NHL: Die Schweizer und deren Chancen

7.10.2015 - Von Urs Berger

In der Nacht auf morgen startet in Nordamerika die NHL. Die weltbeste Eishockeyliga ist auch für Schweizer Spieler immer attraktiver geworden. Wir blicken auf ihre Chancen und Aussichten in der Liga zu reüssieren.

Seien wir ehrlich. Welcher Hockeyfan möchte schon nicht einmal im Leben ein NHL-Spiel live in der Arena erleben? Die Stimmung und die Shows vor den Spielen sind sicher das Eine. Das andere sind die Spiele selber. Keine Liga im Eishockey hat dieses grosse Selbstvertrauen wie die NHL. Für die Nordamerikaner, egal ob US-Amerikaner oder Kanadier, ist die Liga die weltbeste – nicht nur weil sie die europäischen Ligen nicht kennen oder nicht kennen wollen. Trotz allem schauen wir immer wieder nach «drüben» und sehen die besten Spieler. Auch die Schweizer sind in der NHL immer besser vertreten. Die Liste der Schweizer Profis mit NHL-Verträgen umfasst, mit in die AHL geschickten Spielern, 17 Spieler. Jeder der Schweizer wird in den kommenden Monaten seine Chance haben sich für Eiszeit in der NHL aufzudrängen. Die Frage ist nur, wie gut ihre Aussichten sind. Wir geben eine Übersicht.

Jonas Hiller (Calgary Flames)

Jonas Hiller hat einen Vertrag, welcher ihm 4,5 Millionen US-Dollar pro Jahr einbringt. Und die Torhüterposition ist in Calgary gut besetzt. Mit Karri Rämö, Joni Ortio und eben Hiller. Vermutlich werden die Flames mit drei Torhütern starten und eventuell könnte selbst Hiller aufgrund dieser Situation zu einem Trade-Kandidaten werden. Zum Saisonstart wird Rämö das Tor hüten.

Reto Berra (Colorado Avalanche)

Berra wird hinter Semjon Varlamov die Nummer zwei sein und die eine oder andere Spielgelegenheit erhalten. Würde er auf über 35 Einsätze kommen, würde dies sehr erstaunen. Berra hat einen Vertrag mit der Avalanche bis 2016/17. Die Frage ist, ob Patrick Roy Vertrauen in ihn hat nach einer Saison mit Tiefen gefolgt von Höhen. Wir glauben ja. Berra wird bei der Avalanche bleiben und sich dort weiterentwickeln.

Yannick Weber (Vancouver Canucks)

Leise und still hat sich Weber zu einem soliden Verteidiger mit Offensivdrang entwickelt. Er verzichtete im Sommer auf einen höheren Lohn um in Vancouver zu bleiben. Er kam letztes Jahr zu 71 Einsätzen inklusive Playoffs. Und die Entwicklung des ehemaligen Berner Juniors ist noch nicht abgeschlossen. Er kann im Powerplay eine sehr gute Waffe an der blauen Linie sein und er wird diese auch einsetzen. Weber wird diese Saison sicher an der West-Küste bleiben. Und wer weiss, mit einer guten Saison sich für eine andere Organisation aufdrängen und einen höheren Lohn erlangen?

Mark Streit (Philadelphia Flyers)

Neben Roman Josi und Nino Niederreiter ist Mark Streit die wohl bekannteste Spielerpersönlichkeit in der Schweiz mit einer imposanten NHL-Vergangenheit. Wieso schreiben wir von Vergangenheit? Weil die Zeit in der NHL in den nächsten Jahren ablaufen könnte. Er hat noch einen Vertrag bis 2017. Danach ist offen, ob und wo der mittlerweile bald 38-Jährige einen weiteren Vertrag in der NHL bekommen kann und will. Mit seinen technischen Fähigkeiten und seiner Übersicht kann er eine weitere gute Saison hinlegen.

Luca Sbisa (Vancouver Canucks)

Immer wieder geht Luca Sbisa in der Aufzählung der NHL-Schweizer unter. Wieso das so ist? Weil er ein unauffälliges und gutes, mannschaftsdienliches Eishockey spielt. Er kann sehr gut mit dem Puck umgehen und hat gute Hände. Er scheut sich auch nicht vor dem Körperkontakt. Sbisa ist mit einem Vertrag bis 2017/18 ausgestattet. Die Canucks werden ihn wohl nicht abgeben und sehen in ihm einen Verteidiger in der zweiten Linie. Wieso nicht mit Weber zusammen?

Roman Josi (Nashville Predators)

Josi startet in die fünfte Saison mit den Nashville Predators und wird in dieser Organisation wohl zum Nachfolger von Captain Sean Weber aufgebaut. Das «A» auf der Brust hat er bereits erhalten und er kann das Gesicht der Predators werden. Er ist wohl der kompletteste Schweizer Verteidiger, der je spielte. Keiner versteht das Spiel aus der Verteidigung so gut zu lesen wie Josi. Auf und neben dem Eis ist er ein stiller Leader. Er können gar noch bessere Jahre kommen als bisher – und vielleicht auch die Frank J. Selke Trophy für den besten Verteidiger?

Nino Niederreiter (Minnesota Wild)

Nino Niederreiter ist der aktuell beste Schweizer Stürmer in der NHL und er kann dort noch weiter reifen und noch kompakter werden. Mit den Wild hat er das richtige Team, welches eine gute Mischung aus jungen und wilden Spielern, aber auch erfahrenen Spielern hat. Von diesen kann der Churer noch viel lernen und wird sich vielleicht in den kommenden Jahren zu einem Spieler in der ersten Linie und zum Assistenz-Captain entwickeln.

Sven Bärtschi (Vancouver Canucks)

Kann Sven Bärtschi in der NHL reüssieren? Ja, das wird er. Bereits in dieser Saison? Wir denken nicht. Der Langenthaler wird wohl weiterhin zwischen der AHL und der NHL hin und her pendeln. Er braucht noch etwas Zeit in seiner Entwicklung und kann diese auch gut gebrauchen. Bärtschi ist noch nicht so weit, dass er eine ganze Saison in der Topliga spielen kann. Doch für die nächste Saison kann es durchaus reichen. Er kann, wie Niederreiter, ein spielbestimmender Flügel werden. Dass er dazu das Zeug hat, hat er schon bewiesen und er kann dies zum Saisonstart in der NHL tun.

Weitere Spieler die es in die NHL schaffen können, aber in der AHL beginnen müssen:

Mirco Müller (San Jose Barracuda)

Müller steht in seinem zweiten Jahr mit dem Entry Level Vertrag mit den Sharks. Diese werden den jungen Verteidiger langsam aufbauen und im Laufe des Jahres NHL-Luft schnuppern lassen. Beginnen wird er seine Saison aber in der AHL und wenn es gut geht, wird er in der NHL nächstes Jahr einen festen Platz einnehmen.

Raphael Diaz (Hartford Wolf Pack)

Der Zuger Verteidiger kann in diesem Jahr mit den Rangers viel erreichen, wenn er sich Zeit gibt. Denn die New Yorker wollen seinen Charakter testen. Wird er den Test bestehen, wird er gestärkt aus der AHL zurückkommen und seine Rolle in New York finden. Das wichtigste ist für ihn ist derzeit sich die Zeit zu lassen.

Kevin Fiala (Milwaukee Admirals)

Er wird zu seinen Einsätzen in der NHL kommen. Wie manche das sein werden, hängt von seiner Entwicklung in der AHL ab.

Dean Kukan (Lake Erie Monsters)

Kukan ist noch nicht NHL-bereit. Er muss noch reifen. In der AHL wird er sich in den ersten beiden Linien festbeissen und sich weiterentwickeln.

Joël Vermin (Syracuse Crunch)

Vermin ist auf einem verlorenen Posten. Er wird es nicht in die NHL schaffen. Aber wer ihn kennt, weiss, dass er sich durchbeissen kann. Sein Vertrag mit Tampa Bay läuft Ende Saison aus und somit dürfte die NLA zum Thema werden.

Christoph Bertschy (Iowa Wild)

Wer die Organisation der Wild kennt, weiss, dass Bertschy seine Chance bekommen wird, wenn er sich dafür empfehlen kann. Und dies eher früher als später. Reicht es aber dieses Jahr schon? Ja, daran glauben wir.

Sven Andrighetto (St. John's IceCaps)

Er wird in Montréal auch diese Saison zu seinen Einsätzen kommen. Er ist bereit. Und wenn er oben ist, wird er nicht so einfach aufgeben. Mit etwas Glück wird Andrighetto in der NHL bleiben können.

Christian Marti (Lehigh Valley Phantoms)

Seine Chancen auf einen Einsatz in der NHL sind diese Saison noch gering. Mit einem Jahr mehr AHL-Erfahrung und mit hoffentlich viel Eiszeit kann er einen wichtigen Schritt nach vorne machen.

Tanner Richard (Syracuse Crunch)

Er ist ein Spieler, der in der AHL mehr zur Geltung kommt als in der NHL. Solche Spieler wie ihn gibt es in der NHL viele. Und da ist der Schweizer Pass möglicherweise eher hinderlich, dafür für einen guten Vertrag in der NLA umso förderlicher.