Background

Zurück zur Übersicht

Die Position der NHLPA – Alles nur Augenwischerei?

Von Urs Berger

Im dritten Teil unserer Serie haben wir die Vorschläge der Liga gesehen. In diesem Teil nehmen wir nun die Gegenargumente und die Vorschläge der NHLPA unter die Lupe.

Die Gewerkschaft, welche von Bob Goodenow* gegen aussen vertreten wird, sieht die NHL in der Position, dass diese die Lage in den führen 90er Jahren mit der Expansion der Liga unterschätzt hat und nun die Spieler mit einer Reduzierung des Lohnes von durchschnittlich $1.8 Millionen auf $1.3 Millionen, dies entspricht einer Reduzierung von ca. 27.8 %, bestrafen will. Diese Position zu verteidigen ist nur rechtens, geht es doch der Gewerkschaft um die Löhne der Spieler und deren Zukunft. Anzufügen ist auch, dass diese Löhne nicht, wie in der Schweiz üblich Netto-Löhne sind, sondern Brutto-Löhne. Zudem bestreitet die Gewerkschaft die Zahlen der Eigentümer, welche die NHL, hauptsächlich im Levitt-Report*, begründet hat. Im Gegenzug hat die Gewerkschaft den Eigentümern der Liga folgende vier Vorschläge unterbreitet, welche man aus ihrer Sicht als Diskussionsgrundlage brauchen kann:

  1. Die Spieler verzichten auf 5% ihres Lohnes, was nach ihren Berechnungen $100 Millionen einsparen würde.
  2. Sollte ein Klub mehr als $35 - $40 Millionen, dies gilt es noch zu bestimmen, in die Spieler investieren, wäre eine spezielle Steuer, eine so genannte "Luxus–Taxe" angebracht, welche die Teams zu bezahlen hätten. Dies würde vor allem die "grossen Teams" wie zum Beispiel die New York Rangers, welche eine geschätzte Gehaltsliste von $65 Millionen hat, hart treffen.
  3. Die gesamten Einnahmen der Klubs würden in einen Topf fliessen und danach an die finanzschwachen Klubs weitergegeben. Die Klubs, welche in den schwarzen Zahlen sind, kommen somit für die finanzschwächeren Klubs auf. Zurzeit wären das 17 Klubs, die davon profitieren würden.
  4. Die Spieler sind bereit, das so genannte Entry Level System* zu überdenken und Bestimmungen, welche bis anhin galten, über den Haufen zu werfen. Dies betrifft vor allem die Länge der Verträge, die Restricted Free Agents*, das Alter der Spieler oder der "Dienstjahre". Auch hier muss man, gemäss den Angaben der NHLPA noch genauer definieren, was, wie und wann geschieht.

Diese vier Vorschläge seien genügend, begründen verschiedene Exponenten der Gewerkschaft in verschiedenen Interviews und Stellungnahmen in Radios und Fernsehen. In all diesen Aussagen kann man jedoch den Grundtenor heraushören, dass die Spieler unter keinen Umständen eine Lohnreduktion, wie von der Liga vorgeschlagen, annehmen werden. Die "Schuld" an der Kostenexplosion in der NHL wird den Klubbesitzern und der Ligaleitung in die Schuhe geschoben. So äusserte sich ein Agent gegenüber hockeyfans.ch wie folgt: "Der Ausbau der Liga auf 30 Klubs lief zu schnell und nicht koordiniert ab. Die Besitzer, respektive die Ligaleitung unter Gary Betmann*, haben die wahre Situation des Eishockeys mehr als nur überschätzt. Sie schlugen warnende Töne in den Wind und wollten unter allen Umständen die Expansionen weiterführen. Dies führte danach zu den Preistreibereien, welche nun zur jetzigen Situation geführt haben." Aus diesem Grund wollte die Gewerkschaft auch Einsicht in die Buchhaltung der Klubs haben und diese genauer studieren. Dies wurde ihnen auch gestattet, konnten jedoch, nach eigenen Angaben, die Öffentlichkeit nicht über den wahren Inhalt der Abrechnungen informieren, da sie ein Stillschweigeabkommen mit der Liga unterschrieben hätten, welches ihnen verunmögliche, über die Zahlen in diesen Buchhaltungen zu sprechen. Nach der Durchsicht der Unterlagen kam jedoch die NHLPA zu der allgemeinen Aussage, dass sechs Klubs für 75% der Verschuldung der Liga verantwortlich sei. Diese Situation führte die Liga indirekt auf die schlechten Standorte der Klubs und dem falschen Marketing der Liga zu. Die Gewerkschaft veröffentlichte jedoch keine Namen und hielt sich somit an die Abmachung mit der Liga. Generell liess die Gewerkschaft verlauten, dass sie die Abrechnungsmethoden der Klubs mehr als nur anzweifle. Die Hauptgründe dieses Zweifelns liegen in den Bereichen TV– und Radio-Vermarktung, Verpflegung und der Stadionauslastung, welche bei einigen Klubs als ungenügend angesehen wird. Doch was man dagegen unternehmen möchte, weiss auch die Gewerkschaft nicht, würde sie doch bei einer Reduzierung der Teams auf 24 wiederum Stellen abbauen müssen und das will sie auf jeden Fall verhindern.

In einem Artikel in der renommierten Fachzeitschrift "The Hockey News" vom 21. September 2004 schrieb Trevor Linden*, seines Zeichens Präsident der Spielergewerkschaft, unter anderem: "Der vorgeschlagene Weg einer Lohnkürzung, wie ihn die NHL will, ist für beide Seiten nicht gut. Dies legt den Teambesitzern bei der Zusammenstellung der Teams Handschellen an, bindet diese an Gehaltsobergrenzen, welche nie und nimmer dem wahren Marktwert eines Spieler repräsentieren." Weiter unten präzisiert er die Aussage des Marktwertes der Spieler noch einmal und schreibt: "Wir glauben, dass das Marktsystem, wie es in den letzen 80 Jahren der Liga gegolten hat, das beste System ist. Der Preis eines Spieler kann steigen oder kann fallen. Hier spielt der Markt im Eishockey und im speziellen in der NHL." Doch Trevor Linden findet auch tröstende Worte für die vielen Fans, welche die NHL verfolgen. Hier greift er die Teambesitzer und deren Lohnkürzungen an und meint: "Die Fans werden nur noch in der zweiten Reihe Platz nehmen können. Den anstelle ihres Interessens und dem Interessen des Spiels gelten nur noch die Regeln der Gewinnoptimierung und nach streben nach schwarzen Zahlen. Die Spieler werden kommen und gehen - das Gewinnen (des Spiels) wird nur noch Nebensache sein. Das Spiel wird seine Seele verlieren." Generell lässt Trevor Linden nicht viel gutes am Vorschlag der Liga. Dennoch ist er einverstanden, dass man mit der Liga über die Zukunft reden müsse, dies jedoch ohne die Lohnkürzungen.

In das gleiche Horn stiess Ted Saskin*, Vizepräsident der NHLPA, in einem Interview mit dem Kanadischen Fernsehsender TSN am 12. Oktober 2004. Auch er greift die Liga scharf an und verteidigt die Position der Gewerkschaft. Angesprochen auf die schon durchgeführten Lohnkürzungen in der NFL (Football) und der NBA (Basketball) meinte er: "Man kann die beiden Systeme nicht auf die NHL kopieren. Zu unterschiedlich sind die Bedingungen in der NHL und der NHLPA. Zudem sind diese beiden Ligen nur für die Besitzer interessant, jedoch nicht für die Spieler." Auf die Frage, wieso denn die meisten Spieler dafür sind, antwortete er: "Die meisten Spieler, welche mit unseren Leuten sprechen, behaupten aber das Gegenteil. Es gäbe noch viele Probleme unter dem CBA* und sie seien mit dem Vertragswerk nicht unbedingt glücklich. Doch wie schon gesagt, kann man den CBA einer Sportart nicht einfach auf eine andere Sportart übertragen. Das geht einfach nicht." Als die Moderatoren Saskin auf die öffentliche Meinung ansprachen und dass diese gegen die Spieler sei, antwortete er ausweichend, ja fast zynisch: "Nun, es ist schwierig für die Öffentlichkeit sich eine Meinung zu bilden in diesem komplexen Gebilde der Verträge. Die Fans werden von der Liga sicher nicht immer richtig über die finanziellen Aspekte des gesamten Pakets und die Bedeutung der Spieler, welche immerhin verantwortlich sind, dass das Zwei-Milliarden-Geschäft läuft, informiert. Wir denken, dass gerade hier die Spieler nach dem Marktwert bewertet werden sollen und dies verstehen die Fans nicht ganz." Als Gerd Miller von TSN fragte, ob denn die Fans mit ihrer Meinung falsch lägen, meinte Saskin: "Ich sage nicht, dass die Fans mit ihrer Meinung daneben liegen. Sie wollen doch einfach nur ihre Sportart und eine Lösung sehen. Ihnen ist egal, wie diese ausfallen wird, so lange sie ihren Sport sehen können." "Also spielt die öffentliche Meinung keine Rolle für sie?" "Bis zu einem Punkt sicherlich, doch darüber hinaus sollte man doch den Parteien ihre Entscheidungen überlassen. Beide Seiten kennen das System in- und auswendig und sind dafür verantwortlich, dass es zu einem fairen Abschluss kommt. Das ist doch der Punkt in der ganzen Sache."

Im weiteren Verlauf des Gespräches wurden dann die Möglichkeit aufgegriffen, dass die Liga mit Ersatzspielern in die nächste Saison starten würde, wenn man noch keine Lösung gefunden hätte. Ted Saskin antwortete darauf wie folgt: "Nun ja, ich sage nicht, dass das nicht stimmt. Ich bin auch nicht glücklich, dass es so läuft. Ich würde lieber die weltbesten Spieler hier bei uns sehen. Doch die Liga will nicht einsehen, dass gerade diese Topspieler die Liga attraktiv machen und so das Geld einspielen. Die Liga will einfach nicht das beste Eishockey sehen, wenn sie es zulassen würde, dass mit Ersatzspielern gespielt wird. Sie würden so auch die Fans enttäuschen, welche nur wegen den Stars in die Stadien kommen."

In diesem Gespräch wurde offensichtlich, dass die Gewerkschaft keine grossen Interessen hat, eine Lohnkürzung bei den Spielern durchzusetzen. Immer wieder verwies Saskin auf die bekannte Position der Gewerkschaft, dass man über eine Lohnkürzung nicht verhandle. Mehrmals griff er die Ligaführung und Gary Betmann versteckt an und schob ihnen den schwarzen Peter zu. Eine der vielen Aussagen ging sogar so weit, dass er meinte, wenn die Ligaführung die Expansion der NHL nicht so schnell vorangetrieben hätte, wäre jetzt die Situation anders und man müsste nicht über die Lohnkürzungen und andere Dinge verhandeln, sondern könnte mit dem alten CBA weitermachen. Eine reichlich späte Einsicht der Gewerkschaft, haben sei doch am meisten von der Vergrösserung der Liga profitiert und nie gewarnt.

Im nächsten Teil: Die Expansion der NHL

Glossar

Robert (Bob) W. Goodenow
Geschäftsführer der Gewerkschaft und einflussreichste Person bei den Spielern. Gegenspieler von Gary Bettman.
Levitt-Report
Arthur Levitt Jr. war ein ehemaliger Angestellter der Liga. Er ist nun selbständig und arbeitete im Auftrag für die NHL den Levitt–Report aus, der besagt, dass 20 von 30 Klubs rote Zahlen schreiben. Die Gewerkschaft zweifelt den ganzen Report an.
Entry Level System
Ist ein System, dass einen Spieler an den Klub bindet, von welchem er "gedrafdet" wurde. Nach zwei Jahren läfut das Vertragsangebot aus und der Spieler kann noch einmal gezogen werden. Der erste Vertrag hat bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen, einen Minimallohn und eine Minimaldauer. Mehr dazu im Bericht über den CBA*.
Restricted Free Agent
Ein Spieler wird nach bestimmten Kriterien zu einem "beschränkten freien Spieler". Diese Kriterien werden ebenfalls im Bericht über den CBA* beschrieben. Sie haben sehr direkten Einfluss auf die Karriere eines Spielers.
CBA
"Collective Bargaining Agreement" - ist in etwa mit einem Gesamtarbeitsvertrag zu vergleichen, aber ausführlicher. Dem CBA widmen wir einen Teil in der Serie.
Gary Betmann
Geschäftsführer der Liga und einflussreichste Person bei den Klubbesitzern. Gegenspieler von Bob Goodenow.
Trevor Linden
Präsident der Spielergewerkschaft und Chef von Bob Goodenow
Ted Saskin
Rechte Hand von Bob Goodenow. Ist für die Verhandlungen mit der Liga verantwortlich.

    [zum Background-Portal]