Lugano: Neuer Trainer, neues Glück?

8.9.2019 - Von Maurizio Urech

Nach der enttäuschenden letzten Saison des HC Lugano, man qualifizierte sich mit Ach und Krach für die Playoffs um dann in vier Partien sang- und klanglos gegen den EVZ auszuscheiden, blieb in Lugano kaum ein Stein auf dem anderen.

In Lugano wurde neu die Position des CEO geschaffen, die von Marco Werder, einem Ex-Spieler und Verantwortlicher der Junioren, übernommen wurde. Die Zeit von Sportchef Roland Habisreutinger war nach mehr als neun Jahren abgelaufen. Er hat immer sehr professionell gearbeitet, doch leider schaffte er es nicht sein negatives Image, das er sich am Anfang seiner Zeit in Lugano mit der Aussage er wolle die Leistungskultur einführen, zu korrigieren. Seine Position war immer ein Diskussionsthema in den Tessiner Medien und unter den Fans, zumal der Erfolg unter ihm ausblieb.

Ende Mai wurde der ehemalige Spieler von Ambri und Lugano und Agent Hnat Domenichelli als neuer Sportchef vorgestellt. Er erhielt den Vorzug vor anderen Kandidaten und er hat die schwierige Aufgabe dafür zu sorgen, dass die Position des Sportchefs in Lugano kein Diskussionsthema mehr sein wird. Auch wurde bekannt, dass Routinier Julien Vauclair seine letzte Saison als Aktiver bestreiten wird und nachher die neu geschaffene Position des Chef Scouting übernehmen wird.

Bereits Anfangs April wurde eine weitere wichtige Personalie besetzt. Nachdem klar war, dass der Vertrag mit Greg Ireland und seinem Staff nicht verlängert wird, wurde der finnische Coach Sami Kapanen (Vater von Kasperi Kapanen, Toronto Maple Leafs) für die nächsten zwei Jahre verpflichtet. Kapanen hat eine erfolgreiche Karriere in der NHL als Spieler hinter sich und nach seinem Rücktritt war er Besitzer und Coach von KalPa Kuopio. Mit Kuopio gewann er letzten Dezember den Spengler-Cup und überzeugte die Verantwortlichen von Lugano mit seiner attraktiven Spielweise. Einen Monat später wurde mit dem Schweden Steven Nyman auch ein neuer Assistent verpflichtet. Nyman war massgeblich am Wiederaufstieg des Traditionsklubs Djurgarden Stockholm beteiligt der abgestiegen und verlor letzte Saison den Playoffinal gegen Frölunda.

Auch im Kader des HC Lugano kam es zu einigen wichtigen Abgängen. Topscorer Grégory Hofmann entschied sich das lukrative Angebot des EVZ anzunehmen und Goalie Elvis Merzlikins versucht sich seinen Traum von der NHL mit den Columbus Blue Jackets zu verwirklichen. Und im Juli trennte man sich auch vom kanadischen Stürmer Maxim Lapierre, dessen Vertrag im gegenseitigen Einvernehmen aufgelöst wird. Lapierre wird diese Saison für die Eisbären Berlin in der DEL stürmen.

Als Nachfolger für Elvis Merzlikins kam Sandro Zurkirchen vom LHC, der mit der Erfahrung von mehr als 300 Spielen in der NL das schwere Erbe antreten wird. Die Offensive wurde mit den Zuzügen von Sandro Zangger, Dominic Lammer und vor allem Reto Suri verstärkt und Mitte Juli stiess auch Center Ryan Spooner zu den Bianconeri. Spooner ist ein spielstarker Center, der in Lugano für Tore und Spektakel sorgen soll. Er bestritt mehr als 300 Partien in der NHL und steht mit 27 im besten Eishockeyalter. Dazu konnte der HC Lugano vor wenigen Tagen mit der Verpflichtung des finnischen Verteidigers Atte Ohtamaa einen veritablen Transfercoup landen. Ohtamaa gewann mit Finnland den Weltmeistertitel in Bratislava und war einer der Eckpfeiler in der starken Defensive der Finnen.

Sportchef Hnat Domenichelli hielt in der traditionellen Pressekonferenz vor dem Saisonstart, welche diesmal in einem Boot auf dem Luganersee stattfand, den Ball tief: «Unser Ziel mit dieser Mannschaft die Qualifikation in den Top-6 zu beenden. Wir haben in den letzten Jahren gesehen, dass anschliessend in den Playoffs vieles möglich ist.»

Der Stürmer Reto Suri sagt: «Wir versuchen als Mannschaft die verschiedenen Puzzle-Teile zusammen zu setzen. Dies braucht seine Zeit, doch die Stimmung in der Mannschaft ist gut und ich glaube wir haben die Qualität um jedem Gegner das Leben schwer zu machen. Unser neuer Coach hat seine Philosophie, die er hier durchsetzen will, und ich glaube dies ist auch für viele Spieler, die schon länger hier waren eine Umstellung. Persönlich habe ich vielleicht einen kleinen Vorteil, da wir in Zug einen solchen Wechsel schon letztes Jahr hatten und die Philosophie von Tangnes ging genau in die gleiche Richtung.»

Suri soll nicht nur Grégory Hofmann ersetzen sondern auch ein Leader sein. Eine Belastung oder eine zusätzliche Motivation? «Ich glaube den grössten Druck macht man sich selber und ich glaube, dass ich mit meiner Erfahrung aus nationalen und internationalen Spielen den richtigen Mittelweg finden werde, damit dieser nicht zu gross wird», sagt Suri. «Mein Anspruch ist sicher meine Qualitäten einzubringen. Doch wie gesagt bin ich nur ein Teil der Mannschaft und ich bin nicht hier um Grégory Hofmann zu ersetzen, der ein komplett anderer Spieler ist. Doch trotzdem will ich meine Führungsrolle auch intern übernehmen. Ich will ein Leader in anderen Belangen, nicht nur mit Toren und Assist. Ich will mit dem guten Beispiel vorangehen und der Druck soll mich eher beflügeln.»

Vom neuen Trainer Sami Kapanen wollten wir wissen, welches seine Prioritäten in den ersten 30 Tagen in Lugano gewesen sind. «Einer meiner Hauptpunkt ist sicher die Intensität. Wir wollen alles mit einer hohen Intensität ausführen, wir wollen schnell spielen, mit einem klaren System. Wir wollen die Zweikämpfe gewinnen. Im modernen Hockey, wenn du mit fünf Mann kompakt spielst, ist es genau dieses Mann gegen Mann. Wichtig ist auch die Puckkontrolle. Wenn der Gegner den Puck hat, wollen wir aggressiv sein und verhindern, dass der Gegner etwas kreieren kann, wir wollen ihm Raum und Zeit nehmen um ihr Spiel zu entwickeln. Natürlich ist es auch wichtig defensiv richtig zu stehen um dann schnell auf Offensive umschalten zu können. Um dies umsetzen zu können, müssen meine Spieler viel Schlittschuhlaufen und immer in Bewegung sein. Ich verlange auch ein gutes Puckmanagement, was nicht anderes heisst als zu erkennen, was zu tun ist, wenn wir den Puck wieder haben. Manchmal ist es besser auf sicher zu gehen als ein unnötiges Risiko einzugehen und dem Gegner eine Chance zu eröffnen. Daran arbeiten wir jetzt und ich glaube wir werden von Woche zu Woche besser.»

Es ist schwer vor dem Saisonstart das Potential des «neuen» HC Lugano abzuschätzen. Sicher ist nur, dass unter Kapanen ein völlig anderes, moderneres System gespielt wird und es sicherlich noch Zeit braucht bis auch die Spieler dieses umsetzen können. Ein Vorteil für Kapanen ist sicher, dass er mit fünf Ausländern den Konkurrenzkampf fördern kann und in einigen Partien auch mit zwei Ausländern in der Verteidigung antreten wird. Klar wiegen die Abgänge von Merzlikins und Hofmann schwer, aber einerseits wird der Schlüssel für eine bessere Saison sein weniger Gegentore einzukassieren und offensiv sind nicht nur die Neuzugänge gefordert sondern auch Spieler wie Dario Bürgler und Eigengewächs Luca Fazzini, der das Heu mit Ireland nicht auf der gleichen Bühne hatte, welche diese Saison wieder ihr Potential abrufen müssen und wichtige Tore schiessen können.

Persönlich sehen wir Lugano in dieser Saison nicht unter den Top-Vier Teams, aber gleich dahinter.

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