Dienstag, 27. April 2004 // 16:15 Uhr.

WM 2004, 2. Gruppenspiel

4 : 4
(0:0, 1:4, 3:0)
Schweiz Österreich


Matchtelegramm

 

Zuschauer: Sazka Arena, Prag. - 8909 Zuschauer.
Schiedsrichter: Hansen (NOR), Coenen/Lesnjak (NED/SLN).
Tore:
      ·  20.44 Streit (Keller) 1:0.
      ·  23.54 Welser (André Lakos / Ausschluss Hirschi) 1:1.
      ·  31.30 Vanek (Trattnig / Strafe angezeigt) 1:2.
      ·  34.02 Philipp Lukas (Vanek, Robert Lukas / Ausschluss Streit) 1:3.
      ·  39.35 Unterluggauer (Setzinger, Koch / Ausschluss Vauclair) 1:4.
      ·  41.15 Plüss (Keller) 2:4.
      ·  53.19 Jenni (Forster) 3:4.
      ·  59.38 Rüthemann (Plüss, Wichser / mit sechs Feldspielern) 4:4.

Strafen:
      ·  00.27 SUI Keller.
      ·  04.12 SUI Plüss.
      ·  08.59 OES Kalt.
      ·  08.59 SUI Rüthemann.
      ·  13.09 OES Pöck.
      ·  22.13 SUI Hirschi.
      ·  26.50 OES Unterluggauer.
      ·  26.50 OES Setzinger.
      ·  28.52 OES Koch.
      ·  32.25 SUI Streit.
      ·  38.28 SUI Vauclair.
      ·  44.27 SUI zu viele Spieler.

Schweiz: Martin Gerber (Ersatz: Bührer); Keller, Streit; Hirschi, Steinegger; Seger, Forster; Vauclair; Paterlini, Thomas Ziegler, Rüthemann; Patrick Fischer I, Cereda, Bezina; Wirz, Ambühl, Jenni; Della Rossa, Plüss, Wichser; Jeannin.

Österreich: Reinhard Divis; André Lakos, Ulrich; Robert Lukas, Pöck; Philipp Lakos, Unterluggauer; Trattnig, Kalt, Vanek; Peintner, Philipp Lukas, Szücs; Welser, Koch, Setzinger; Harand, Kaspitz, Horsky; Raimund Divis.

Schussverhältnis: 32:30 (9:9, 11:11, 12:10).

Bemerkugen: Schweiz ohne Kobach, Rüeger und Reichert (alle überzählig). - Schweiz ab 59:24 ohne Torhüter. - Powerplay: Schweiz 0/3, Österreich 3/6.


4:4-Remis in Extremis schmeichelt "Eisgenossen"

Von Robert Szendröi, Prag

Beinahe hätte man sich mit der 3:4-Niederlage gegen Österreich abfinden müssen. Doch 32 Sekunden vor der Schlusssirene gelang Ivo Rüthemann, in der Manier eines bodenständigen Hornussers, der glückhafte Ausgleichstreffer zum 4:4-Schlussresultat. Allerdings bevor der Treffer von Referee Hansen gutgeheissen wurde, konsultierte er minutenlang die Video-Hintertorkamera und telefonierte mit dem Hauptschiedsrichter. Die Geduldsprobe im Schweizer Umfeld wurde zusätzlich von der Stadionregie angeheizt, indem man die weltbekannte Ennio Morricone-Titelmelodie vom Western-Klassiker "Spiel mir das Lied vom Tod" anspielte.

Leichtes Schweizer Chancenplus im Startdrittel
Wie bereits im Auftaktspiel gegen Frankreich gelang es den Rotjacken vorerst nicht, das Spiel wunschgemäss unter Kontrolle zu bringen. Die erste Hälfte vor der ersten Pause gehörte den Österreichern. Glücklicherweise aus Schweizer Sicht erspielten sich unsere östlichen Nachbarn keine zwingenden Tormöglichkeiten. Danach lösten sich die Schützlinge nach und nach aus ihrer Lethargie und fanden besser ins Spiel. Die besten Aktionen ereigneten sich kurz vor Drittelsende. Zuerst waren es Paterlini und Ziegler, die sich gemeinsam bis vor Austria-Hüter Divis kombinierten. Schade, dass dabei der Abschlussversuch zu kläglich ausfiel. Nur gerade 34 Sekunden später verlor Adrian Wichser sein Einzelduell gegen Goalie Divis. Dem HC Lugano-Flügelstürmer gelang es nicht, den Puck in den Netzhimmel zu heben. Der linke Schienbeinschoner des österreichischen NHL-Goalies bedeutete Endstation bei Wichsers Abschlussversuch.

20 Minuten ins Steinzeitalter zurückversetzt
Der zweite Abschnitt liess sich nicht mit der Partie gegen Frankreich vergleichen. Obwohl die Krueger-Jungs durch den zum besten Helvetier ausgezeichneten Mark Streit den 1:0-Führungstreffer erzielten, fühlten sie sich spätestens nach dem vierten Austria-Gegentreffer von Gerhard Unterluggauer in die Steinzeit unseres Hockeys zurückkatapultiert. Innerhalb von exakt 15 Minuten und 41 Sekunden schossen sich nämlich die "Walzerianer" vorderhand in den Eishockey-Himmel. Welser (23:54, im Powerplay), Vanek (31:30), Lukas (34:02, Powerplay) und eben Unterluggauer (39:35, im Powerplay) hiessen die Torschützen. Keine Frage, dass die Rotjacken besonders während dieser Phase einen desolaten Eindruck hinterliessen. Weder das Überzahl- noch das Unterzahlspiel erreichten den erforderlichen Minimalwert. Dafür sprechen die folgenden beiden Zahlen eine eindeutige Sprache: Während zwei Minuten agierten die Schweizer in einem 5:3-Powerplay quasi wie Schulkinder. Sie liessen mehr als eine Spielminute verstreichen bis sie sich endlich im gegnerischen Drittel - immerhin - formieren konnten. Von einem vergoldeten Abschlussversuch konnte aber nie geträumt werden. Weil die Eidgenossen im Boxplay den Österreichern gleich drei Tore zugestehen mussten, beendete erst die zweite Schlusssirene den Albtraum unserer Nationalmannschaft.

Im Namen der Ehre...
Noch im richtigen Moment nahm Captain Mark Streit seine Leaderrolle wahr, indem er deftige Worte an seine Teamkumpanen richtete. Dabei forderte er vehement einen rassigen 2:4-Anschlusstreffer. Anscheinend hatte seine Initiative beim Team einen neuen Tatendrang provoziert. Ansonsten wäre wohl die sehenswerte Einzelleistung von Martin Plüss zum zweiten Schweizer Treffer nicht zustande gekommen. Der offiziell noch Kloten Flyers-Stürmer kurvte in Richtung Slot und bezwang Austria-Keeper Divis mit einem satten Flachschuss. Damit war der helvetische Hockeykessel wieder frisch gerührt. Nun war der Sturmlauf - im Namen der Ehre - wahrhaftig lanciert. Keine Frage, dass dabei der Risikofaktor erhöht wurde. Deshalb eröffneten sich den Österreichern einige Konterchancen mehr, als den "Eisgenossen" üblicherweise lieb ist. Während diesen Momenten konnte sich auch Anaheim-Goalie Martin Gerber auszeichnen. Dies nachdem er gestern nicht den gleich bestechenden Eindruck, wie noch gegen die Slowakei im Vorbereitungsspiel oder gegen Frankreich an den Tag legte. Mit dem letztendlich dennoch glückhaften Punktgewinn haben sie den Moralspiegel für das letzte Vorrundenspiel gegen Kanada noch rechtzeitig ins Gleichgewicht gebracht. Will man aber gegen die bisher enttäuschenden Kanadier bestehen, braucht es eine Topleistung von jedermann in jeder Hinsicht.

Die Stimmen zum Spiel:

Thierry Paterlini: "Wir benötigten nach den drei einkassierten Boxplay-Toren geraume Zeit, um zu unserem Spiel zurückzufinden. Zum Sieg hat es nicht mehr gereicht, aber wir können mit dem Remis zufrieden sein."
Martin Plüss: "Wir haben mit dem Aufholen des 1:4-Rückstandes bewiesen, dass in unserer Truppe viel Leidenschaft vorhanden ist. Ausserdem haben wir allen gezeigt, dass wir eine Niederlage nicht vorzeitig akzeptieren. Wir wollten die Österreicher im letzten Drittel noch einmal nervös machen. Das ist uns gelungen."
Julien Vauclair: "Die Strafenflut im zweiten Drittel kam uns teuer zu stehen. Dazu haben wir es im 5:3-Überzahlspiel verpasst den 2:1-Führungstreffer zu realisieren. Gegen die Kanadier starten wir als so genannte Aussenseiter in die Partie. Während 60 Minuten müssen wir versuchen keine überflüssigen Strafen zu verursachen."
Ralph Krueger: "Beim 5:3-Powerplay zu unseren Gunsten waren wir nicht richtig bei der Sache. Dazu hatten wir die Emotionen nicht immer richtig im Griff. Wenigstens haben wir noch einen Punkt geholt."
Martin Gerber: "Wir sind gut ins Spiel gestartet. Im Mitteldrittel agierten wir zu passiv. Unsere Steigerung im Schlussabschnitt war unheimlich wichtig. Keine Frage, dass ich mich auf ein Torhüterduell gegen meinen Teamkamearden bei den Anaheim Mighty Ducks Jean-Sébastien Giguère freuen würde. Ich weiss aber noch nicht, wer morgen im Torkasten steht."


Tabelle Gruppe D
1.Österreich*312012:64
2.Schweiz*211010:43
3.Kanada*21105:23
4.Frankreich+30030:150

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