An der Sensation geschnuppert
Bei einer 2:6-Klatsche davon zu reden, dass die Schweizer heute Abend die Schweden an den Rand einer Niederlage brachten scheint im ersten Moment etwas paradox. Schaut man sich allerdings nur schon die Drittelsresulate an, so wird man merken, dass die Schweizer sehr lange mit den Schweden mithalten konnten. Dann kam es allerdings zu diesem berühmten Ketchup-Flaschen-Effekt, der Schweden doch noch einen standesgemässen Sieg einbrachte.
Entschieden wurde dieses Spiel zwischen der Schweiz und Schweden zu Beginn des letzten Drittels. Jonathan Lekkerimäki hatte vor 103 Sekunden ausgeglichen, da traf Leo Carlsson zum 3:2. Spätestens mit diesem Tor schien der Knoten bei den Schweden zu Platzen. Gnadenlos legten Östlund und Wagner in den nächsten 152 Sekunden zwei weitere Tore nach. Es ist verständlich, dass die Schweizer nach diesen vier Treffern derart geschockt waren, dass sie in der Folge nicht mehr viel Zählbares zusammenbrachten. Stattdessen stellte Jonathan Lekkerimäki in der 52. Minute gar auf 2:6.
«Wenn man sich in einem solchen Spiel nur ein bisschen zurückzieht und nicht mehr derart konsequent spielt, dann kriegt man von den individuell starken Schweden sofort die Quittung», war sich Marcel Jenni nach dem Spiel bewusst. Der Trainer der Schweizer U18 war dann auch enttäuscht, dass man im letzten Drittel nicht mehr an die Leistung aus den ersten 40 Minuten anknüpfen konnte. Trotzdem sprach Jenni von einer Steigerung gegen über dem Vortagesduell gegen die Finnen.
Dass Jennis Feststellung trotz einer 2:6-Niederlage nicht falsch war, zeigte sich in den ersten beiden Dritteln. Hier spielten die Schweizer auf Augenhöhe mit den Tre Kronor. Während man in der Verteidigung sehr solidarisch agierte, war es in der Offensive vor allem Gregory Weber, der immer wieder für Gefahr sorgen konnte. Eine erste Prise seines Könnens zeigte der junge Berner in der 24. Minute, als er die Latte traf. Etwas mehr Glück hatte Weber in der 31. Minute, als sein Schuss via den Stock von Guignard und den Schlittschuh von Good Bogg ins schwedische Tor flog. Ein weiteres Mal trat der junge Berner in der 40. Minute in Aktion, als er nach guter Vorarbeit von Kelian Fiebiger direkt ins hohe Eck traf.
Dass gerade der zweite Treffer nur 58 Sekunden vor der Pause ein Stich ins schwedische Herz war, lag eigentlich auf der Hand. Schliesslich hatten die Tre Kronor nach dem 1:1-Ausgleich von Carlsson bereits in dieser Phase die Oberhand. Es ist jedoch anzunehmen, dass der schwedische Coach seinen Spielern nach der überraschenden Niederlage gegen Lettland ins Gewissen geredet hatte. So kamen die Nordländer hoch motiviert aus der zweiten Pause und traf wie erwähnt innert vier Minuten vier Mal.
Für die Schweizer blieben damit einmal mehr nur die Gewissheit, dass sie sich in einem Spiel gegen einen sehr guten Gegner gesteigert und näher ans internationale Niveau gebracht hatten. Dieses hohe Niveau werden die Eisgenossen auch am Mittwoch brauchen, wenn sie das letzte Vorrundenspiel gegen Lettland bestreiten. «Das Ziel muss dann unbedingt ein Sieg sein», gab Trainer Jenni zu. Dabei war sich der Nationaltrainer bewusst, dass auch die Letten ein guter Gegner sind. «Sie spielen sehr strukturiert und ultra defensiv. Dabei warten sie immer wieder auf Konter. Um zu gewinnen müssen wir viel Verkehr vor dem Tor produzieren und zu jeder Zeit hellwach sein, denn das Spiel wird sehr schnell hin und her gehen», analysiert Jenni weiter. Schaut man auf die bisherigen Spiele ist davon auszugehen, dass sich die Schweizer auch gegen Lettland steigern können. Dabei kommt es ihnen wohl auch entgegen, dass sie dieses Spiel ohne Druck angehen können. Schliesslich kommt in diesem Jahr sowieso jedes Team ins Viertelfinale.
Telegramm:
Schweden – Schweiz 6:2 (0:0, 1:2, 5:0)
Erdgas Schwaben Arena, Kaufbeuren: 946 Zuschauer. – Schiedsrichter: Iwert, Kohlmüller; Laguzov, Schwenk (alle GER). – Tore: 30:56 Guignard (Weber, Füllemann; Ausschluss: Öhgren) 0:1; 32:14 Carlsson (Pettersson) 1:1; 39:02 Weber (Fiebiger) 1:2; 43:04 Lekkerimäki (Havelid) 2:2; 44:46 Carlsson 3:2; 46:34 Östlund (Öhgren, Odelius; Ausschluss: Füllemann) 4:2; 47:18 Wagner (Rudslatt) 5:2; 51:13 Lekkerimäkki (Almgren, Östlund; Ausschluss: Meile) 6:2. – Strafen: 4 x 2 Minuten gegen Schweden; 5 x 2 Minuten gegen Schweden.
Schweden: Swedin (H. Hävelid); M. Hävelid, Noren; Salomonsson, Good Bogg; E. Pettersson, Odelius; Fransson; Bystedt, Carlsson, O. Pettersson; Östlund, Öhgren, Lekkermäki; Wagner, Almgren, Stenberg; Born, Rudslatt, Hemström; Suzdalev.
Schweiz: Beglieri (Uberti); Füllemann, Mazzola; Voegli, Terraneo; Christe, Moser; Meile; Kilchenmann, Pauli, Liechti; Reinhard, Weber, Rod; Fiebiger, Guignard, Pont; Zürcher, Naber, Schuld; Lurati.
Bemerkungen: Schweden ohne Lindstein, Hellnemo; Schweiz ohne Schneller, Greuter, Leuenberger; 11. Pfosten Bystedt; 24. Latte Weber; 52. Timeout Schweiz.