Gerne gebe ich dir meine bescheidene Meinung zum Thema:

Original geschrieben von: mathias1008
Was ist nicht ganz verstehe:
Warum ist die Mehrheit gegen eine zukünftige Schliessung der National League?

Ich verstehe eine Ligadurchlässigkeit, in Fällen wie dem Englischen oder Deutschen Fussball. Wo Vereine mit ausreichender Finanzkraft, grosser Fanszene, etc. vorhanden sind wie Sand am Meer.
In diesen Ländern und Sportart ist es nicht selten, dass Klubs von der dritten in die erste Liga aufsteigen. Oder abrutschen.
Da machen Auf- und Abstiege Sinn.


Show-Spiele und dabei-sein-ist-alles mögen vielleicht in Nordamerika und den Olympischen Spielen funktionieren, aber in der europäischen Mannschaftssportkultur sind Auf- und Abstieg nun mal tief verwurzelt. Die Zuschauer möchten dramatische Spiele, unerwartete Meisterfeiern, Underdog-Cupsiege, überschwängliche Aufstiegseuphorie und himmeltrauriges Abstiegselend sehen und nicht langweilige goldene-Ananas-(Platzierungs)Spiele. Attraktiv ist für mich eine Meisterschaft bei der es in jedem Spiel um etwas geht – im Idealfall vom ersten bis zum letzten Qualispiel und anschliessend auch in der Post-Season. Sollte nun der Abstieg und somit der sportliche Druck von unten abgeschafft werden, verkommen unzählige Spiele zur reinen Farce, welche höchstens noch Show-Charakter haben. Das würde enorme Zuschauereinbussen für die betroffenen Klubs bedeuten. Wer möchte sich schon ein Spiel ohne jegliche sportliche Relevanz anschauen? Einen Gefallen würde man den chronischen Schwanzklubs damit sicher nicht machen.

Kannst du uns ein Beispiel nennen, wo eine geschlossene Liga in Europa funktioniert hat? Die DEL zum Beispiel hat die Liga vor einigen Jahren geschlossen. Nach mehreren Konkursen und anderen negativen Auswirkungen möchte man diesen Schritt nun wieder rückgängig machen. Siehe dazu auch: https://www.nzz.ch/sport/zu-wenig-argumente-fuer-eine-geschlossene-eishockey-liga-ld.1320408 (ist schon etwas älter). Weshalb also wieder genau den gleichen Fehler begehen und nicht von Erkenntnissen anderer Länder lernen?

Original geschrieben von: mathias1008
Auf unserer Hockeylandkarte finden sich jedoch nicht viele kompetitive Klubs.
Ambitionen und Voraussetzungen für die höchste Liga haben... vielleicht 14 - 16 Teams?

Warum also schreien alle nach einer hohen Ligadurchlässigkeit?

Will der HC Thurgau plötzlich aufsteigen? Wollen Arosa und Chur wieder in die National League zurück? (Bitte nicht als Angriff auf diese Vereine werten!)
Ich glaube kaum.
Eine Schliessung der National League würde diese Vereine nicht negativ betreffen. Ihr höchstes Ziel bliebe auch weiterhin der Meistertitel in der eigenen Liga.


Anstatt die Liga weiter zu vergrössern und damit gleichzeitig der zweithöchsten Liga endgültig den Stecker zu ziehen, wäre es viel sinnvoller auf zwei oder drei sehr attraktive 10er Ligen umzustellen. Mir ist klar, dass dies leider sehr unwahrscheinlich ist.

Original geschrieben von: mathias1008
Teams mit Ansrpüchen und Voraussetzungen auf die National League könnten aufgenommen werden. Niemand käme dabei zu schaden.


Und was ist mit den Klubs die noch nicht ganz so weit sind um in die NLA aufzusteigen? SCL, Visp, Chaux-de-Fonds, Ajoie und evtl. Olten. Alle Teams die nicht innerhalb von 1-2 Jahren in die geschlossene höchste Liga aufsteigen, werden in der aktuellen Form nicht mehr finanzierbar sein. Man müsste komplett auf Halbprofi oder sogar Amateur-Sport umstellen. Ambitionierte Spieler die den Sprung in die NLA nicht auf Anhieb schaffen, würden sich in einem solchen Szenario, sicher auch zweimal überlegen, ob sie bereit sind für ein Butterbrot in einer Liga ohne Zuschauer und Perspektiven zu spielen oder ob es nicht klüger wäre, die Schlittschuhe an den Nagel zu hängen und einen normalen Job zu finden.

Original geschrieben von: mathias1008
Teams wie Rappi, Ambri und Langnau könnten längerfristig planen, da der erste Gedanke Anfang Saison nicht mehr der Nichtabstieg und damit die Gefährdung des Vereins sein würde. Die Klubs könnten langfristige Planungen mit jungen Spieler eingehen und versuchen sich möglichst gut für allfällige Playoffteilnahmen aufstellen.

Insbesondere in der Förderung von jungen Spielern, würde ich mir im Falle einer geschlossenen Liga vieles versprechen. Es müssten weniger teure/ältere Spieler von grossen Vereinen recycelt und nicht jeden Abend ums verrecken der beste Kader "geiced" werden um sich schnellstmöglich aus dem Abstiegssumpf zu verschwinden.
Der Entwicklung des Vereins und seinem höchsten Gut, den Spielern, könnte eine viel höhere Bedeutung zugekommen lassen werden.


Meiner Meinung nach ist die höchste Liga eines Landes das falsche Gefäss um Junioren an den Männersport heranzuführen. Ausser für ganz wenige absolute Ausnahmetalente ist der Schritt von den Juniorenligen direkt in die NLA viel zu gross. Diese Heranführung findet richtigerweise in der zweit- oder dritthöchsten Liga statt. Mit einer Ligaschliessung würde das Niveau in der zweithöchsten Liga extrem sinken, was sich auch auf die Qualität der Juniorenausbildung auswirken wird.

Auch in der geschlossenen NHL (die du ja als Vorbild verstehst) werden nicht einfach irgendwelche Junioren eingesetzt um sie auszubilden, weil die Teams ja sowieso nicht absteigen können. Schlussendlich ist es Profisport für den die Zuschauer und Sponsoren bezahlen und auch zurecht den Anspruch haben, das beste Produkt mit den besten Spieler und den vielversprechendsten Talenten zu sehen.

Versteh mich nicht falsch, ich befürworte, dass pro NLA-Team einige sehr talentierte Junioren regelmässig eingesetzt werden. Diese Junioren sollten aber möglichst gleichmässig auf die einzelnen Teams verteilt werden. Es würde niemanden gedient, wenn das halbe Kader eines Teams aus teilweise massiv überforderten Junioren zusammengestellt werden würde, nur weil man nicht absteigen kann. Eine Regelung dass z.B. drei U21-Spieler pro Match und Team eingesetzt werden müssen (wie in Schweden), würde ich aber sofort unterschreiben.

Zu deinem Punkt mit der langfristen Planungen mit jungen Spieler: Sobald heute ein vielversprechender junger Spieler eine gute Saison in einem kleinen Klub gespielt hat, winken die Grossklubs sofort mit den Geldscheinen und der Spieler ist weg. So ist ein langfristiger Aufbau schlicht nicht möglich. Das ist für mich eher ein Problem, welches angegangen werden sollte.

Original geschrieben von: mathias1008
Würden wir kurz- und mittelfristig an Qualität einbüssen? Klar.
Es würden aber auch neue Plätze für Spieler geschaffen und damit die Perspektiven auf einen Vertrag in einer der besten Hockeyligen verbessert und damit wiederum neues Talent erzeugt werden.
Die NHL hat 1967 übrigens, nach 25 Jahren mit sechs Mannschaften, die Ligagrösse auf einen Schlag verdoppelt. Auf 12 Teams.
Bald wird Seattle als 32. Team in den Meisterschaftsbetrieb einsteigen. Qualität kann auch wieder gewonnen werden.


NHL-Vergleiche machen aufgrund der massiven Grössenunterschiede nur bedingt Sinn. Wie bereits von meinem Vorschreiber genauer erläutert.

Original geschrieben von: mathias1008
Schlussendlich würden mehr Teams, mehr Fans schaffen und Kinder zum Hockey bewegen. Das sollte sowieso das höchste aller Ziele sein, den die Anzahl Hockeyspieler ist neben der Qualität der Ausbildung für die Leistungsfähigkeit unserer Eisgenossenschaft verantwortlich.
Wir sollten in diesem Zusammenhang vielleicht auch lernen, dass unser grösster Gegner nicht andere Vereine, sondern andere Sportarten sind.


Nur weil man die Anzahl NLA Team erhöht, heisst das noch lange nicht, dass dadurch mehr Fans gewonnen werden. Diese Rechnung geht nicht auf. Mehr Fans und mehr eishockeybegeisterte Kids werden eher durch eine hohe Attraktivität des Produkts CH-Eishockey geschaffen. Und ob die Qualität des Eishockeys bei einer geschlossen NLA gesteigert wird, wage ich zumindest sehr stark zu bezweifeln. Negative Beispiele aus anderen Ländern sind genügend vorhanden.

Was ich in der ganzen Diskussion um eine Ligaschliessung sehr unterhaltsam finde, sind die Meinungen gewisser Klubvertreter und CEO's. Ein Lengwiler jammert, dass bei einem Abstieg vom EVZ hunderte Arbeitsplätze verloren gehen würden und dass dies nicht merh zeitgemäss sei. Er blendet aber komplett aus, das im Gegenzug der Aufsteiger hunderte Arbeitsplätze schaffen könnte. Auch Zahner blässt ins gleiche Horn. Ein McSorley redet im Puckoff Podcast von dieser Woche davon, dass er in den nächsten 1-2 Jahre den Meistertitel nach Genf holen wird. Gleichzeitig macht er sich aber wegen einem allfälligen Abstieg in die Hosen und sagt wie schlimm diese Erfahrunge gewesen sei. Das ganze ist an Lächerlichkeit kaum zu überbieten. Da redet der Krösus der Liga über die Abstiegsangst, obwohl sie in den letzten 15- 20 Jahren mit den Abstieg genau so viel zu tun hatten, wie ein Langnau oder Rappi mit dem Meistertitel...

Zum Glück werden mittlerweile auch spannende Vorstösse wie der Salary Cap diskutiert. Wenn dadurch die Liga effektiv ausgeglichener wird, kann das dem Sport nur gut tun.

Original geschrieben von: mathias1008
Das ist mein kleiner Beitrag zur ganzen Liga-Geschichte. Ich sehe aktuell keine Gründe, langfristig an Auf- und Abstieg festzuhalten.
Ich finde es toll, dass aktuell derart viel über die Liga gesprochen wird.

Ich freue mich auf eure Rückmeldungen und bin offen dazuzulernen.


Wie du siehst sind wir ziemlich gegenteiliger Meinung. Ich hoffe aber trotzdem, dass ich dich mit meinen Gedanken nicht zu sehr abgeschreckt habe und bin gerne zu einer sachlichen Diskussion bereit.