MySports verspricht neue Ära für Sportfernsehen

06.07.16 - Von Martin Merk

Letzten Freitag liessen die Beteiligten die Bombe platzen. Nicht nur gehen die Fernsehrechte an die Kabelnetze der Schweiz im Verbund SuisseDigital angeführt von UPC – mit durchschnittlich 35,4 Millionen Franken pro Jahr während fünf Jahren ab 2017/18 fliessen auch doppelt so viele Fernsehgelder ans Schweizer Eishockey. Die Kabelnetzbetreiber eröffnen mit dem Paukenschlag neue Sportkanäle unter dem Namen MySports und der CEO Eric Tveter spricht von einem historischen Moment. "Es wird eine neue Ära für Sportfernsehen in der Schweiz", verspricht er. "Wir werden das Spiel ändern!"

Ab 2017/18 sind die Kabelnetze von UPC und regionalen Betreibern im Verbund Suissedigital die Erstverwerter von Eishockeyspielen im Fernsehen. Neben der UPC sind mit 14 Kabelnetzbetreibern bereits Verbreitungsverträge für MySports abgeschlossen, darunter die Quickline-Gruppe, net+ und Citycable Lausanne. Gespräche mit weiteren regionalen Netzbetreibern werden nun geführt. Gezeigt werden alle NLA-Spiele (davon eines pro Woche gratis), Spiele aus der NLB, der neuen dritthöchsten Spielklasse Swiss Regio League und mehr denn je vom internationalen Eishockey. Der Verband hat schon letzte Woche angekündigt, dass die U20- und Frauen-WM übertragen wird. Dazu könnten weitere Länderspiele gezeigt werden und es wurde Interesse signalisiert, WM-Spiele zu zeigen, die nicht von SRG übertragen werden – was praktisch sämtliche Spiele ohne Schweizer Beteiligung sind – und auch die Champions Hockey League wird genannt.

Die öffentlich-rechtliche SRG mit ihren Fernsehsendern (SRF, RTS, RSI) wird weiterhin einen Teil der Playoff-Spiele, den Spengler Cup und Testländerspiele auf Schweizer Eis zeigen und hat bis 2017 die Schweizer Übertragungsrechte für die IIHF Eishockey Weltmeisterschaft.

Nicht nur inhaltlich versprechen die neuen Rechteinhabern viel. Mit über drei Millionen Haushalten sollen mehr Fans erreicht und gewonnen werden dank höherer Reichweite als bisher. "Einerseits hat uns das Distributionskonzept von UPC überzeugt, andererseits die geplante Umsetzung und die Berichterstattung. Die Hockeyfans und das Schweizer Eishockey sind die grossen Gewinner dieser neuen Partnerschaft", sagt Florian Kohler, der CEO der Swiss Ice Hockey Federation, nachdem das Gremium mit Vertretern vom Verband und Clubs die Auswahl gemacht haben. Das Programm werde breiter und tiefgreifender sein. "Wir werden mehr Eishockey auf allen grossen und kleinen Geräten haben. Mehr NLA, mehr NLB, die Swiss Regio League wird ebenfalls zu sehen sein und mehr von den Nationalmannschaften. Und das Ganze hat natürlich auch einen finanziellen Aspekt. Wir werden das Eishockey in eine neue Dimension bringen."

Für UPC ist es ein Pauken- und Befreiungsschlag, nachdem durchgesickert ist, dass sich der Fussballverband gegen sie und für Swisscom/Teleclub, das die Kabelnetzbetreiber bezüglich Sportübertragungen in den letzten Jahren in den Schatten stellte, entschieden hat. Gerne hätte man auch Fussball gezeigt. "Wir sind überrascht, dass UPC als aus meiner Sicht höchster Bieter nicht die TV-Rechte erhielt", liess Tveter die Enttäuschung durchsickern. Eine offizielle Ankündigung des Fussballdeals gibt es allerdings noch nicht.

Umso glücklicher ist er über Eishockey, eine der spannendsten, wenn nicht die spannendste Sportart der Welt, wie der Amerikaner sagt. MySports soll es in Form eines frei empfangbaren Senders in den Kabelnetzen geben sowie mit vier weiteren kostenpflichtigen "Premium-Sendern". Die Preise dafür werden "vernünftig" sein für die Fans, verspricht Tveter. "Sie werden tiefer sein als im bisherigen Markt. Wir möchten so viel Zuschauer wie möglich von unseren Kunden." Angeboten werden dürften ähnlich wie bisher ein Monatsabonnement und eine Pay-per-View-Lösung, bei der man pro Spiel eine Gebühr zahlt. Mit dem Verband möchte man auch über ein mögliches Club-Paket diskutieren, das könnte heissen ein Paket für alle Spiele oder Auswärtsspiele eines Clubs. Ob Spiele auch für Nicht-Kunden anschaubar sein werden im Internet oder man nach dem Ende des Bieterverfahrens gar Spiele Konkurrenten wie Swisscom oder Sunrise anbietet, ist noch unklar. "Wir sind aber offen, kommerzielle Gespräche mit anderen Anbietern zu führen jetzt, wo wir wissen, wer welche Assets hat", so Tveter.

"Eishockey hat bisher nicht den Stellenwert erhalten, den es verdiente. Wir wollen das mit MySports ändern und neue, innovative Wege gehen", sagt Nicolas Perrenoud von Quickline, welche in 21 Kabelnetzen der Deutschschweiz verbreitet. Neue Spielanalysen, Grafiken, Statistiken und Kameraperspektiven werden angekündigt. "Wir wollen nicht nur neue Statistiken, aber auch neue Kameraperspektiven bringen und näher dran an Spielern sein. In so einer attraktiven Sportart liegt ein enormes Potenzial. Dieses wollen wir in den nächsten Jahren ausschöpfen. Wir wollen nicht nur mehr Menschen in der Schweiz mit dem Hockey begeistern, sondern auch erreichen. Mit unserem Distributionsmodell in SuisseDigital werden wir die Reichweite auf einen Schlag verdoppeln. Über 90 Prozent der Schweizer Haushalte können mit Hockey versorgt werden ohne dass der Kunde irgendetwas machen muss. Dazu kommt das Premiumangebot."

In einem Jahr, im Sommer 2017, geht es los. Roger Feiner, Vize-Präsident Content Strategy bei UPC und früher beim Konkurrenten Teleclub tätig, wird MySports führen und eine Redaktion mit 30 bis 40 Mitarbeitern, davon die Hälfte Vollzeitangestellte, aufbauen mit Studios in der Deutschschweiz und im Genferseeraum sowie einem redaktionellen Team für das Tessin. Nicht wenige dürften vom bisherigen Anbieter Teleclub überlaufen. Feiner spricht von einem Mix aus bekannten Gesichtern und jungen Talenten.

"Wir sehen den Sender in Zukunft auch als Plattform für andere Sportarten, die den Weg ins Fernsehen bislang nicht oder nur schwer gefunden haben", sagt Feiner. "Wir wollen auch die Dinge zeigen, die bislang irgendwo im Hintergrund stand, denn alle Sportarten sind schön und sind Kunst. Dieser Sender ist ein nationaler Sender, der sowohl im unentgeltlichen wie auch im Premium-Bereich Sport nach Hause trägt. Wir werden das Thema Eishockey à fond leben. Wir setzen die Latte hoch und wollen sie erfüllen mit Live-Spielen, Sendungen, Studios mit interessanten Gästen und Zusammenfassungen."

Feiner lässt auch Wünsche von UPC ans Eishockey durchsickern. So hat man als Produktionsfirma einen Vorvertrag mit der amerikanischen Firma NEP Broadcasting abgeschlossen, die mit ihrem europäischen Ableger bereits Eishockeyspiele in anderen Ländern produziert. Allerdings wird der Produzent nun in einem Bieterverfahren vom Verband ausgewählt, wo auch beispielsweise der Schweizer Produzent tpc zu den Bietern gehören dürfte.

Ginge es nach Feiner, könnte am liebsten jeden Tag Eishockey gespielt werden, etwa wie in der NHL oder KHL anstatt nur an bestimmten Tagen. "Wir möchten Eishockey Flexibilität geben bezüglich Spieltagen und Anspielzeiten. Für uns wäre es ein Wunsch und Ziel, nicht nur nach einem fixen Terminplan zu spielen sondern breiter verteilt", sagt er.

Bislang ist nur Eishockey fix in MySports und aufgrund seiner Grösse das Zugpferd des neuen Senders. Bezüglich anderer Sportarten hält man sich aufgrund des nun heftiger umkämpften Marktes bedeckt. "Wir schauen eher in Richtung Team-Sportarten. Es gab auch Vorgespräche mit Swiss Olympic um den aufbauenden Gedanken leben können", sagt Feiner bevor Tveter mit einem Schmunzeln anfügte, dass es schlussendlich vielleicht doch noch Fussball auf dem Sender geben könnte.

Fürs erste wird aber an den hochgesteckten Zielen im Eishockey gearbeitet. Die Hockeyfans und Kabelnetzkunden wird es freuen.

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