Finalduell der Titellosen

31.12.2024 - Von Martin Merk

Die Straubing Tigers fordern als Aussenseiter Fribourg-Gottéron im Finale des Spengler Cups heraus. Einer der beiden Clubs wird an Silvester seinen ersten Titelgewinn feiern.

Wer gewinnt den Spengler Cup? Das Überraschungsteam Straubing Tigers, das erst frisch zur internationalen Clubszene gehört? Oder Fribourg-Gottéron, das in den letzten vier Jahren dreimal eine Top-3-Position in der regulären Saison hatte und fünfmal Vizemeister wurde (1983, 1992-1994, 2013), dabei viermal einen Playoff-Final verlor? Einer der beiden Clubs wird heute Geschichte schreiben.

Die 50’000-Einwohner-Stadt Straubing, ähnlich gross wie Fribourg, ist auf der europäischen Parkett noch nicht ein so geläufiger Name wie der Gegner. Erst seit 2006 ist die bayrische Stadt in der höchsten Liga Deutschlands vertreten und versucht seither mit beschränktem Budget die DEL aufzumischen. Letzte Saison gelang das so erfolgreich wie noch nie mit dem dritten Rang in der regulären Saison und der zweiten Halbfinalteilnahme der Clubgeschichte. Diese Saison sind die Tiger als Siebter nach Punkten pro Spiel im Mittelfeld.

«Wir wissen, dass wir ein klein- bis mittelgrosses Team sind in unserer Liga, wollen uns aber international präsentieren, unsere Liga, Stadt und Verein stolz machen», erklärt der Straubing-Trainer Tom Pokel die Ambitionen. «Ich glaube an uns. Wir haben eine solide Teamstruktur. Wir brauchten in diesem Umfeld [am Spengler Cup] zwei Spiele zum Lernen und haben davon profitiert. Wir haben nun die richtigen Spiele gewonnen.»

Ähnlich wie auch Fribourg-Gottéron bedeutet dies eine intensive Saison mit der Champions Hockey League und dem Spengler Cup als internationales Schaufenster zusätzlich zur Meisterschaft. Das heutige Finalspiel wird das 43. Pflichtspiel in den drei Wettbewerben, rechnet Pokel vor. Und nun steht man nach Startschwierigkeiten im Finale. Es wäre der grösste Erfolg der Clubgeschichte.

«Es ist schon eine Überraschung, wir können nicht sagen, dass wir das erwarten durften. Wir hatten die ersten beiden Spiele verloren, mussten uns zuerst zurecht finden im Turnier. Da steckt Charakter, Liebe und Herz dahinter», sagte der Abwehrroutinier Marcel Brandt nach dem Sieg gegen das Team Canada.

Von der Rolle des Underdogs spricht auch Pokel. «Die Underdog-Rolle passt uns. Es zeigt unsere Mentalität. Kopf hoch, Brust raus und das Spiel gewinnen. Ich bin stolz auf die Jungs, die Aufopferungsbereitschaft, den Siegeswillen», sagt der Kanadier. «Egal auf wen wir im Finale treffen, wir sind die Underdogs.»

Brandt gibt sich da, wenn auch mit einem grossen Schmunzeln, etwas wortgewaltiger: «Egal gegen wen wir im Finale spielen, wir putzen die weg!»

In den Worten Brandts spielen wohl eine Mischung aus Selbstvertrauen und Sarkasmus mit. Denn die Niederbayern haben ein Problem: Sie haben diese Saison fünf Duelle gegen Schweizer Clubs verloren: In der Champions Hockey League dreimal gegen die ZSC Lions (2:3, 2:4, 1:7), gegen Fribourg-Gottéron (2:3 n.V.) und am Spengler Cup gegen den HC Davos (0:5).

«Wir kennen beide Teams, haben diese Saison gegen sie gespielt», sagt Brandt du den Finalgegnern und sehnt sich nach Revanche. «Wir müssen von der Strafbank wegbleiben», betont er nach den bisherigen Erfahrungen gegen die Schweizer. Und auch 60 Minuten durchspielen. Denn gegen Davos sei man im letzten Drittel kaputt gewesen. «Da musst du 60 Minuten eine gute Leistung zeigen.»

Während Straubing die Überraschungsmannschaft ist, ist die Sehnsucht nach einem ersten Titel bei Fribourg-Gottéron riesig. Dafür plant der Club einen grossen sportlichen Umbau mit dem schwedischen Erfolgscoach Roger Rönnberg ab Sommer 2025. Doch weil die laufende Übergangssaison bislang in die Hose ging, wechselte man kürzlich den Trainer aus. Lars Leuenberger, der heimlich bereits einen Vertrag als Assistenztrainer Rönnbergs unterschrieben hatte, ist bis Ende Saison der neue Chef hinter der Bande. Und könnte mit dem Spengler Cup Clubgeschichte schreiben.

Einfach wird es jedoch nicht, denn die Straubing Tigers sind nach den Siegen gegen Pardubice und dem Team Canada im Hoch.

«Es wird ein hartes Stück Arbeit. Sie haben ihren Platz im Finale verdient und sind defensiv stark», blickt Christoph Bertschy aufs Finale.

Der gestrige Doppeltorschütze Linden Vey kennt Straubing von seiner letzten Saison, die er mit Adler Mannheim bestritt.

«In Deutschland spielen grosse, physische Teams, die nicht aufgeben», sagt er über den Gegner.

Ein hartes Stück Arbeit war vor zweieinhalb Monaten der erknorzte Sieg in der CHL. Jacob de la Rose sorgte als Doppeltorschütze für die Wende vom 0:1 zum 2:1 ehe die Deutschen 14 Sekunden vor dem vermeintlichen Ende ausgleichen konnten. Sandro Schmid erzielte damals das Siegestor in der Verlängerung, wird heute aber verletzt fehlen.

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Straubing vs. Fribourg


Taylor Leier und seine Straubinger Teamkollegen feiern nach dem Sieg gegen das Team Canada. Foto: KEYSTONE-SDA / Melanie Duchene
 


Christoph Bertschy feiert Gottérons Siegestor gegen den HC Davos. Foto: KEYSTONE-SDA / Til Bürgy