Kleine Königreiche: Notizen zur Swiss League

08.09.25 - Von Urs Berger

Die Liga spricht leise. Kufen schreiben kurze Sätze, die Luft liest mit. Robert Walser, der Schweizer Schriftsteller, würde nicken: Mut im Kleinen, Ordnung vor Geräusch. Ein Blick kurz vor dem Saisonstart auf die Swiss League und die Mannschaften der zweithöchsten Spielklasse.

EHC Arosa
Hier oben ruft man nicht, man nickt gegen den Hang. Die Luft ist dünn, die Schritte sind genau. Coach Rolf Schrepfer baut von hinten nach vorn – geordnetes frühes Anlaufen, Tempo erst aus Struktur. Krakauskas bringt Abschluss von aussen, Révész besetzt den Slot, Tedoldi hält die blaue Linie sauber; Perrin, mit Simeoni im Rücken, soll das junge Tor ruhig halten. Offen bleibt die Konstanz über 52 Abende. Am Ende zählt Pünktlichkeit: Man hält den Takt – und trifft zur rechten Zeit. Frech gesagt: Marketing gibt’s unten im Tal. Wenn die Höhenluft zwickt, hilft ein sauberer Check besser als Tee.

EHC Basel
Am Rhein arbeitet man mit Kaimauern, nicht mit Girlanden. Der Eric Himelfarb bleibt Cheftrainer, sein prominenter Assistent Heinz Ehlers steht für klare Linien und nüchterne Disziplin. Vorne tragen Rossi, Supinski und Stukel, hinten räumen Zubler und Rouiller; Basel spielt direkt, mit wenigen Umwegen und viel geradeaus. Das grösste Fragezeichen ist banal und gross: der fehlende Starter im Tor – Nachschub gilt als wahrscheinlich. Ironie am Kai: Hafen ohne Goalie ist wie Schiff ohne Kapitän – es legt trotzdem ab, aber bitte ohne Sturm. Ehlers hebt die Augenbraue, und plötzlich stimmt die Laufroute.

EHC Chur
Chur spart an Kurven wie an Adjektiven. Jan und Reto von Arx geben den Takt: gradlinig, bissig, ohne Dekor. Despont ordnet mit Reichweite und Slot-Präsenz, Melnalksnis verteilt ruhig durch die Mitte, Hammerer schafft Net-Front; im Tor setzt man auf eine junge Lösung. Das Powerplay muss an Stimme gewinnen, damit der nüchterne Plan auch an grauen Dienstagen trägt. Wenn es spricht, reicht der Februar bis in den März. Sarkastisch kurz: Romantik gibts in Davos – an der Landstrasse. In Chur wird mit Klinge argumentiert.

EHC Olten
Olten erzählt nicht, Olten sortiert. Christian Wohlwend stellt Reihen, die laufen, bevor sie klingen. Asselin liefert Tore, Crone verbindet Vorlage und Abschluss, Sterchi kommt am zweiten Pfosten pünktlich; an der blauen Linie stehen Antonietti für Physis und Törmänen für Abstände, dahinter der junge Solèr. Solange Obrist fehlt, muss die Center-Achse halten. Absicht ist Nüchternheit: Bedienungsanleitung statt Parole – Schraube fest, Punkte drauf. Humor trocken: Wenn hier etwas glitzert, ist es Eis, nicht Rhetorik. Die Stadionwurst hat mehr Kurven als das System – und das ist ein Kompliment.

EHC Visp
Im Rhonetal mag man Pläne, die funktionieren. Luca Gianinazzi organisiert Wege, dann Tempo. Markkanen hält ruhig, davor sorgt die Achse Eigenmann/Forrer für Ordnung und Reichweite; offensiv findet Brodecki die Lücken, Nilsson und Brüschweiler geben den Takt. Methodik und niedrige Fehlerquote sind das Programm, die Durchschlagskraft an engen Abenden bleibt die Prüffrage. Mehr Heizwerk als Feuerwerk – zuverlässig warm, selbst wenn der Föhn an den Türen rüttelt. Zwischendurch frech: Wer Show will, fährt ins Kino nach Brig. Brodecki lächelt selten – meist nach einem Tip-in. Und wenn der Föhn weht, macht Visp einfach die Schiebetür zu.

EHC Winterthur
Winterthur sammelt Punkte über Strecke. Markus Studer schreibt: Wege zuerst, Tempo danach. Molin verbindet die Reihe, Madsen liefert Schub, Leone hält die Gerade; hinten bilden Ortenszky und Steiner den Räumdienst, im Tor steht Stettler, unterstützt von Brodecky. Simpel halten, sauber stehen – so lautet die Maxime. Entscheidend wird die Scoring-Tiefe über längere Phasen. Am Ende zählt der Kilometerstand: unauffällig, verlässlich. Humor ohne Glitzer: Magie gibt’s hier – beim Eiswart. Die Altstadt darf funkeln, der Slot nicht.

GCK Lions
Die Küsnachter Löwen glätten, bevor sie glänzen. Peter Andersson spricht leise, die Ordnung erledigt den Rest. Vorn bilden Kärki als Zielspieler und Cunti als Puckkontrolleur die Leitplanken; Oejdemark liefert den ersten Pass, Metzger stellt Format ins Tor. Ausbildungs-DNA mit Wettbewerbsanspruch – die jungen Flügel müssen deren Konstanz halten. Aufrücken ist hier ein Fahrplan, kein Sprung. Mit Augenzwinkern: Praktikum, ja – aber mit Noten. Cunti toleriert keine Tippfehler, auch nicht bei Annahmen.

GDT Bellinzona Snakes
Südlicht, kurze Wege, viel Lernen. Nicola Pini setzt auf Entwicklung, das Kader bleibt bewusst jung. Schwenninger stabilisiert das Zentrum, Favre sichert den Slot, Weber sorgt für Tempo außen, Berti hält ruhig – viele Leihen, wenig Patina. Der Alltag der Liga misst die Fehlerquote, nicht die Absicht. Erst die Spur halten, dann beschleunigen: So wird aus Rohstoff Routine. Locker frech: Hier kühlt der Espresso schneller ab, als die Jungs Fehlpässe verlernen. Fehler sind erlaubt – aber nur in Kleinbuchstaben. Erfahrung? Kommt im Monatsabo.

HC La Chaux-de-Fonds
Hier oben tickt die Stadt, das Team bleibt sachlich. Im Tor steht Östlund für Routine, an der blauen Linie hält Huguenin die lokale Achse, in der Mitte lenkt Chiriaev, aussen arbeitet Olden, während Boucher verletzt fehlt. Klare Abläufe statt Spektakel – und die Frage, wer bis zur Rückkehr die Tore trägt. Der Minutenzeiger läuft; wer ihm folgt, trifft zur vollen Stunde. Ironisch leise: Der Lärm kommt von der Uhr, nicht vom Hallensprecher. Wer den Trainer nicht findet, findet immerhin Strukturen. Olden hat so viel Reichweite, dass sogar die Bandenwerbung zurückweicht.

HC Sierre
Sierre arbeitet, ohne sich zu erklären. Chris McSorley vereint GM und Head Coach – Disziplin, Wiederholung, Serie. Giovannini bringt Ruhe im Tor, Maxime Montandon Reichweite an der blauen Linie; vorn setzen Houde als ruhiger Puls und Halbgewachs mit kurzem Antritt Akzente. Rollen und Wege sind klar, der Punch in engen Spielen bleibt zu beweisen, ebenso die Balance zwischen Alt und Jung. Manchmal genügt ein „nochmals“ – dann sitzt es. Spitz, aber fair: McSorley lächelt – und die Wechselzeiten werden plötzlich korrekt.

HC Thurgau
Thurgau schreibt wie im Obstgarten: Reihen, Ruhe, Regelmässigkeit. Anders Olsson sagt „so“, und es bleibt so. Ljunggren organisiert durch die Mitte, Hächler und Kühni räumen hinten, Croce hält stabil; Huet und Fadani stehen bereit. Gerader Weg, lesbarer erster Pass, stabile Box – doch ohne den verletzten Backman muss die Torausbeute reichen. Wer regelmässig erntet, füllt die Kiste – auch ohne Schlagzeile. Mit trockenem Humor: Die Apfelernte beginnt nach dem Spiel; vorher gibts Zweikämpfe.

Die Liga endet, wie sie beginnt: leise, genau. Man arbeitet, feilt, radiert – und zeigt, dass Bescheidenheit und Mut zusammenpassen. Walser hätte gelächelt und weitergeblättert.