Original geschrieben von: Rugenbräutrinker

Ernsthaft? Wenn ein Arbeitgeber entscheidet, dass er seinem Arbeitnehmer künftig nur noch 500k statt 700k zahlen will, nachdem dessen befristeter Vertrag ausgelaufen ist, kann der Arbeitnehmer gerichtlich dagegen vorgehen? Welcher Jurist ist sich da unsicher?


Juristerei ist nicht wirklich dein Gebiet Rugi, gell?

Aber zu deiner Frage, welcher Jurist sich da unsicher ist: Eine 10 sekündige Suche auf Google brachte mir hierbei schon den ersten Namen: Dr. Johannes Öhlböck, Rechtsanwalt in Wien. Ich vermute mal, er ist nicht der einzige Jurist, der es etwas komplexer sieht als du.

Salary Caps als Verstoß gegen EU-Kartellrecht

Jede neue Regelung, die eine Deckelung von Gehältern der Fußballspieler (salary cap) vorsieht, ist am Maßstab des EU-Kartellrechtes, konkret Art 101 Abs 1 AEUV (Kartellverbot) zu prüfen. Das Kartellverbot verbietet Beschränkungen des Wettbewerbs. Hierzu gehören etwa Preisabsprachen, Wettbewerbsverbote, oder Marktaufteilungen. Wenn ein Fußballclub oder ein Fußballverband Salary Caps einführt, wird bewusst darauf verzichtet, die Kalkulation unabhängig durchzuführen. Verbände und Vereine würden damit den Wettbewerb um die besten Spieler beeinflußen. Spieler und die Spielermanger (Spielervermittler) könnten damit nicht mehr jene Beträge aushandeln, die bei freiem und unverfälschten Wettbewerb erzielbar wären. Salary Caps würden damit mit hoher Wahrscheinlichkeit eine künstliche Preissenkung und einen künstlichen Nachfragerückgang bewirken.

Liegt ein Verstoß gegen das Kartellverbot vor, greift die Rechtsfolge von Absatz 2, die regelt, dass die nach diesem Artikel verbotenen Vereinbarungen oder Beschlüsse nichtig sind. Zudem ist die Sanktion der Geldbuße zu berücksichtigen. So kann die EU-Kommission (Art 23 VO 1/2003) Geldbußen bis zu 10 % des Gesamtumsatzes eines Jahres verhängen.
Ausnahme möglich? Kollektivvertrag im Fußball als Lösung?

Eine Möglichkeit, diese Nichtigkeitssanktion zu umgehen, besteht nur, wenn eine freistellungsfähige Ausnahmesituation vorliegt. Die Grenzen dafür sind sehr eng. Es müssten sich nämlich aus der Vereinbarung von salary caps gesamtökonomische Vorteile ergeben und die Verbraucher müssten daran angemessen beteiligt werden. Allein diese Voraussetzungen sind kritisch zu durchleuchten. Schließlich müsste die Wettbewerbsbeschränkung unerlässlich sein, was wohl ebenfalls schwer darstellbar ist.

Eine Alternative dem Kartellrecht zu entfliehen wäre die Einführung von Kollektivverträgen, wie sie in den USA teilweise existieren. Einschlägig dafür ist eine Entscheidung des EuGH aus 1999 (C-67/96), die Tarifverhandlungen von Sozialpartnern in den Niederlanden zur Verbesserung von Arbeitsbedingungen zum Gegenstand hatte. In dieser Entscheidung hat der EuGH ausgesprochen, dass die im Rahmen von Tarifverhandlungen zwischen den Sozialpartnern im Hinblick auf diese Ziele geschlossenen Verträge aufgrund ihrer Art und ihres Gegenstands nicht unter das Kartellverbot fallen (Rz 60). Doch auch in diesem Fall müssten Rahmenbedingungen und Organisationen geschaffen werden, die aktuell noch nicht existieren. Konkret wären das kollektivvertragsfähige Vertragspartner und schließlich müsste dargelegt werden, dass auch im Spitzenbereich des Fußballs dieselben Parameter gelten wie im klassischen Arbeitsrecht.

Zusammenfassend ist es – vor dem Hintergrund von europäischem Kartellrecht – nicht sonderlich realistisch, dass es gelingen kann, ein System zur Deckelung von Gehältern zu etablieren.


Ergänzung: Wenn wir schon Jus-Stunde haben heute, sollte ich vielleicht auch noch die Quelle korrekt angeben: https://www.raoe.at/news/single/archive/gehaltsobergrenzen-im-fussball-rechtlich-zulaessig/


Bearbeitet von Caipi (18/10/2018 15:36)