Ungenaue (oder unehrliche?) Kommunikation sowie mangelnde Berichterstattung war nie Sache der Wissenschaft, sondern das Informations-Medium, das wir diesbezüglich von Politik und Medien erhalten. Als letzten Sommer die Maskenpflicht eingeführt wurde, hatte ich den Eindruck, dass sie die viel zu viel eingekauften Masken nun an den Mann bringen mussten. Nach fast einem Jahr sehe ich die Sache natürlich anders, aber damals, nach dem kommuniziert wurde, dass eine Maskenpflicht nicht nötig sei, hab' ich das halt im Juli demzufolge entsprechend interpretiert. Unter ehrlicher Kommunikation verstehe ich zB: "Momentan sind nicht genügend Masken im Angebot, deshalb macht es keinen Sinn, eine Maskenpflicht zu verordnen. Sobald ein genügender Vorrat an Masken besteht, wird eine Maskenpflicht verordnet." Hab' sogar ein vom BAG publiziertes PDF vom Mai 2020, über Fragen und Antworten bezüglich Masken: Frage 11 "Wie weiss ich, dass meine Stoffmaske sicher vor Ansteckung schützt?? Antwort: "Stoffmasken bringen Ihnen keinen Schutz vor einer Ansteckung oder erhöhen sogar das Risiko". In einem anderen PDF des BAG übers Maskentragen (letztmals aktualisiert am 24.07.2009!!) empfiehlt das BAG der Bevölkerung einen persönlichen Vorrat über 50 Hygienemasken anzulegen. Davon wusste ich auch erst seit einem Jahr, da ich mich nicht mit dem Thema befasst hatte. Eben, wie gesagt, ehrliche Kommunikation und Transparenz sind m.E. der einzig gangbare Weg. Allers andere führt zu Unsicherheit, und gibt zB sogar Verschwörungstheorien Vorschub. Leider ist in einer Kultur, in der man sich nicht traut, seine Fehler zuzugeben, letzteres eher die Mode - das BAG kommunizierte selbstverständlich nicht, dass aufgrund der Leerung des Pandemielagers im April 2018 ein Mangel an medizinischem Material vorhanden war, nebst den Masken fehlte auch Desinfektionsmittel. Ausserdem wäre noch genügend Zeit gewesen, bis im Frühjahr 2020 das Land optimal mit medizinischem Material zu versorgen. Wo nicht ehrlich und transparent kommuniziert wird, wird auch einiges verpennt (btw. das sollte kein Vorwurf an bestimmte Personengruppen sein, sondern ein weiteres Armutszeugnis an uns als Kollektiv).
Ein weiteres Beispiel m.E. falscher Kommunikation war die Antwort des BR auf die Frage, weshalb in den ÖV, aber nicht in den Clubs Maskenpflicht gelte: "In den Clubs könne man auf die Covid-App zählen, in den ÖV sei das nicht möglich". Hallo, wenn man es wirklich mit einem gefährlichen Virus zu tun hat, dann schützt man sich primär vor Ansteckung, und zählt nicht sekundär auf eine Tracking-App.
Die andere Seite war die Umsetzung der Maskenpflicht in der Bevölkerung. Zuerst galt diese nur in den ÖV. So wie die Leute mit den Masken umgingen wurde das Virus verschleppt - sobald der Zug im Zürich HB ankam, fielen die Masken, auch in Rail-City. Erst seit 19.10.20 gilt die Maskenpflicht überall an den Bahnhöfen. Damals stiegen die Zahlen auch weiter. Die erste Novemberwoche war der Höhepunkt der zweiten Welle, danach sanken die Zahlen wieder. Dank den Massnahmen? Oder weil die Schweiz bereits einen gewissen Grad an Durchseuchung erreicht hatte? -> bis kurz vor Weihnachten gab es keine nenneswerte Verschärfungen der Massnahmen, die Restaurants durften auch ihre Innenbereiche offen lassen, bis am 22.12.20; die Zahlen sinkten trotzdem weiter. Aktuell sinken die Zahlen ebenfalls, trotz Lockerungen. Einerseits dank der Impfung, andererseits bin ich überzeugt, dass die Durchseuchung auch schon fortgeschritten ist. Wir sind jetzt in einer "konfortablen" Situation, aber die hat ihre Opfer (zB über 10'000 Tote!) gefordert.

Auch mit der Impfung ist das so eine Sache. Es wird beteuert, dass sich möglichst viele impfen lassen, diese "solidarische Pflicht" sind wir einander schuldig. Jaja, aber so wie wir zuerst die Alten und Vulnerablen impfen, sollte man zuerst dort impfen, wo die Gesundheitssysteme schwach sind. Schliesslich ist die Pandemie weltweit, oder kümmern uns nur die 10'000 Schweizer Toten, und nicht jene in Indien, Nepal, Brasilien etc.? Ich hoffe nicht, dass sich das Impfstoffhamstern der reichen Länder in Sachen Mutationen rächen wird...ich würde es ja nicht heraufbeschwören, aber wir können es (noch!) nicht wissen, und somit auch nicht ausschliessen.

Das ist es eben mit dem Wissen. Nach der Pandemie können wir unser Verhalten, unser Denken erst richtig beurteilen. Oder ob der BR einen guten Job gemacht hat. Vor einem Jahr hielt ich den Lockdown für einen Schildbürgerstreich. Das hatte glaub ich auch mit der Kommunikation zu tun, zB es sterben fast nur alte Menschen, ähnlich wie bei einer Grippe etc. was mich zu dem Gedanken verleitete "weshalb sollte man wegen einer etwas stärkeren Grippe als normal die Wirtschaft an die Wand fahren"...heute weiss ich es auch besser, pardon, glaub ich es besser zu wissen als damals. Länder, die die No-Covid Strategie angewandt hatten, sind wirtschaftlich weniger geschädigt, als Länder, die "mit dem Virus leben" (diese Strategie hat sich offenbar bei uns durchgesetzt). Und auch Long Covid, davon konnte vor einem Jahr keiner wissen, selbst jetzt bewegen wir uns diesbezüglich weitgehend im Bereich der Hypothesen, doch klar ist, nach der Pandemie wird Long Covid noch gegenwärtig sein...

Selbst wenn die neuen Fallzahlen momentan sinken, es ist nicht auszuschliessen, dass diese Pandemie von den meisten deutlich unterschätzt wird. Über die Qualität der verschiedenen Imfpstoffe werden wir uns frühestens erst irgendwann im nächsten Jahr bewusst sein. Als Chile bereits ein Drittel der Bevölkerung mit Sinovac (Wirkung angeblich nur 50%) geimpft hat, erleideten sie eine neue Infektionswelle aufgrund der Brasilianischen Variante. 50% von einem Drittel sind immer noch ein Sechstel. Wir nähern uns einem Siebtel der Bevölkerung, eine Infektionswelle wäre bei uns trotz Impfung noch möglich.

Es ist immer wieder interessant, die Studien auf JAMA Networks durchzulesen. So kommunizieren die Wissenschaftler, politisch neutral, einfach die nackten Ergebnissse der verschiedenen Studien...
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2011 doppeltes Jubiläum: 90 JAHRE HC DAVOS - 30 MAL SCHWEIZERMEISTER HC DAVOS;-)