Hallo zusammen

ich bin so ein Stadtrat (das mit den Waschlappen verbiete ich mir übrigens smile ).

Wie in verschiedenen Posts geschrieben, ist das Stadionprojekt ein sehr "heikles" Geschäft und ist höchst umstritten sowohl in den politischen Behörden als auch im "Volk". Der Vergleich mit der damaligen Stadttheatervorlage ist durchaus angebracht - gegeneinander ausspielen sollte man die beiden Dinger aber definitiv nicht.

Dass das aktuelle Geschäft 2 Runden (resp. 2 Lesungen) im Stadtrat macht, ist darum nicht erstaunlich und hoffentlich auch sinnvoll. Der Stadtrat in seiner Funktion ist/kann oder sollte auch ein Gradmesser dafür sein, wie eine Vorlage bei der Bevölkerung ankommt. Dementsprechend ist es wichtig, dass die Kritik an der Vorlage ernst genommen wird. Wenn es richtig läuft, ist die Vorlage nach der 2. Lesung "mehrheitsfähiger" als sie jetzt ist.

Jetzt warum ist es "soweit" gekommen (kompliziert aber ich versuche es):

Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) welche die Geschäfte im Vorfeld des Stadtrats prüft, ist zum Schluss gekommen, dass der Sachzusammenhang zwischen den Punkten Planungskredite fürs Hard einerseits, und dem Infrastrukturkredit für den Schoren andererseits, zumindest fraglich sei. Sie hat darum dem Stadtrat beantragt eine 2. Lesung durchzuführen und den Gemeinderat zu beauftragen die beiden Punkte zu trennen und in 2 Geschäften zu "bringen". Wenn das vom Stadtrat so akzeptiert worden wäre, hätte das übrigens auch bedeutet, dass der Stadtrat z.B. den Planungskredit in eigener Regie (ohne das Volk) hätte beschliessen können.
Das mit dem "Sachzusammenhang" ist so eine Sache :-), die Befürchtung war dort, dass wenn jemand gegen den Volksentscheid klagen würde, dass ein Gericht unter Umständen den Sachzusammenhang auch verneinen würde und die Volksabstimmung ungültig wäre. Wie wahrscheinlich dieses Szenario ist oder wäre sei dahingestellt, ich bin auch kein Jurist.
Zudem hatte die GPK vom Gemeinderat noch etliche Unterlagen eingefordert (unter anderem vorallem Verträge oder Protokolle betreffend der Eigentumsbereinigung zwischen der SCL AG und der KEB), diese wurde aber aus nicht klar nachvollziehbaren Gründen bis zur Stadtratssitzung nicht geliefert, worauf die GPK die 2. Lesung mit einem weiteren Auftrag an den GR "ausstattete" bis dann die Unterlagen zu liefern.

Die Beratung im Stadtrat (letzten Montag) hat dann folgende Ergebnisse geliefert.

Ein Antrag der SP/GL Fraktion wurde angenommen, dass im Infrastrukturteil die CHF 107'000.- für neue Parkplätze neben der Curlinghalle gestrichen werden soll. Man war grossmehrheitlich der Meinung, dass man nicht nochmal soviel Geld für Parkplätze ausgeben will, die wir in ein paar Jahren wieder rückbauen müssen.

Ein Antrag aus den Reihen der FPD Fraktion, dass der gesamte Rahmenkredit von 2.25 Mio auf 2.05 Mio gekürzt werden soll wurde angenommen. Die Erklärung dafür ist, dass der Gemeinderat unbedingt eine Volksabstimmung will und darum das Geschäft "künstlich" auf über 2 Mio "aufgeblasen" hat, weil es erst ab dieser Grenze zwingend eine Abstimmung braucht. Der SR sieht das ein, will aber dass man den Kredit näher an diese 2 Mio Marke "platziert".

Der Antrag der GPK auf eine 2. Lesung wurde angenommen aber nur unter der Auflage der Nachlieferung der geforderten Unterlagen und der Umsetzung der beiden angenommen Anträge in der Abstimmungsbotschaft. Die Aufteilung in 2 Geschäfte wurde explizit und deutlich abgelehnt, dass heisst auch der SR will eine Volksabstimmung und geht das oben beschriebene "Risiko" ein.


Fazit

Wenn nun alles so wie geplant läuft, ist die Chance vorhanden, dass in der 2.Lesung die Vorlage mit einem "vernünftigen" Mehr durchgeht, was definitiv wichtig ist als Zeichen für die Volksabstimmung. Jedenfalls besser als wenn die Vorlage letzten Montag mit Hängen und Würgen knapp angenommen worden wäre.

Vielleicht noch eine Einschätzung zu den Kräfteverhältnissen im SR, respektive zu den Beweggründen der SR Mitglieder.

Ein Teil interessiert sich nicht für Eishockey und ist nicht bereit, respektive findet es grundsätzlich falsch, dort einen grossen Teil unserer Steuergelder hinfliessen zu lassen.

Ein Teil findet das zwar alles super, hat aber Angst um unsere Finanzen (Steuererhöhung..), resp. hat Angst, dass man dann andere Projekte zurückstellen müsste (Kindergärten etc.)

Ein Teil sind "bedingungslose" SCL Fans.

Ein Teil sind SCL Fans aber auch Kulturfans und finden es wichtig, dass in Langenthal in allen Sparten etwas läuft (dazu gehöre ich :-) ).

Voilà

Ich hoffe, dass erhellt die Geschichte etwas :-)

Gruss

Roland L. (Stadtrat)