Die SCL Tigers erlebten eine der turbulentesten Sommerpausen seit Bestehen des Vereins. Die grossen finanziellen Schwierigkeiten sorgten dafür, dass die Lichter im Emmental beinahe ausgegangen wären. Trotz der Rettung durch den Verein "Rettet den Tiger" ist die Stimmung im Emmental nach wie vor alles andere als rosig, denn das fehlende Geld schlägt sich auch im diesjährigen Spielerkader nieder.
Die neue Vereinsleitung der SCL Tigers um Ruedi Zesiger hat es beileibe nicht einfach. Mit Martin Kariya (Riga), Daniel Steiner (Columbus) und Jeff Toms (Genf-Servette) verliessen die drei produktivsten Angreifer der letzten Saison die Tigers. Hinzu kommen weitere Abgänge von Teamstützen wie Matthias Joggi (Davos) und Martin Stettler (Bern). Diese Weggänge sind eine grosse Hypothek, die auch von einem Klub mit vollem Geldbeutel nicht einfach zu tilgen wäre. Bei den SCL Tigers ist dieses Unterfangen gar schlicht aussichtslos.
Durch das massiv gesenkte Budget konnten mit Aurelio Lemm (ZSC) und Jörg Reber (Biel) nur gerade zwei Schweizer Spieler mit NLA-Erfahrung geholt werden. Der talentierte Lemm könnte sich dabei als Glücksgriff erweisen. Coach Christian Weber bewies bereits in der Vergangenheit, dass er aus jungen Spielern (zumeist aus der Organisation der ZSC Lions) Teamstützen und gar Schweizer Nationalspieler machen kann. In der vergangenen Meisterschaft schafften es mit Matthias Bieber und Eric Blum zwei Emmentaler in die Schweizer Landesauswahl. Jörg Reber befindet sich seinerseits im Spätherbst seiner Karriere. Der ehemalige Bieler Verteidiger wird sich nichtsdestotrotz als Gewinn für die Tigers herausstellen. Zumindest den Weggang von Reto Kobach wird der erfahrene Reber kompensieren können.
Brooks als neue Attraktion?
Lange Zeit diffus war die Situation um die Ausländer. Ob die Tigers die kommende Saison nämlich mit drei oder vier Ausländern bestreiten werden war lange unklar. So wird nach Stürmer Brendon Brooks (wird von einer Gruppe um den lokalen Bauunternehmer Hannes Stämpfli finanziert) für vorerst zwei Monate auch der Verteidiger Nick Naumenko von Ambrì kommen. Die neuen Gastarbeiter verfügen zwar nicht über das Renommee und das Talent eines Jeff Toms oder Janne Niinimaa. Trotzdem darf von dem Duo etwas erwartet werden. So hebt der ehemalige Trainer von Brendon Brooks in Stavanger, Larry Huras, die läuferischen Fähigkeiten des Stürmers hervor. Das grosse Eisfeld in Europa könnte dem US-Amerikaner, der es in seiner Heimat lediglich in die AHL schaffte, durchaus gelegen können.
Naumenko ist im Gegensatz zu Brendan Brooks in der Schweiz bekannt. Der ehemalige Ambri-Spieler gilt als solider Verteidiger, der auch in der Offensive seine Akzente setzen kann. Er könnte sich insbesondere im Powerplay als wichtiger Mann erweisen. Wie die Saison auch verlaufen wird, klar ist: Einen fünften oder sechsten Ausländer wird es in dieser Saison im Emmental kaum mehr geben. Auf Kurzauftritte wie diejenigen von Eric Healey oder Hakan Bogg werden die Langnauer in diesem Jahr aus finanziellen Gründen wohl verzichten.
Finanzielle Sorgen
Trotz dem Start in die neue Meisterschaft, werden wohl auch in den kommenden Wochen die finanziellen Schwierigkeiten die Schlagzeilen im Emmental schreiben. Die Probleme in Langnau haben sich in den letzten Jahren immer mehr angesammelt. Der abtretende Präsident Hans Grunder stopfte zwar das jährliche Defizit, die Gründe für dasselbe wurden von der Verantwotlichen jedoch nie wahrgenommen. Stattdessen wurde das Lohngefüge je länger je mehr strapaziert. So wurden einige Spieler und Funktionäre in den vergangenen Jahren über den im Emmental üblichen Verhältnisse entlohnt. Dazu kommt die weltweite Wirtschaftskrise, die einen "kleinen" Verein wie die SCL Tigers auch trifft. Auch in wirtschaftlich stabilen Zeiten ist es für einen Eishockeyclub fast unmöglich, ein Geschäftsjahr mit einem positiven Ergebnis abzuschliessen. Umso schwieriger ist dies in Krisenzeiten, in denen Mindereinnahmen im Sponsoring und ein Rückgang der Zuschauerzahlen erwartet werden. Diesen negativen Tendenzen haben die Tigers mit massiven Lohnkürzungen entgegengehalten. Die ganze Belegschaft des Klubs muss, sofern sie den neuen Bedingungen zugestimmt haben, Lohneinbussen zwischen 10%- 15% hinnehmen.
Teamgeist als Pluspunkt
Dass mit Reto Kobach nur gerade ein Schweizer Akteur der Tigers die neuen Lohnvereinbarungen abgelehnt hat, spricht für den Geist innerhalb des Teams. Das ganze Umfeld mit der Mannschaft und den Fans sowie die schöne Region sind denn auch ein Grund dafür, dass der Österreichische Stürmer Oliver Setzinger trotz lukrativen Angeboten aus der KHL im Emmental bleibt. Er will auch in diesen schweren Zeiten zu den SCL Tigers stehen. Das "Wir"-Gefühl, das ist das Positive in dieser katastrophalen Phase, wurde im Emmental in dieser schwierigen Zeit nun noch mehr gestärkt. Die Bevölkerung und insbesondere die Wirtschaft steht hinter der Mannschaft. Mit dieser Unterstützung im Rücken sind die Tigers zu einigen Überraschungen fähig. Das Ziel für die Mannschaft kann nach den gewichtigen Abgängen trotzdem nur Klassenerhalt heissen. Doch wer weiss, vielleicht könnte die geringe Erwartungshaltung gar zu einer Überraschung und der erstmaligen Playoff-Qualifikation führen.