Kommentar: Vergesslicher Boulevard

Von Urs Berger

Eine grosse Boulevard-Zeitung begann schon vor den Weltmeisterschaften, Druck auf den Trainer zu machen. Er sei unfähig, die besten Spieler der Nation aufzubieten. Er verschmähe Rückkehrwillige und, so ein Zitat in der gleichen Zeitung eines ehemaligen Spielers, "lasse Spieler eiskalt fallen".

Dass der Spieler in den grössten Skandal unter der Ära Krueger verwickelt war, verschweigt man dabei geflissentlich. Dass derselbe Spieler sich nach der Olympia 2006 entschied, den Rücktritt aus der Nationalmannschaft zu geben, vergisst man ebenso schnell. Wieso also, sollte der Trainer den Spieler wieder berücksichtigen? Es war seine Entscheidung. Natürlich waren gewisse Personalentscheid von Ralph Krueger in der Vergangenheit nicht immer glücklich. Selbstverständlich kann man über den einen oder anderen Entscheid in einer breiten Öffentlichkeit diskutieren. Doch dabei sollte man persönliche Angriffe vermeiden. Eine sachliche und fachliche Auseinandersetzung mit den Gepflogenheiten des internationalen Eishockeys täte von Nöten. Nicht nur die A-Weltmeisterschaften oder die Olympischen Turniere begleiten. Nein, auch die Juniorenturniere gehören zu den Aufgaben einer guten und fairen Berichterstattung im schweizerischen Eishockey. Denn bereits bei den Junioren zeichnet sich ab, welche Nation später den Schweizern und anderen Nationen gefährlich werden kann. Wer glaubte 2006 daran, dass die Slowakei innerhalb zweier Jahre zwei Mal den Einzug in die Viertelfinals nicht erreichen würde? Wer hätte daran geglaubt, dass die Norweger innerhalb zweier Jahre den Vorstoss unter die besten Nationen am Turnier gelingen würde? Kaum jemand hätte dies für möglich gehalten. Doch wer internationales Eishockey auf Juniorenebene vor Ort beobachtet, der erkennt solche Trends frühzeitig und wird nicht von "Überraschungen" und "Blamagen" schreiben. Man wird nüchterner und sachlicher. Die Schweiz wird aus ihren Fehlern die Lehren ziehen und die richtigen Entscheidungen treffen. Die Junioren werden noch gezielter gefördert und, wer weiss, in ein paar Jahren wird man diese Niederlage an der eigenen Weltmeisterschaft vielleicht als den Wendepunkt des Schweizer Eishockeys bezeichnen. Und der Boulevard hätte es schon immer vorausgesagt.