Zwei Tage – zwei Spiele

25.10.2015 - Von Urs Berger

Der Trainer des SC Bern gilt als charismatische Persönlichkeit. hockeyfans.ch sprach mit dem Trainer nach den Spielen auswärts in Zug und zu Hause in Bern. Man merkte ihm an, dass die Niederlage in Zug ihn nervte und der Sieg in Bern zu versöhnen mochte.

Nach dem Spiel in Zug warteten drei Journalisten vor der Kabine der Berner um mit Guy Boucher zu sprechen. Der Kanadier erklärte dann mehrmals, dass seine Mannschaft nicht gut gespielt habe. «Wir waren nicht gut, trafen in entscheidenden Momenten nicht die richtigen Entscheidungen. Dazu kam, dass wir uns mit dummen Strafen selber das Leben schwergemacht haben. » Oft sprach Boucher auch von fehlendem Willen, alles zu geben. «Der Druck, welcher in der NHL herrscht, ist in der Schweiz nicht vorhanden. In der NHL kann man Spieler in das Farmteam schicken. In der Schweiz kann dies, bis auf die ZSC Lions, kein Team umsetzen. Dies führt zu einer gewissen Arbeitsplatzsicherheit und die Spieler wissen, dass sie nicht so einfach ersetzt werden können. Damit habe ich eigentlich keine Probleme, doch von Profis erwarte ich auch eine andere Einstellung. Schliesslich konnten sie ihr Hobby zum Beruf machen.»

Diese Erklärungen scheinen in der aktuellen Situation des SC Bern eher schwach zu sein. Das Kader der Berner ist so tief wie schon lange nicht. Findet der Trainer keinen Zugang mehr zu seinen Spielern? Als Aussenstehender hat man oft diesen Eindruck.

So war denn das Spiel am Samstagabend gegen Fribourg-Gottéron das eine Spiel, in dem es für Bern zu beweisen galt, dass man mit den Topteams der Liga mithalten könne. «Gegen die kleinen Teams bekunden wir weniger Mühe als gegen die Grossen. Oft fehlt mir in den Spielen gegen die Topmannschaften das Gewisse etwas. Im Englischen brauchen wir dafür den Ausdruck «Urgency» was so viel wie Dringlichkeit des Siegens heisst. Und dies hat mir im heutigen Spiel gefehlt.» Boucher weiss also, wo er den Hebel ansetzen muss. Doch wird die Mannschaft dies umsetzen können?

«Ich kann als Entschuldigung anführen, dass wir nun 12 neue Spieler in Bern integrieren müssen. Mit den beiden letzten Neuzugängen Sean Bergenheim und Derek Roy kamen indes Spieler, welche sich dies gewohnt sind. Dies ist nun definitiv keine Ausrede mehr.»

Sind denn die Spieler mit dem System, welches Boucher spielen lässt überfordert? «Nein, wir haben dies schon letztes Jahr gespielt und wurden mit Fortdauer der Meisterschaft besser. Damals begann unsere beste Phase Mitte Oktober und wir steigerten uns dann sukzessive. Am Ende Gewannen wir den Cup. » Aber in den Play-offs scheiterte die Mannschaft am nachmaligen Meister dem HC Davos. Was war der Auslöser dafür? «Es stimmt, dass wir abgebaut haben, nach dem der Cup-Sieg gelungen war. Sicherlich war auch der Gegner besser als wir. Wobei die Spiele gegen den HCD immer sehr eng waren und auf die eine oder andere Seite hätte kippen können.»

Auch die Ausbildung der jungen Spieler gehört zum Kanadier. Mit Luca Hischier und Sämi Kris baute er in den beiden letzten Jahren solche Spieler ein. Aktuell ist Marco Müller im Kader um den Sprung in die erste Mannschaft zu schaffen. Schaut sich der Trainer aber auch die Spiele der Elite an? «Ja, das gehört auch zu meinem Job. Es ist erstaunlich dabei zu sehen, welche Schritte diese jungen Spieler machen.» Nachgefragt, was er vom jüngeren Bruder von Luca Hischier, Nico Hischier, halte antwortete Boucher: «Ich bin erstaunt wie weit er in seinen jungen Jahren schon ist. Er ist wirklich sehr reif, hat ein Ausgezeichnetes Spielverständnis und weiss, was er mit der Scheibe anstellen kann.»

Kommen wir aber wieder zurück zur Meisterschaft. Wieso gelingt den Bernern nicht, auswärts genauso zu spielen wie zu Hause? «Ich weiss, dass wir Auswärts und zu Hause nicht gleich auftreten. Dennoch bin ich mit den Leistungen eigentlich zufrieden. Wir vermochten oft zu überzeugen. Aber manchmal fehlte und auch das Quäntchen Glück.» Ist das nicht etwas zu optimistisch? «Wir haben aus den letzten 10 Spielen sieben Siege geholt und gingen nur dreimal als Verlierer vom Eis. Dann haben wir doch etwas richtiggemacht?» fragt Boucher zurück.

Auswärts ist Bern indes nicht die gleiche Mannschaft wie zu Hause. Will Bern den auswärts zu viel? «Ja und nein. Wir wissen, dass wir hier noch Verbesserungspotenzial haben. Und ja, das Spiel heute in Zug war nicht gut. Ich kam mir oft vor, wie wenn ich zwei Boxer im Ring sähe, welche sich abtasten und auf den einen Fehler des Gegners warten würde. Und genau diesen Fehler machten wir. Mit einer dummen Strafe erlaubten wir dem EV Zug mit drei gegen fünf zu agieren. Dies nützten die Innerschweizer denn auch aus. Dieses eine Tor war nicht die Entscheidung. Viel mehr war im mittleren Drittel die Fehler Anfälligkeit von uns zu hoch. Gegen ein Top-Team wie Zug kann man sich solche Fehler nicht erlauben. Wäre das Spiel länger mit nur einem Tor unterschied gelaufen, so denke ich, hätten wir einen anderen SC Bern gesehen.»

Am Samstag traf der SC Bern zu Hause auf Leader Fribourg. Die Berner waren gefordert und wollten die Niederlage vom Vortag gegen den EV Zug vergessen machen. Die Mannschaft von Boucher war denn auch nicht zu vergleichen mit dem Auftritt vom Freitag in Zug. «Ich bin mit der Reaktion des Teams zufrieden. Es ist ein normaler Prozess, wenn ein Team seine auf und ab hat. In einer solch guten Liga gehört das zum Findungsprozess des Teams. Wenn ich aber zurückblicke, so hatten wir dies auch letztes Jahr. Meine Mannschaft muss aber auch noch lernen, konstanter zu werden. Wird sie dies, so werden wir bald die Führung übernehmen können.»

Dabei klingt viel Zuversicht aus den Worten von Boucher. «Nein, überhaupt nicht. Ich weiss, was wir leisten können. Und wenn wir dies umsetzen, so sehe ich uns am Ende der Saison unter den besten zwei Teams.» Das Boucher am Samstagabend stolz sein konnte, war nicht zu erwarten. Zu oft zeigte sein Team zwei Gesichter. «Nein, das ist nicht wahr», wehrt sich Boucher zu dieser Aussage. «Wir haben aus den letzten 10 Spielen deren sieben gewonnen. Und in Lausanne oder Ambrì zeigten wir gute Spiele. Auch in Genf spielten wir nicht schlecht, wurden aber von deren Spielplan überrascht. Alles in allem gibt es wohl keine Mannschaftssportart, in welcher die Mannschaften Auswärts und zu Hause brillieren kann. Dies trifft wohl am ehesten im Baseball zu wo dies mit 50% doch sehr nahe dran ist. Aber bei den anderen Sportarten? Da sieht es anders aus. Da sprechen wir von bis zu 70% Auswärtsniederlagen.»

Würde Boucher das Spiel vom Samstag gegen Fribourg als das beste der Saison bezeichnen? «Nein, sicher nicht. Wir hatten bessere Spiele. Mir persönlich bleibt das Spiel in Lausanne, welches wir mit 4:1 für uns entschieden haben haften. Dort ging alles auf. Dort spielten wir so wie wir dies wollten.» Angesprochen darauf, wo er den Prozess der Mannschaft den sieht, antwortet Boucher mit einem Lächeln. «Wir sind an der gleichen Stelle wie letztes Jahr. Das Auf und Ab gehört nun mal zu diesem Sport. Und ich denke, wir werden von Spiel zu Spiel stärker.»

Ob dies in Zukunft so sein wird, wird man sehen.