ZSC sucht den Zug aufs Tor
Auf dem Papier gehören die ZSC Lions auch diese Saison zweifellos zu den Titelfavoriten. Nachdem man zweimal in Folge im Viertelfinale gegen einen vermeintlichen Aussenseiter gescheitert ist, musste man aber ziemlich über die Bücher und hofft die Lösungen gefunden zu haben.
2016 gewannen die ZSC Lions die Qualifikation, scheiterten aber im Viertelfinale kläglich. Mit dem Trainer- und Stilwechsel vom Kanadier Mark Crawford zum Schweden Hans Wallson hätte eigentlich alles besser werden sollen, wurde es aber mit einem zweiten Rang und einem erneuten Playoff-Aus nicht. Nun sind die ZSC Lions zum Erfolg verdammt, denn ein Ausscheiden-Hattrick darf man sich in Zürich nicht leisten. Das Erfreuliche für die Fans: Die ZSC Lions schlossen sich nicht vor Kritik und gingen über die Bücher. Und der befürchtete Schwund im Saisonkartenverkauf blieb aus. 6865 Saisonkarten wurden verkauft, 159 oder 2,3 Prozent weniger als letzte Saison. Das lässt sich verkraften, doch damit die Fans wiederkommen, muss es sportlich aufwärts gehen.
«Wir machten in den letzten zehn Spielen am meisten Punkte und es hatte nichts darauf hingedeutet, dass es so kommen würde. Am Schluss war Lugano aber einfach besser. Wir waren zu viel in den Ecken, hatten zuwenig Chancen kreiert», sagte der CEO Peter Zahner zum bitteren vorzeitigen Saisonende. Dass der PostFinance Topscorer der Zürcher, Robert Nilsson, im ersten Spiel ausfiel, möchte man zwar nicht als Ausrede in den Vordergrund stellen. «Aber der Topscorer ist extrem wichtig, mit Robert Nilsson fiel nicht nur ein Spieler aus, es fehlte dadurch Qualität.» Spielsperren, die sich Spitzenspieler einhandelten, waren in dieser Situation wenig hilfreich.
Dem Schweden Wallson gelang der Umbruch während der vergangenen Saison nicht ganz. Seine Handschrift war da, drückte aber nicht vollständig durch. Als eine Altlast gilt etwa Schönspielerei, doch die ZSC Lions waren bezüglich Spezialsituationen kein Spitzenteam. Platz 10 bezüglich Powerplay-Effizienz in der regulären Saison und Platz 8 im Unterzahlspiel sind weit entfernt von meisterlich. Nur Ambrì schoss weniger Powerplay-Treffer.
«Wir wollten ein neues System implementieren mit mehr Druck. Nach Dezember spielten wir konstanter. Wir waren Zweiter, schossen am meisten Tore, spielten aber mit den Spezialteams nicht so gut. Wir müssen im Powerplay und in Unterzahl effizienter werden», so Wallson. «In den Playoffs hatten wir grosse Erwartungen, trafen aber nicht oft genug und das brach uns das Genick.»
Dabei trafen die ZSC Lions in der regulären Saison eigentlich mehr als jedes andere Team, überzeugten damit bei fünf gegen fünf umso mehr. Der Offensivinstinkt war jedoch nicht nach dem Gusto des Trainers. Ihn stört es, dass zu oft Schönspielerei betrieben wird, zu oft in den Ecken gespielt wird.
«Wenn man nicht genug schiesst, ist es schwierig zu treffen. Wir müssen direkter zum Tor gehen. Die Spezialteams und die Schussmentalität sind das, woran wir am meisten arbeiten. Es ist nett, den Puck zwei Minuten zu besitzen, aber es bringt wenig, wenn nichts dabei herausschaut», so Wallson.
Ein Jahr nach seinem Antritt soll es aber besser werden. Die Spieler wüssten nun, was sie erwartet. Und er weiss auch, was ihn in Zürich und in der National League erwartet.
«Das macht es besser. Wir fühlen uns stärker als Team im Vergleich zum Vorjahr. Ich kann entsprechende Signale der Spieler spüren. Das ist wichtig für die Chemie im Team. Wir machten Fortschritte, speziell auch in der Champions Hockey League gegen Frölunda und Gap», sagt Wallson.
In der Vorsaison nahm sein Team jedoch zu viele Strafen. «Das ist etwas, woran wir arbeiten, an der Hockeymentalität, damit wir Spiele gewinnen können», sagt er und führt zur Boxplay-Statistik der letzten Saison sarkastisch an: «Es ist schwierig, schlechter zu werden.»
Etwas bleibt bei den ZSC Lions gleich: Sie sind breiter aufgestellt als jede andere Organisation. 27 Spieler sind im offiziellen Kader, davon 13 aus dem eigenen Nachwuchs. Bei den neu von Leo Schumacher trainierten GCK Lions ist das Ersatzreservoir für den «Zett» gross. Inklusive den beim Farmteam parkierten Stürmern Ryan Haynes und Pascal Pelletier hat man sechs Ausländer unter Vertrag und zeigt damit auch bei den «Baby-Lions» mehr Ambitionen als die blosse Spielerausbildung.
Bei den grossen Löwen wurde mit Mattias Sjögren nur einer von vier Ausländern behalten, bei den Schweizern blieb die Mannschaft praktisch identisch, wobei man in der Abwehr mit dem von Biel gekommenen Dave Sutter an Kampfkraft in der Abwehr gewann. Auch der Kanadier Kevin Klein soll sich hinten als unangenehmer Gegner entfachen. Er kam nach neun vollen NHL-Saisons, zuletzt mit den New York Rangers, nach Zürich.
Grosse Hoffnungen setzen die Lions in die neuen Stürmer. Drew Shore, der zum Saisonende 14 NHL-Spiele für die Vancouver Canucks bestritt, hat beim Kantonsrivalen EHC Kloten seine Offensiv-Qualitäten unter Beweis gestellt. Und von seinem Landsmann Fredrik Pettersson erhofft sich Wallson nicht nur mehr Zug zum Tor, aber auch, dass er einen Schneeballeffekt auf die anderen Spieler abgibt bezüglich der Offensivmentalität, die er sich wünscht. Pettersson kehrte nach einem Jahr in der KHL in die Schweiz zurück, wo er zuvor drei Jahre lang für den HC Lugano glänzte. Zuletzt war er bei Dynamo Minsk nach Punkten pro Spiel der beste Scorer.
Die ZSC Lions haben alles um auch diese Saison wieder in der Tabelle ganz oben mitzuspielen, daran zweifelt kaum jemand. Wichtig wird es sein, für die Playoffs bereit zu sein, wenn nach den Flops der letzten beiden Jahren alle noch genauer auf Wallsons Löwenrudel schauen werden.
hockeyfans.ch-Ranglistentipp
1.
2. ZSC Lions
3.
4.
5.
6.
7.
8. EHC Biel
9.
10.
11.
12. HC Ambrì-Piotta