekündigte Transferabkommen zwischen der NHL und dem internationalen Eishockey-Verband IIHF wird es zumindest für die Saison 2008/09 nicht mehr geben, da man sich seit der Kündigung im Dezember nicht über ein neues Abkommen einigen konnte. Russland und Tschechien haben ihr Veto eingelegt und die NHL klar gemacht, dass sie nur ein Abkommen für alle Ligen unterzeichnen werde und nicht mit einzelnen Landesverbänden. Entsprechende Aussagen vom NHL-Commissioner Gary Bettman gingen vor allem an die Adresse der neuen russischen Liga KHL, welche ein separates Vertragswerk angestrebt hatte.

Nach dem alten Vertragswerk konnten die NHL-Clubs bis zum 15. Juni Spieler aus Europa holen. Unabhängig davon, ob sie in Europa einen Vertrag hatten, wurden dabei 200 000 US-Dollar Ausbildungsentschädigung bezahlt, dazu eine Strafgebühr, falls ein Spieler nicht genügend NHL-Eiszeit erhält, was wiederum den NHL-Clubs missfiel. Denn von 59 neuen Europäern mit NHL-Vertrag schafften nur sechs den Sprung in die weltbeste Liga. Sieben kehrten nach Europa zurück, 46 endeten in Farmteam-Ligen. Insgesamt gingen bislang jährlich 11 Millionen Dollar nach Europa.

"Viele europäische Clubs sind der Ansicht, dass dieser Betrag nicht dem Wert der Spieler entspräche", sagt der IIHF-Präsident René Fasel, "auch mochten sie es nicht, dass ständig unter Vertrag stehende Spieler weggenommen wurden. Dazu hat der Dollar seit 2002 über 32 Prozent an Wert verloren." Handkerum sei es wohl das einzige Transferabkommen gewesen, dass bei Wechsel im vertragslosen Zustand Geld garantierte. Fasel: "Die IIHF hat die Clubs zu überzeugen versucht, dass 200 000 Dollar besser sind als gar nichts wie jetzt. Jedoch vertreten wir die Interessen der Verbände, Ligen und Clubs. Wir können kein Abkommen Mandatnehmer aushandeln, wenn die Anspruchsgruppen dieses nicht wollen."

Die Folge ist nun, dass vertragslose Spieler ablösefrei in die NHL wechseln dürfen, so wie dies zuletzt bei Spielern aus der russischen Liga war, die schon dem alten Abkommen in den vergangenen Jahren fernblieb. Damals hatten die Russen vergeblich versucht, vor Gericht eine Ablösesumme über drei Millionen Dollar zu erzwingen. Die NHL hat angekündigt, die Verträge in Europa zu respektieren und erwartet, dass sich dies auf Gegenseitigkeit beruht. Auch hat sie bekannt gegeben, dass NHL-Clubs keine Spieler aus laufenden Verträgen herauskaufen dürfen. Dies ist gemäss dem Gesamtarbeitsvertrag mit der Gewerkschaft NHLPA nicht erlaubt und würde zu erheblichen Strafen führen. Viel ändern wird sich aber wohl trotzdem wenig. Die meisten für die NHL in Frage kommenden Spieler haben ohnehin NHL-Ausstiegsklauseln in ihren Verträgen. Damit können sie Verträge in Europa auflösen und ablösefrei in die NHL wechseln. Spätestens dann dürfte deutlich werden, dass die keinem Verband unterstellte NHL am längeren Hebel sitzt.

Die Beziehungen der NHL zur Aussenwelt sieht Fasel jedoch nicht gefährdet: "Die Kooperation ist ausgezeichnet und wir haben bezüglich allmöglicher Eishockey-Themen täglichen Kontakt. Wir bereiten gemeinsam den Victoria Cup zwischen den New York Rangers und Metallurg Magnitogorsk (Russland) vor mit dem Testspiel der Rangers gegen den SC Bern am 30. September. Und wir kommen langsam den Olympischen Winterspielen 2010 näher, wo wir mit der NHL zusammenarbeiten."