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Viel Palaver, eine Ligareform und hitzige Diskussionen

Von Urs Berger und Christian Wassmer

Keine leichte Aufgabe an der Gesellschafterversammlung vom 27. April 2005 für den Präsidenten der Nationalliga, Franz A. Zölch. Immer wieder verzettelten sich die einzelnen Mitglieder in unbedeutenden Details, welche zur Zeit noch nicht von Interesse sein können. Die Diskussion über das Grundsatzpapier dauerte über drei Stunden und ehe sich die anwesenden Vertreter der Klubs zu einem Konsens finden konnten, brauchte es einige Male klare Worte vom Präsidenten. Es scheint, als sei innerhalb der Liga eine Reformstau aufgetreten, konnten sich doch die anwesenden Vertreter nur auf den kleinstmöglichen Nenner verständigen. Ein Protokoll von einer denkwürdigen Versammlung.

PDF Das neue Leitbild der Nationalliga GmbH
PDF Entwurf der Durchlässigkeits-Kriterien

Es ist 9 Uhr morgens in Egerkingen im Restaurant Mövenpick. Unten in den Kongressräumen tummelt sich die Teppichetage des Schweizer Eishockeys. Einige scheinen noch die letzen Details zu besprechen und die Strategie festzulegen. Kurz nach 9 Uhr beginnt dann die Sitzung und auch das Palaver. In den einführenden Worten gemahnt der Nationalliga-Präsident die Anwesenden noch einmal, wie wichtig diese Sitzung sei, man in den letzen Workshops die Grundlagen gefunden hätte und diese nun umsetzen wolle. Ansonsten drohe ein Reformstau und man sei gegen Aussen nicht glaubwürdig. Doch rasch wurde klar, dass diese Worte noch nicht den nötigen Nährboden gefunden hatten und sich die Gesellschafter an einigen Details und Grundsätzen zu zerreiben begannen. So war eines der Hauptvoten, dass man doch auch bereit sein müsse, Risikobereitschaft einzugehen und diese auch zu leben. "Denn nur so," so Beat Kaufmann, Verwaltungsratspräsident vom HC Lugano, "kann ich ein Geschäft in der Privatwirtschaft erfolgreich führen. Wir brauchen neue Strukturen um die Nationalliga an die neuen Gegebenheiten in der Wirtschaft anzupassen und an diese heranzuführen."

Doch wie konnte es denn zu dieser Situation kommen, dass man, kaum ist die Saison vorbei, schon wieder über eine Modusänderung diskutiert? Dazu meiner der Basler Sportchef Ueli Schwarz: "Seit mindestens drei Jahren haben wir Ende Saison immer wieder die gleichen Diskussionen wegen dem Modus. Somit kann doch etwas im System nicht stimmen und ein Reformbedarf ist angesagt. Das Papier, das wir hier vor uns haben, geht in die richtige Richtung und ist meines Erachtens ein guter Vorschlag, den man unterstützen muss. Es kann nicht sein, dass wir in einem Jahr wieder genau das gleiche diskutieren und somit heute keinen Schritt weitergekommen sind. Änderungen muss es geben und die sollen auch erfolgen. Dieser Schritt soll heute gemacht werden." Doch dem HC Davos, vertreten durch Verwaltungsratspräsident Tarcisius Caviezel, ging das Grundsatzpapier zu weinig weit und könne deshalb so nicht akzeptiert werden. Was aber genau geändert werden sollte, auf diesen Punkt gingen die Davoser nicht ein.

"Die Plauderstunde mit Trudi Gerster muss nun ein Ende haben!" polterte der Fribourg–Gottéron Geschäftsführer Roland von Mentlen und erinnerte alle Anwesenden an die letzten sieben Jahre. "Immer wieder wurde versucht, in der Liga Veränderungen sofort durchzuführen und zu verwirklichen. In Tat und Wahrheit besteht die Nationalliga A aus einer Zweiklassenliga, bei welcher die Klubs in den unteren Gefilden, etwa ab Rang sieben, immer mit weniger Geld auskommen müssen, da wir mit unseren unnötigen Modusdiskussionen allfällige Investoren und Aktionäre abschrecken und damit viel Goodwil vernichten." In das gleiche Horn stiess auch der Geschäftsführer von Rapperswil–Jona, Reto Klaus. "Alle wollen etwas ändern, doch niemand will richtig", und schiebt gleich nach, "dass auch wir einige Punkte gesehen haben, welche wir gerne diskutiert hätten, doch ist der Druck auf die Klubs zur Zeit zu gross um wirklich etwas Grundlegendes zu ändern."

Diese Feststellungen wollte der Franz A. Zölch nicht so im Raum stehen lassen und holte zu einer Generalpredigt aus, welche ihre Wirkung nicht verfehlen sollte: "Meine Herren," so der Präsident, " es kann doch nicht sein, dass wir immer nur debattieren und nichts beschliessen! Wir könen uns doch nicht nach dem Motto "Nichts hören, nichts sehen und nichts sagen" verhalten. Wir brauchen griffigere Strukturen, bessere Systeme. Hier in diesem Raum sitzen 24 Einzelpersonen, welche die Interessen ihrer Klubs vertreten. Somit scheint es unmöglich einen Problemlösungsansatz zu finden. Aber glauben sie mir: die Geschäftsführung der NL GmbH, hat sich mit diesem Papier, das sie nun hier haben, welches auch ein Resultat des Workshops vom 13. April ist, genau auseinander gesetzt und den bestmöglichen Konsens erarbeitet. Dieses Papier ist ein Leitbild, welches uns den erforderlichen Rahmen gibt um die Liga neu zu strukturieren. Wir sind uns bewusst, dass mit diesem Leitbild viel Arbeit auf uns wartet. Doch diese müssen wir in Angriff nehmen, wenn wir nicht stehen bleiben wollen, denn stehen bleiben bedeutet Rückschritt."

Und der NL-Präsident fährt fort: "Weiter können wir ohne dieses Leitbild keinen richtigen Bussinesplan entwerfen und umzusetzen. Diesen brauchen wir aber, um in der Zukunft richtig planen zu können und uns auf dem Markt noch besser zu positionieren und zu verkaufen. Dazu haben wir auch gewisse Reglemente verabschiedet, welche hier in diesem Raum allen bekannt sind. Einige Klubs versuchen nun diese Reglemente, und es sind immer die gleichen, auf ihre Art und Weise zu interpretieren und zurecht zu biegen, um einen Vorteil für sich zu erhalten. Meine Herren, das kann doch so nicht weitergehen! So wie wir uns Verhalten, verhalten wir und gegenüber dem Produkt Eishockey unglaubwürdig und betreiben Imageschädigung. Nun sind wir alle gefordert und wir müssen die ansehenden Probleme endlich lösen, sind es doch immer wieder die Gleichen die auftauchen. Wir brauchen jetzt ein neues Konzept um die Fans nicht zu enttäuschen, die Liga nicht dem Gespött Preis zu geben und die anstehenden Reformen schrittweise anzugehen."

Und schliesslich: "Um dieses grosse Ziel zu erreichen, braucht aber die Liga eine Vorlaufzeit von einem bis zwei Jahren. Hier braucht es von jeden einzelnen einen Kraftakt und auch viel guten Willen. Es kann dann nicht angehen, dass wir 100 Meter nach vorne gegangen sind und dann wieder 300 Meter zurück. Dann erscheinen wir wieder Unglaubwürdig und nicht professionell. Wir müssen nun die Zeichen der Zeit erkennen und diese auch umsetzen!"

In der anschliessenden Diskussion wurden die schon bekannten Stellungnahmen der Klubs noch einmal bekräftigt. So meinte denn etwa der ZSC Sportdirektor Simon Schenk, "es nun einmal im Sport so, dass es Sieger und Verlierer gibt. Mit dem vorliegenden Papier ist dies aber nicht der Fall und das ist Verwässerung des Sports." Mit dieser Meinung war aber Simon Schenk alleine und das Grundsatzpapier, das neue Leitbild wurde nach gut drei Stunden intensiver Diskussion und vielen weiteren Voten mit einem überwältigenden Mehr angenommen. Die Weichen für eine bessere (?) Zukunft sind gestellt. Dennoch wartet auf die Nationalliga noch viel Arbeit.

Die wichtigsten Punkte des neuen Leitbildes

Abschnitt III "Struktur", Punkt 6
Die Bestände der beiden Ligen sind:
- Nationalliga A: offen, werden von den marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen her bestimmt und werden auf die Erreichung sport-politischer Ziele ausgerichtet.
- Nationalliga A: offen, werden von den marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen her bestimmt und werden auf die Erreichung sport-politischer Ziele ausgerichtet.

Abschnitt IV "Aufgaben, Tätigkeiten, Bedingungen", Punkt 11
Die Durchlässigkeit zwischen der NLA und der NLB ist gewährleistet. Es sind dafür die Kriterien aus den Bereichen "Sport", "Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit / Finanzen", "Infrastruktur" und "Management / Logistik" massgebend.

Diese Durchlässigkeit-Kriterien befinden sich noch in der Entwurfsphase. Der momentane Vorschlag sieht sinngemäss folgende Kriterien für die einzelnen Bereiche vor.

Bereich "Sport"
Für den Aufsteig in die jeweils nächst höhere Liga (1. Liga --> NLB, sowie NLB --> NLA) ist der Schweizermeister-Titel in der aktuellen Liga notwendig. Ist ein Team dreimal hintereinander nach der Qualifikationsrunde letzter seiner Liga, steigt es in die nächst tiefere Liga ab, nach dem zweiten Mal hintereinander wird die Organisation einer Überprüfung durch die NL GmbH unterzogen.

Bereich "Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit / Finanzen"
Minimales Budget für die NL-Mannschaft von CHF 5'000'000 in der NLA bzw. CHF 1'750'000 in der NLB. Sowie eine Eintrittsgebühr von einer halben Million für die NLA bzw. 100'000 Franken für die NLB.

Bereich "Infrastruktur"
Ein Stadion mit Platz für mindestens 6'000 (NLA) bzw. 3'000 Zuschauer (NLB), einer Mindestanzahl Medienarbeitsplätze und sonstige Ansprüche an die Infrastruktur des Stadions und dessen Umgebung (Garderoben, Verkehrslage, Parkplätze, ...). Diese Bedingungen müssen erfüllt sein mit Beginn der Saison 2012/13.

Bereich "Management / Logistik"
Verschiedenste Bedingungen an die "internen Abläufe und Strukturen".


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