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«Go Baby, go!»
Das Schweizer Eishockey hat einen ihrer Rock`n`Roller wieder! Misko Antisin (46) ist zurück - als Trainer eines Zweitligisten. Einst ein emotionaler Haudegen auf dem Eis, trichtert Antisin nun jungen Kanadiern ein, nicht «dirty» zu spielen

«Go Baby, go!» So treibt Antisin seine Spieler an, wenn sie zum Konter ansetzen. In Anbetracht des Alters seiner Schützlinge, die zwischen 17 und 23 sind, nicht ganz abwegig. Den Schiedsrichtern schreit er ihre Fehler erbarmungslos und laut ins Gesicht. Auf Schweizerdeutsch. «Hockey ist meine Leidenschaft. Die Emotionen sprudeln aus mir heraus, auch als Trainer auf der Bank», sagt er schmunzelnd.

Zwei Stunden zuvor. Die Sportanlage Eselriet, ausserhalb von Effretikon. Aus der Dunkelheit treten ein Dutzend Spieler mit ihren Hockeytaschen, adrett gekleidet. Jeder trägt Jackett und Krawatte. «Wie es sich für ein kanadisches Team gehört», sagt Antisin, der jeden seiner Spieler um fast einen Kopf überragt. Er selbst, noch immer von stattlicher Postur, hat sich eine glänzend blaue Krawatte gebunden. Sein Rumpfteam macht sich auf den Weg in die Garderobe, Antisin geht ins Restaurant.

Vor zehn Tagen ist der Kanadier zurückgekehrt, um das Team Sisec NorthAM Select Canada (siehe Text rechts) als Trainer zu übernehmen. Die Mannschaft besteht aus kanadischen Junioren, die eine Saison in Engelberg verbringen, um 2.-Liga-Hockey zu spielen. Dafür hat der einstige NLA-Haudegen (ZSC, Ambri, Zug, Lugano, Servette) im kanadischen Kelowna seinen Trainerjob aufgegeben.

Nach seinem Rücktritt als Spieler 2002 kehrte der nun 46-Jährige nach Kanada zurück. Er absolvierte alle Stufen der Ausbildung zum Junioren-Trainer und fing in Kelowna mit dem jüngstem Team an. Antisin arbeitete sich in acht Jahren bis zur höchsten Stufe hoch - ohne Lohn. Der Ex-Stürmer lebte vom Ersparten aus seinen 18 Profi-Jahren in der Schweiz.

Das Angebot, in seine einstige Heimat zurückzukehren, kam ihm daher gerade recht. Der Kontakt mit Sisec-Manager Fred Voser kam über Antisins Ex-Teamkollege bei Lugano, Mark Astley, zustande, den Voser zuerst für den Trainerjob in Engelberg angefragt hatte. Astley musste jedoch ablehnen, weil es die Pflege seines autistischen Sohnes nicht zulässt.

Antisin sagte zu - auch in der Hoffnung, in der Schweiz seine Trainerkarriere vorantreiben zu können. «In Kanada wäre es für mich fast unmöglich, ein Profiteam übernehmen zu können», erklärt er. Da müsse man sich als Spieler in Nordamerika einen Namen gemacht haben. Antisin hat zwar einen Ruf, aber in der Schweiz. Als Trainer von Sisec wird der Kanadier nun entlöhnt. Sein Salär wird durch einen Teil des Studiengeldes von 35000 Franken, das jeder der Spieler für seine Saison hierzulande bezahlt, finanziert.

Das Warm-up ist vorbei. Trainer Antisin tritt zu seinem Team in die Garderobe, er richtet prägnante Worte an seine Spieler. Von Leidenschaft ist hauptsächlich die Rede. Damit kennt sich der 1,90-m-Brocken aus. Kein Gegenspieler legte sich gerne mit Antisin an. «Ja, ich habe hart gespielt», sagt er. Und das Feuer blitzt gleich wieder in seinen Augen auf. «Jetzt aber will ich nicht, dass meine Jungs dirty spielen.» Antisin stellt klare Regeln auf. Die Spieler wissen stets, woran sie bei ihm sind. «Weil ich sie lobe, wenn sie gut waren und sie zusammenscheisse, wenn sie Mist spielen.» Er bleibe sich selbst immer treu.

Antisin tritt hinaus, schaut gen Himmel. Es hat zu regnen begonnen. «Ein Spiel auf einem Aussenfeld bei strömendem Regen, auch das gehört dazu.» Dass er dies erlebt, lässt ihn schmunzeln. Viel mehr als die Leistung seines Teams, das bloss aus zweieinhalb Blöcken besteht. Anfangs kann die kanadische Jugend den Rhythmus halten, 0:5 lautet das Verdikt nach 60 Minuten - Prügelei inklusive.

«[censored]!» Es ist die zweite Niederlage im dritten Match mit Antisin. Zufrieden ist er dennoch, weil sein eingeführtes Spielsystem besser und besser greift. Unzufrieden, weil seinen Jungs die Leidenschaft abhanden gekommen sei. Die Leidenschaft fürs Hockey, um sie dreht sich Antisins Leben noch immer. Heute um 16.30 Uhr folgt gegen Bassersdorf das nächste Spiel.


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Es spielen auch Schweizer in KanadaKanada-Schweizer Fred Voser (46) ist der Initiant des Swiss International Sports & Education Center (Sisec). Als er als 2.-Liga-Trainer bei Küssnacht und Luzern amtete, wurde er von Eltern junger Spieler gefragt, ob keine Möglichkeit bestehe, sie nach Kanada in ein Juniorenteam zu schicken.

2004 rief Voser das Sisec Selects AAA Midget Team ins Leben, das er heute noch coacht. Junge Schweizer können für 31 000 kanadische Dollar ein Jahr in Ches-termere, einige Kilometer ausserhalb von Calgary, verbringen und in der Junioren-Liga mitspielen. «Weil unser Team konkurrenzfähig ist, interessierten sich Eltern der kanadischen Teenager, ob es Sisec auch in der Schweiz gibt», erzählt Voser. Seit 2009 ist dies der Fall. Mit einer Spezialbewilligung des Verbandes durfte Sisec NorthAM Select Canada in die 2. Liga einsteigen - spielt sogar in beiden Gruppen der Ostschweiz!

Der Tagesablauf in Engelberg ist geregelt. Nach dem morgendlichen Training ist eine Lernzeit eingeplant, in der die jungen Kanadier, die bei Gastfamilien wohnen, ihrem Fernstudium nachgehen. Mehrmals pro Woche stehen Deutsch-Lektionen an.


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