Langenthal gewinnt ein verrücktes Derby

Von Leroy Ryser

Der SC Langenthal gewinnt zu Hause ein verrücktes Derby gegen die SCL Tigers mit 5:4 nach Verlängerung. Die Tigers führten zwar mit 4:1, drei Mal kassierten sie aber kurz vor Schluss einen Gegentreffer. Im zweiten Drittel führte dieser zum 4:2, sechs Sekunden vor Schluss zum 4:4 und eine Sekunde vor dem Penaltyschiessen traf Campbell zum 5:4-Sieg aus Langenthaler Sicht.

Das erste Derby der Saison war direkt nach dem Cup angesetzt. Und nach dem 1.-Liga-Groove hatten die beiden Mannschaften von der ersten Minute an ein ganz anderes Tempo gezeigt. Das Heimteam aus Langenthal brauchte aber einen kurzen Moment um dieses Tempo anzunehmen. Langnau war entsprechend beim Start etwas besser und konnte dadurch bereits in der zweiten Minute die Führung verzeichnen. Es war ein Puckgewinn im rechten Eck des offensiven Drittels. Der Angriff sollte mit einem Querpass von Adrian Gerber auf Simon Sterchi enden. Sterchi hatte freie Schussbahn und nutzte dies mit dem Treffer zum 1:0 aus. Langenthal reagierte aber prompt und erhöhte nun das Tempo. Sofort versuchten sie den Ausgleich zu erzielen und nach je einem harmlosen Überzahlspiel der beiden Teams war es soweit. Pascal Gemperli schloss auf der einen Seite ab, der Abpraller auf der anderen Seite konnte Jeffrey Füglsiter nutzen. Bei seinem Abschluss war Damiano Ciaccio auf noch auf der anderen Seite, weshalb der Ausgleich resultierte. Der Spielstand blieb bis zum Drittelsende, obwohl die Tigers eine, sowie der SCL zwei Möglichkeiten in Überzahl verzeichnen konnte.

Der Start des zweiten Drittels glich dem ersten. Langenthal musste zuerst aufgeweckt werden und dies passierte nach 34 Sekunden bei einem Buebetrickli von Thomas Nüssli, welches zum 2:1 für die Tigers führte. Dann erhöhte abermals der SCL das Tempo und verzeichnete dabei die zweite gute Phase in dieser Partie. Der Ertrag blieb jedoch aus, den Langnauern gelang es das eigene Tor energisch abzuschirmen und so kam es nur zu wenigen Abschlussmöglichkeiten. Als dann Langnau wieder erwachte erhielt der Gastgeber eine Lehrstunde vom Ex-NLA-Team. Die Emmentaler waren nicht nur aggressiv und schnell im Angriff, sie waren auch effizient. In der 28. Minute traf Sandro Moggi zum 3:1, in der 33. Minute war es der Ex-Langenthaler Yves Müller der das 4:1 bewerkstelligte. Damit hätte das Drittel eigentlich ein Ende finden können, als dann Lukas Haas aber auf die Strafbank gehen musste, kam der SCL zu einer Annäherungsmöglichkeit. Immerhin diese Überzahlsituation wurde nach der Schwächephase erfolgreich genutzt: David Stämpfli traf mit einem platzierten Blue-Line-Abschluss etwas überraschend zum 2:4 eine halbe Minute vor der Pause.

Nach der Partie musste man auf Langenthaler Seite eingestehen, dass die Tigers die ersten 50 Minuten grösstenteils im Griff hatten. Langenthal hatte zwei gute Phase, konnte aber zu wenig Gefahr auf das gegnerische Tor entwickeln. Dann wurde dem SCL aber mit viel Glück und Güte nachgeholfen. David Stämpfli wurde hinter der Mittellinie bedrängt, weshalb der Verteidiger in hohem Bogen in Richtung Tor befreien wollte. Völlig harmlos? Dachte man. Damiano Ciaccio liess den Lobb aber auf unerklärlicher Weise passieren, nachdem die Scheibe kurz vor ihm aufsprang. Nach dem 4:3 begannen die Langnauer zu zittern, aber der SC Langenthal hatte die Möglichkeit zum Ausgleich fast schon wieder abgegeben. Jeffrey Füglister kassierte zweieinhalb Minuten vor dem Ende eine Strafe, während sechs gegen fünf Feldspieler auf dem Eis waren. War damit die Niederlage 136 Sekunden vor Schluss besiegelt? Die Tigers konzentrierten sich auf den Scheibenbesitz, suchten den Entscheid aber nicht. Dies wurde tatsächlich bestraft. Eine Sekunde vor Ablauf der Strafe und 17 Sekunden vor Schluss durfte der SCL ein Bully in der offensiven Zone spielen. Jeff Campbell gewann die Scheibe, Jeffrey Füglister eilte in die Offensive und schliesslich war es der zuvor bestrafte, der die Scheibe im Tennis-Stil in die Maschen drosch. Lediglich sechs Sekunden vor Schluss steuerte Füglister seinen zweiten Treffer bei.

Die Partie sollte also in der Verlängerung gipfeln und darin hat sich der kleine SCL zuerst erneut selbst geärgert. Stefan Tschannen war es, der nach 69 Sekunden auf die Strafbank musste. Ein Steilpass für den Grossen SCL? Nein. Zu harmlos war das Powerplay der Tiger an diesem Abend. Tschannen kehrte zurück und der SCL konnte wieder am Sieg riechen. Brent Kelly war es, der dann gleich zwei Mal über die rechte Seite die Langnauer durchlief. Mit unglaublichen Tempo liess er beim zweiten Anlauf Di Domenico links liegen. Dieser griff gleich zwei Mal unerlaubt ein und kassierte zwei-mal-zwei Strafminuten. Nun waren die Langenthaler in Überzahl, so richtig klappen wollte es aber nicht. Langnau befreite und abermal schien das Ende nahe. Denkste! Bei einer Kontersituation in Überzahl (!) entwischte Stefan Tschannen auf der linken Seite. Jeff Campbell, der kurz zuvor noch am eigenen Tor verteidigte sprintete in einem Energieanfall nach vorne, nahm die Scheibe direkt ab und traf zum frenetisch umjubelten 5:4-Siegtreffer. Der Blick auf die Anzeigetafel liess den Jubel noch grösser werden. Das erste SCL-SCL-Derby der Saison hätte nur noch eine weitere Sekunde gedauert.

Langenthal lässt damit das Unmögliche geschehen. Was aus Sicht der Langnau niemals hätte passieren dürfen, hat der kleine SCL vor über 4000 Zuschauern geschafft. Im Hinblick auf das nächste Derby, am Dienstag gegen Olten, der genau richtige Energieschub.

Langenthal – SCL Tigers 5:4 n.V (1:1, 1:3, 2:0, 1:0)

Schoren.– 4108 Zuschauer. – SR Popovic; Gnemmi/Micheli. – Tore: 2. Sterchi (Adrian Gerber, Haas) 0:1. 11. Füglister (Gemperli, Triulzi) 1:1. 21. Nüssli 1:2. 28. Sandro Moggi (DiDomenico, Bucher) 1:3. 33. Müller (Sandro Moggi, DiDomenico) 1:4. 40. Stämpfli (Campbell/Ausschluss Müller) 2:4. 54. Stämpfli 3:4. 60. Füglister (Langenthal ohne Torhüter) 4:4. 65. Campbell (Tschannen/Ausschluss DiDomenico) 5:4. – Strafen: Langenthal 5mal 2 Minuten, SCL Tigers 8mal 2 Minuten. – Langenthal: Eichmann; Stämpfli, Schüpbach; Fröhlicher, Welti; Pienitz, Minder; Küng; Kelly, Campbell, Tschannen; Triulzi, Gemperli, Füglister; Arnold, Lüssy, Carbis; Ranov, Küng, Hobi. – SCL Tigers: Ciacco; Hecquefeuille, Kim Lindemann; Stettler, Müller; Flückiger, Ronchetti; Rüegg; Nüssli, Claudio Moggi, Sven Lindemann; Sterchi, Adrian Gerber, Haas; Sandro Moggi, DiDomenico, Bucher; Wyss, Albrecht, Tom Gerber.

Bemerkungen: Langenthal ohne Kaufmann (Partnerteam), Schäublin, Schefer und Kämpf (alle verletzt). SCL Tigers ohne Zyrd, Rexha, Gustafsson, Bärtschi (alle verletzt).