USA, Kanada oder doch ein Europäer?
Wenn es nach dem Gusto von ZSC-Jungspunt Auston Matthews geht, ist der Ausgang der diesjährigen U20-WM klar. Der Stürmer will mit seinen US-Boys nach dem U18- auch U20-Gold holen. Zum Selbstläufer wird dieser Titel jedoch nicht werden, denn auch andere Nationen warten mit starken Teams auf.
Die USA dürfen in diesem Jahr zu den Topfavoriten gezählt werden. Sie verfügen mit Auston Matthews über den besten Einzelspieler des Turniers und haben auch sonst eine schlagfertige Truppe zusammengestellt. Insgesamt stehen sieben Spieler im Kader, die schon an der U20-WM in Toronto teilgenommen haben. Ebenfalls verfügen zehn Spieler über die Erfahrung einer Goldmedaille an der letzten U18-WM in Zug. Neben Auston Matthews ist auch Zach Werenski heraus zu streichen. Der Captain der US-Boys wurde beim letzten Draft an achter Stelle von den Columbus Blue Jackets gezogen. Er soll als Leader die Verteidigung orchestrieren. Neben Werensky sticht auch Charlie McAvoy heraus, er gilt als heisser Kandidat für einen First-Round-Pick. Das Prunktstück der US-Amerikaner ist die Offensive. Mit Christian Dvorak, Alex DeBrincat und Matthew Tkachuck stellen sie gleich drei der ersten vier in der OHL-Scorerliste. Die beiden letzteren werden von den Scouts besonders beobachtet, stehen sie doch ganz oben auf den Draftlisten. Bereits in der ersten Runde gedraftet wurden Nick Schmalz, Sonny Milano und Brock Boeser. Zumindest vom Namen her interessant ist Ryan McInnis. Er ist wie Matthew Tkachuck Sohn einer NHL-Legende.
Unter dem Motto keine U20-WM ohne Team Canada zählt das Mutterland des Eishockeys auch heuer wieder zu den Favoriten. Die Ahornblätter haben nicht weniger als zehn Erstrunden-Drafts in ihren Reihen. Zu den grössten Talenten in der Verteidigung gehört Hayden Fleury, der von Carolina an siebter Stelle gezogen wurde. Mit Travis Sandheim verfügt man zudem über einen äusserst produktiven Verteidiger. Der Draftpick der Philadelphia Flyers (17. Stelle) konnte in 24 Spielen für die Calgary Hitmen 31 Punkte verbuchen. In der Offensive gilt es Jake Virtanen zu erwähnen. Dies jedoch weniger, weil der 19-jährige Stürmer auch den finnischen Pass besitzt. Viel mehr ist er der wenigen, die in dieser Saison schon in der NHL eingesetzt wurden. In insgesamt 19 Spielen für die Vancouver Cannucks konnte er vier Punkte erzielen. Ebenfalls nicht zu unterschätzen ist Dylan Storm. Er wurde beim letzten Draft an der dritten Stelle gezogen und ist damit der beste Draftpick, der an diesem Turnier teilnimmt. Insgesamt wirken die Kanadier etwas ausgeglichener als die Amerikaner, was ihnen in engen und intensiven Spielen zum Vorteil werden könnten.
Auch Schweden und Russland lauern
Die Konkurrenz der Nordamerikaner kommt wie so oft aus Schweden und Russland. Bei den Schweden sticht vor allem der Name Nylander heraus. Ex-Lugano Profi Mikael Nylander wird nämlich gleich beide Söhne an der WM bestaunen können. William, der ältere der beiden Brüder, reist dabei als Leader der AHL-Scorerliste an dieses Turnier. Bruder Alexander will sich derweil für den Draft 2016 empfehlen. Er gilt als heisser Kandidat für die frühe erste Runde. Neben William Nylander verfügen die Schweden mit Adrian Kempe, Joel Eriksson und Gabriel Carlsson über drei weitere Erstrundendrafts. Mit neuen Spielern, die letztes Jahr bereits an der U20 in Kanada spielten, sollten die Schweden auch über die nötige Erfahrung verfügen. Zudem besitzen sie den Vorteil, dass sie in der starken Gruppe A eingeteilt sind. Mit Spielen gegen Kanada und die USA kann man sich bereits in der Vorrunde an den hohen Rhythmus herantasten. Zudem sollte es selbst bei einem dritten Platz in der Gruppe eine lösbare Aufgabe im Viertelfinal geben.
Als vierter Titelfavorit präsentiert sich das Team aus Russland. Der Spieler mit dem klingensten Namen ist Ilya Samsonov, der als bester Torhüter seines Jahrgangs gilt und von den Washington Capitals an 22. Stelle gedraftet wurde. Ebenfalls einen grossen Namen trägt Maxim Tretiak. Der Enkel von Sowjetlegende Vladislav Tretiak wird jedoch hinter Samsonov und Georgiev anstehen müssen. Bei den Feldspielern kann Coach Valeri Bargin auf zehn Spieler zählen, die regelmässig in der KHL zum Einsatz kommen. Dazu kommen sechs weitere, die in den kanadischen Junioren-Ligen spielen. Zu den Stars gehören Ivan Provorov und Yevgeni Svechinkov, die beide in der ersten Runde gedraftet wurden. Wie fast immer werden die Russen auch an dieser WM mit starken Einzelspielern an den Start gehen. Die grosse Frag ist, ob es Valeri Bargin gelingt aus 23 Einzelspielern ein Team zu formen. An der U18-WM in Zug war dies Yuri Rumyantsev nicht gelungen, weshalb die Sbornaja völlig überraschend gegen die Schweiz verlor.
Wer schafft eine Überraschung?
Neben den vier Topteams möchten auch Tschechien und Finnland um die Medaillen spielen. Für beide wird es allerdings schwer werden dieses Ziel zu erreichen. Aufgrund der Gruppenkonstellation führt der Weg ins Halbfinale wohl über Russland. Kann man die Sbornaja in der Vorrunde hinter sich lassen, winkt ein Viertelfinale gegen die Schweiz oder Dänemark. Am ehesten ist dieses Kunststück den Tschechen zuzutrauen. Sie verfügen mit Verteidiger Jakob Zboril und Stürmer Pavel Zacha über zwei Erstrundendrafts. Neben diesen Top-Talenten spielen sieben weitere Spieler in den kanadischen Junioren-Ligen.
Gastgeber Finnland kann mit Kaapo Kähkönen und Veini Vehviläinen auf zwei Torhüter setzen, die regelmässig in der heimischen SM-Liiga zum Einsatz kommen. In der Offensive verfügen die Finnen mit Jesse Puljujärvi und Patrick Laine über zwei Spieler, die bei den Scouts ganz oben auf der Liste stehen werden. Aus Schweizer Sicht ist zudem Joni Tuulola zu nennen. Der 19-jährige Verteidiger ist der Sohn von Marko Tuulola, der einst die Verteidigung der Lakers so stark machte, dass es die Rosenstädter ins Halbfinale schafften. Insgesamt ist die Ausgangslage bei den Finnen ähnlich wie bei den Tschechen. Dank der einfacheren Vorrundengruppe sollten sie locker ins Viertelfinale kommen. Klassiert man sich jedoch nicht vor Russland, wird ein schwieriger Gegner warten. Möglicherweise könnte dies gar Erzrivale Schweden sein.
Wer muss in die Relegation?
Es verbleiben vier Teams, welche sich um die zwei Plätze im Viertelfinale streiten. Die besten Chancen aufs Viertelfinale haben die Slowaken. Grundsätzlich zweifelt niemand daran, dass sie in die Runde der letzten acht einziehen. Danach wird es allerdings schwierig werden. Vom letztjährigen Bronze-Team sind vier Spieler dabei, die nicht als Leader gelten. Der Vorteil der Slowaken ist die Tatsache, dass Aufsteiger Weissrussland wohl das schlechteste Team an dieser WM stellt. Einziger Trumpf der Weissrussen scheint die Tatsache, dass ihre U20-Nationalmannschaft Spiele in der heimischen Liga bestreiten darf und daher eine eingespielte Einheit darstellt.
Etwas ausgeglichener als in Gruppe B stellt sich die Situation in der Schweizer Gruppe A dar. Im letzten Jahr gewannen die Dänen gegen die Schweizer im Penaltyschiessen. Klarer Leader im Team der Nordländer war damals Nikolaj Ehlers. Zum Glück für die Schweizer hat der Sohn von Lausanne Trainer Heinz Ehlers in dieser Saison jedoch den Sprung in die NHL geschafft. Er ist bei den Winnipeg Jets bereits so wichtig, dass diese nicht auf ihn verzichten wollen und ihm deshalb keine Freigabe für die WM erteilten. Ohne ihren besten Spieler sind die Dänen ganz klar schwächer einzustufen, weshalb das Tor ins Viertelfinale für die Schweizer ganz weit offen steht.
