Fotos: Christian Häusler (auf Bild klicken für MMS)





Über Nacht in den Wilden Westen

Von Christian Häusler

Wegen Motivationsproblemen kehrte Elias Bianchi über Nacht dem HC Lugano den Rücken zu und suchte die neue Herausforderung im Wilden Westen, der USHL (United States Hockey League). Die Integration fiel dem ehemaligen Schweizer U18-Internationalen dank seines früheren Lugano Teamkollegen Pasquale Terrazzano nicht schwer.

Nicht nur die kanadischen Juniorenligen werden bei den Schweizern immer beliebter, auch die USA wird immer häufiger zum Reiseziel. Seit dieser Saison spielen gleich drei Schweizer in der USHL, zum Goalie Pasquale Terrazzano gesellten sich um die Weihnachtszeit der Angreifer Luca Cunti und Mitte Januar Elias Bianchi. Der Lugano-Stürmer wechselte praktisch über Nacht vom Tessin in den Westen, die Hintergründe zu seinem Wechsel erzählt Elias Bianchi gegenüber hockeyfans.ch.

Hockeyfans.ch: Wieso hast du praktisch über Nacht den HC Lugano in Richtung Columbus (Ohio, USA) verlassen?

Elias Bianchi: Nach einer guten letzten Saison (29 Tore, 22 Assists in 46 Elite A-Juniorenspielen) hatte ich zu Beginn der Saison mehr erwartet, als nur Elite- A zu spielen. Ich meine damit nicht Stammspieler beim HC Lugano zu sein, aber zumindest öfters mit der ersten Mannschaft mit trainieren zu dürfen. So begann ich die neue Saison unmotiviert, selbst in der Schule (Gymnasium) machte sich das bemerkbar.

Was fehlte dir genau beim HC Lugano, damit deine Motivation gestiegen wäre?

Es fehlte mir die Motivation, aber nicht weil ich bei den Junioren mitspielen musste, sondern weil ich nicht mit der ersten Mannschaft trainieren durfte. So konnte ich nicht mit den anderen Spielern konkurrieren und mir damit auch keinen Platz im Team erkämpfen respektive verdienen. Um in der NLA spielen zu können, muss ich jeden Tag mit der ersten Mannschaft trainieren, damit ich mich an die Schnelligkeit und Intensität gewöhne. Da mir dies verwehrt blieb spürte ich, dass ich mich nicht wunschgemäss verbessern konnte. Von Sandro Bertaggia konnte ich viel lernen, aber das Spiel brachte mich nicht weiter und so entschied ich mich nach Amerika zu gehen.

In Ohio bist du nicht alleine, mit Pasquale Terrazzano hast du einen guten Kollegen im selben Team. Wie fest hat er dir bei der Integration geholfen?

Pasquale hat mir sehr geholfen, wir verstehen uns auf und neben dem Eis sehr gut und verbringen viel Zeit miteinander. Er ist nicht nur auf dem Eis eine Leaderfigur, sondern auch in der Garderobe. Dank seinen Leistungen wird er respektiert und alle Mannschaftskameraden wissen nun, dass auch Schweizer Spieler gute Leistungen bringen können. Dadurch bin ich auf und neben dem Eis schnell in die Mannschaft integriert worden.

Was erwartest du von diesem Wechsel in die USHL?

Wie alle Eishockeyspieler träume auch ich von der NHL, denn dieses Ziel will jeder erreichen. Jetzt muss für sich den richtigen Weg dahin finden, dass heisst über die USHL, AHL in die NHL oder zuerst zurück in die Schweiz und dann sich über die NLA via AHL für die NHL aufdrängen. Vielleicht ist es besser in Amerika zu bleiben, denn hier ist der Konkurrenzkampf grösser und man muss jeden Tag hart arbeiten. Aus dieser Sicht schneidet die Schweiz schlechter ab, denn hier gewöhnt man sich schnell an ein gutes Leben und man vergisst schneller, dass man weiter hart arbeiten muss. Entscheidend ist der Wille.

Wie gefällt es dir in Ohio? Könntest du dir vorstellen eine weitere Saison hier zu spielen?

In Ohio gefällt es mir sehr gut. Die Leute sind freundlich und sehr nett. Ich wohne in Lewis rund 20 Minuten ausserhalb von Columbus, da ist es deutlich ruhiger und dennoch habe ich alles was ich brauche. Neben dem Eishockeytraining lerne ich Englisch und besuche am Morgen das Krafttraining. Je nachdem wie die Offerte sein wird, möchte ich noch eine weitere Saison hier verbringen.

Was ist in der USHL anders als bei den Elite-A Junioren?

Man kann die USHL und die Elite-A nicht vergleichen, es gibt zu viele Unterschiede. Die amerikanische Juniorenliga ist eher vergleichbar mit der NLB, aber hier ist die Intensität viel höher und du hast weniger Zeit, um zu denken. Es gibt hier fast keinen Spieler, der den Puck einfach raus spielt, jeder übernimmt Verantwortung. Der grösste Unterschied ist die Mentalität, jeder will hier gewinnen, sei dies im Spiel oder im Training. Das bringt uns Spieler weiter.

In der laufenden Saison bestritt Elias Bianchi neben 6 NLA- und 29 Elite-A-Spielen mit dem HC Lugano, 17 USHL-Spiele, dabei schoss er 4 Tore und gab 10 Assists. Der junge Tessiner wird in wenigen Wochen in die Schweiz zurückkehren und dann wird sich zeigen, ob er in die Staaten zurückkehren oder in der NLA/NLB einen Vertrag unterzeichnen wird.