SCB-Jubel oder EVZ-Coup?

6.4.2017 - Von Maurizio Urech

Heute Abend steigt der finale Akt in der Schweizer Eishockeymeisterschaft 2016/17. Der Titelverteidiger SC Bern muss noch eine letzte Hürde auf dem Weg zur Titelverteidigung überwinden, den EV Zug, der seinen zweiten Meistertitel nach 1998 anstrebt.

Beide Halbfinalserien waren intensiv und spektakulär. Es gibt also keinen triftigen Grund, wieso dies im Final nicht genauso sein wird. Beide Teams stützen sich auf eine gute Defensive und haben auch vorne die nötigen Argumente um die Spiele zu entscheiden.

Der SC Bern setzte sich wie letztes Jahr mit 4:1 gegen den HC Lugano durch. Aber letztes Jahr waren die Mutzen klar überlegen, dieses Jahr waren die Bianconeri näher dran als das Schlussresultat aussagt. Die drei Schlüsselspieler in der Defensive des SCB sind der Torhüter Leonardo Genoni und Verteidiger Eric Blum und Ramon Untersander und nicht vergessen, die Mutzen haben noch einen Trumpf in der Hinterhand mit dem kanadischen Blueliner Maxim Noreau, der dem Powerplay noch eine andere Dimension geben würde. Die Berner werden ihre Aufstellung aber wohl nicht ändern und können aus dem Vollen schöpfen. In der Offensive sind die Berner breit aufgestellt und haben drei Sturmlinien, die jederzeit für Tore gut sind. Martin Plüss feierte gestern seinen 40. Geburtstag und der Center zeigt sich auf dem Eis keineswegs altersmüde.

Der EV Zug nahm den Schwung aus dem Viertelfinal-Sweep gegen Genf-Servette ins Halbinale mit und gewann die ersten zwei Spiele gegen den HC Davos. Dann verlor auf man auf fast fahrlässige Weise das Spiel 3 und musste prompt den Ausgleich in der Serie hinnehmen. Dass man sich davon nicht ins Bockhorn jagen liess, sondern die Ruhe bewahrte und das wichtige Spiel 5 gewann, spricht für die neu gewonnene mentale Stärke der Innerschweizer, die verdientermassen in Spiel 6 den Sack zumachten. Wie beim Gegner hat auch der EVZ drei Schlüsselspieler hinten: Mit Tobias Stephan verfügt man ebenfalls über einen Nationaltorhüter, dazu der im Sommer aus der NHL zurückgekehrte Verteidigungsminister Raphael Diaz und Haudegen Timo Helbling, der letztes Jahr noch mit dem SCB den Meistertitel feierte. Offensiv haben zwar die zwei auf dem Papier besten Schweizer, Reto Suri und Lino Martschini Ladehemmungen, diese werden aber durch die Tore von Spielern wie Lammer und Zangger kompensiert. Die Ausländer-Fraktion hat in den Playoffs bisher gross aufgespielt und die Tore von McIntyre, Immonen und Klingberg werden auch im Finale gefragt sein. Dave McIntyre ist mit 11 Toren und 17 Punkten in beiden Wertungen weit voraus während diesen Playoffs.

In der Playoff-Geschichte standen sich die beiden Clubs neunmal gegenüber, sechsmal setzten sich die Berner durch, zuletzt 2013 im siebten Spiel im Halbfinale. Im Finale spielten die beiden Clubs 1997 gegeneinander als die beiden topgesetzten Teams. Der Qualifikationssieger SC Bern setzte sich mit 3:1-Siegen durch und verhinderte den ersten Meistertitel für die Innerschweizer. Diesen holte sich der EVZ ein Jahr später im Finale gegen Davos.

Es ist die klassische gedroschene Phrase, aber in diesem Finale könnten Details die Differenz ausmachen. Natürlich haben beide Torhüter eine Schlüsselrolle, Leonardo Genoni weiss, wie man Meisterschaften gewinnt, Tobias Stephan hat mit dem SCB noch eine Rechnung offen. Doch genauso wichtig wird die Disziplin sein. Zu viele Strafen könnten bei der Qualität der Powerplays beider Teams tödlich sein. Haudegen und Provokateure werden wohl wie in den beiden Halbfinalserien ihre Nebenrolle spielen.

Wir trauen dem EVZ den Coup zu und glauben, dass sich die Innerschweizer mit 4:2 durchsetzen werden und nach 19 langen Jahren ihren zweiten Titel feiern werden.