NLB: Es wird wieder spannend
Am Freitag geht es auch in der National League B los mit der Saison. Wir unterbrechen heute kurz unsere NLA-Serie für einen Blick ins „Unterhaus“ des Schweizer Profi-Eishockeys, wo man beim einen oder anderen Club auch vom Aufstieg träumt.
Wer kämpft um den NLB-Pokal? Wer kann aufsteigen? Wer muss um die Playoffs zittern? Die National League B ist 2011/12 so spannend wie selten zuvor. Viele Clubs von oben bis unten in der Setzliste haben aufgerüstet und werden dafür sorgen, dass kein Spiel ein einfaches Unterfangen wird. Wir stellen die Teams vor und tippen die Rangliste.
1. HC La Chaux-de-Fonds : Im verflixten siebten Jahr zum Glück?
Kaum zu glauben: Gary Sheehan geht bereits in seine siebte Saison beim HC La Chaux-de-Fonds und ist damit in der NLB ein bisschen, was Arno Del Curto, Anders Eldebrink oder Chris McSorley in der NLA sind. Er übernahm die Mannschaft als Trainer und Sportdirektor, als der Club hoch verschuldet war und hat mit Konstanz und guten Leistungen dazu beigetragen, dass er sich als Spitzenclub etabliert hat, der eine wirtschaftliche Existenzgrundlage hat.
Seine Leistung in der Uhrenstadt könnte er eigentlich nur noch mit dem Aufstieg kräftig aufpolieren. Und genau da will der Verwaltungsrat des Clubs ansetzen. Man will den HCC wirtschaftlich NLA-tauglich machen. Anstatt sich bloss zu bewerben, wie es viele Clubs machen lediglich um in der Ligaqualifikation zu spielen, will man in La Chaux-de-Fonds künftig zweigleisig fahren und ernsthaft an die Möglichkeit NLA feilen.
Finanziell sind die Möglichkeiten auf dem Transfermarkt aber begrenzt. Es wird nicht Geld ausgegeben bis zum Gehtnichtmehr wie einst bei den Aufstiegen von Genf-Servette oder Basel. Konstanz bleibt das Zauberwort. Davon kam man einzig im Tor ab: Von Antoine Todeschini und Michael Tobler hat man sich getrennt. Dafür kommt der in Basel erfolgreich gewesene Damiano Ciacco als neue Nummer 1 sowie Lionel Favre vom Erstligisten Tramelan. Zu den Zuzügen gehören zwei NLA-Spieler mit dem Verteidiger Patrick Parati (Rapperswil) und dem Stürmer Deny Bärtschi (Biel). Man darf gespannt sein, wie sich der Club dieses Jahr schlägt, und ob die Sheehan-Truppe die Form diesmal auch in den Playoffs behalten wird. (Martin Merk)
2. Lausanne HC: Neuer Anlauf mit neuen Spielern
Wie eine Traum-NLA aussehen soll ist umstritten. Für viele gehört aber der Lausanne HC dazu. Die Malley-Halle machte in der NLA den Eindruck einer wahren Eishockey-Hochburg, sah man von den Leistungen des Teams ab. Die Einnahmen sind für NLB-Verhältnisse entsprechend gross und mit John van Boxmeer hat man nun im dritten Jahr einen namhaften Trainer. Der LHC hat nur ein Problem: Er dominiert die Liga nie wie dies Aufsteiger in der Vergangenheit taten und war auch in der Ligaqualifikation einem Aufstieg nie nahe.
Van Boxmeer hat das Team nun nicht komplett umgekrempelt. Oliver Setzinger, der sich mit dem österreichischen Verband überwarf und sich zukünftig auf seinen Club fokussieren wird, blieb als Ausländer erhalten. Der zweite Importspieler heisst Colby Genoway. Er kam vor einem Jahr über Lugano in die Schweiz und zeichnete sich dort als Krampfer, jedoch als technisch für die NLA mittelmässigen Ausländer aus. Es kann eine Liga tiefer mehr zeigen und mit seiner Art dem Teamgefüge helfen.
Einer wichtigen Rolle wird auch Pascal Caminada zukommen. Der Backup-Goalie von Fribourg und Biel in den vergangenen Jahren wird nun erstmals als unumstrittene Nummer 1 bei einem Profi-Team agieren. Ob der 24-Jährige, der den zurückgetretenen Gianluca Mona ersetzt, das Team zum Aufstieg verhelfen kann? (Martin Merk)
3. SC Langenthal: Die Kaderbreite ist das grösste Problem
Auch dieses Jahr spielte der SC Langenthal in der Vorbereitung vorwiegend gegen überklassige Gegner. Trotzdem konnten die Spiele mehrfach gewonnen werden. Zwar waren sich Captain Stefan Tschannen und Heinz Ehlers einig, dass diese Resultate nicht überbewertet werden sollten, doch sind ebenfalls beide der Meinung, dass das Team nun bereit sei für die Saison.
„Wenn wir gesund bleiben, können wir alles erreichen mit diesem Team“, sagte Heinz Ehlers und sprach sogleich auf das grösste Problem im Team an. Das Kader der Langenthaler ist gegenüber dem letzten Jahr zwar breiter geworden, trotzdem kann es einen Ausfall eines Leistungsträgers nicht kompensieren. „Wir sind in diesem Belange sicherlich anfälliger als andere Teams“, sagte Heinz Ehlers.
Während die Breite ein ernsthaftes Problem zu sein scheint, hat Ehlers auch noch ein anderes Problem. Ein Luxusproblem zwischen den Pfosten. Die beiden Torhüter Marc Eichmann und Marc Kern haben beide eine herausragende Vorbereitung gespielt und sind gemäss dem dänischen Trainer auf einem ähnlichen Niveau. „Marc Eichmann hat vielleicht einen kleinen Vorteil, weil er letzte Saison viel Gutes für uns getan hat.“ Wer aber im ersten Spiel zwischen den Pfosten stehen soll, wollte Ehlers noch nicht verraten. (Leroy Ryser)
4. EHC Visp: Vom Jäger zum Gejagten
Der EHC Visp konnte am 22. März 2011 den Meisterpokal der NLB in die Höhe stemmen. Nach einer eher durchzogenen Saison mit dem 6. Schlussrang konnte man sich dann in den Playoffs massiv steigern. Doch nun beginnt eine neue Saison und die Oberwalliser werden vom Jäger zum Gejagten. Jeder Klub ist nun besonders heiss, den Meister des letzten Jahres zu schlagen.
Die Torhüter spielten in der letzten Saison eine gewichtige Rolle. Doch beide Torhüter mussten ersetzt werden. Nicht nur MVP Jonas Müller sondern auch sein Backup Reto Lory verliessen den Klub. Mit Schoder konnte ein Ersatz gefunden werden mit NLA-Erfahrung. Kuonen muss seine Nomination in die erste Mannschaft erst noch bestätigen.
Der grosse Teil der Mannschaft konnte zusammengehalten werden und punktuell sogar verstärkt werden. Alexandre Tremblay ist der neue ausländische Sturmpartner an der Seite von Dominic Forget. Er soll wichtige Tore für den EHC Visp schiessen. Dass er dies kann, mussten die Walliser bereits mehrmals schmerzlichst erfahren.
Die Verteidigung des Meistertitels wird eine schwierige, aber keine unlösbare Aufgabe. (Patrik Gattlen)
5. HC Sierre: Noch läuft es nicht rund
Im Sommer sprach in den NLB-Kreise sehr viel über den HC Sierre: Nicht nur über die Neuzugänge, doch vor allem über diese: Paul Di Pietro, Wes Snell, Thierry Paterlini, Valentin Wirz sind nur die vier namhaftesten Zuzüge, doch auch ein Leo Kieffer, der aus Übersee kam, wird etwas zugetraut. Dazu kommen die Ausländer Cormier und Jinman, aber auch Spieler wie Reber, Bonnet, Zerbuben und andere mehr. Auf dem Papier hat Sierre eine starke Mannschaft.
Die Testspiele und vor allem das Auftreten in diesen war jedoch längst nicht das Gelbe vom Ei: Fast nur Niederlagen gab es und führte zu gröberen Sorgenfalten auf der Stirn der Hockeyfans in der Sonnesnstadt. Vorderhand in der Abwehr drückt der Schuh gewaltig und gerade Wes Snell fand sich auf dem Eis noch überhaupt nicht zu recht.
Sportlich muss Sierre also versuchen, vorne mehr Tore zu schiessen, als sie hinten erhalten werden. Doch in der ausgeglichen Liga mit homogenen Teams wird dies in jedem Spiel zu einen kniffeligen Aufgabe. Derzeit ist vor allem die Hoffnung gross, dass die intensivierte Trainingsarbeit am Spielsystem in den letzten Tagen schon bald auch Früchte tragen wird, denn im derzeitigen Zustand wären vielleicht sogar die Playoffs in Gefahr. Soweit wird es rund um die Grabenhalle jedoch nicht kommen. (Lars Gansäuer)
6. EHC Olten: Die Vorbereitung war durchzogen
Der EHC Olten testete gegen einige NLA-Teams, schloss aber die Vorbereitung nicht optimal ab. Im Spiel gegen Schwenningen war die Truppe von Colin Muller bereits sehr müde, nachdem sie in Dresden ein Turnier absolvierten, und machte nicht eine überzeugende Figur. Weil dann im letzten Testspiel der Match wegen Nebel abgebrochen werden musste, weiss man in der Dreitannenstadt noch nicht so ganz wo man steht.
Sicherlich hatten die EHCO-Cracks ein hartes Sommertraining, was trotzdem glauben lässt, dass die Truppe fürs erste Spiel gegen den SC Langenthal bereit sein wird, doch stehen auch mit Verletzungsproblemen in der Defensive (Haldimann, Meister und Flückiger mittelfristig out) grosse Problemen im Raum. Auch der neue Ausländer, Tyler Redenbach, gab sich bisher noch bedeckt und liess seine viel gehörte Klasse noch nicht aufblitzen und im Tor ist Tobler nach einer Verletzung erst gerade zurückgekehrt. Trotzdem sind auch im Kanton Solothurn die Beteiligten zuversichtlich. Muller stellte das System ein bisschen um und garantiert mit seinen vier offensiv starken Linien Powerhockey vom besten. (Leroy Ryser)
7. EHC Basel: Sharks wollen es allen zeigen
„Viele Gegner glauben, dass wir letzte Saison nur mit Glück Fünfter wurden. Wir gelten immer noch als Underdog“, sagte Dany Gelinas vor seiner zweiten Saison mit den EHC Basel Sharks. „Wir wollen zeigen, dass wir wieder da sind.“
Nachdem sich das Team vom Rheinknie im breiten Mittelfeld etablieren konnte, träumt man nun heimlich von mehr. Wie auch die Konkurrenz, hat man sich auch in Basel verstärkt. Mit Lorenzo Croce von Ambrì hofft man, einen der stärksten Torhüter der Liga zu haben. Von Lausanne kamen mit dem Verteidiger Oliver Schäublin und dem Stürmer Stefan Schnyder zwei Spieler zurück, die einst mit Basel in der NLA spielten.
Verstärkt haben sich die Basler vor allem in der Abwehr, etwa auch mit den U20-Internationalen Dominik Schlumpf und Hans Pienitz vom DEL-Club Hamburg. Doch die Abwehr war letzte Saison nicht das Problem. Vielmehr mangelte es im Sturm an Treffsicherheit und Kreativität. Daran möchte Gelinas arbeiten, ohne dass sich an der Transferfront in der Offensiv-Abteilung viel verändert hätte.
Eine weitere Herausforderung gibt es neben dem Eis zu lösen. Die Clubführung kämpft weiterhin hart, um Eishockey populärer zu machen und die Spieler in der schmucken St. Jakob-Arena vor mehr Fans austragen zu können als in den vergangenen Jahren. (Martin Merk)
8. HC Ajoie: Alles beim Alten in Porrentruy
Für Journalisten gibt es definitiv schwierigere Aufgaben, als eine Vorschaue über den HC Ajoie in der Version 2011/12 zu verfassen: Grob ist nämlich wirklich fast alles beim Alten geblieben. Das Kader blieb beinahe komplett zusammen und noch einige notwendige Retouchen mussten vorgenommen werden. Dennoch ist fraglich, ob die Jurassier die gleiche Rolle wie letztes Jahr spielen können: Torhüter Simon Rytz verliess den Club und wurde durch das Duo Todeschini/Mischler ersetzt. Könne sie ihn ersetzen? Trainer Paul Adey sieht beide jedenfalls gleichauf und schürt damit zusätzlichen Konkurrenzkampf. Und Dinosaurier Martin Rauch, der nun endgültig seinen Rücktritt gab, wird ebenfalls aus den eigenen Reihen ersetzt. So gelang es dem HC Ajoie sogar, sein Budget um 5% auf 2,25 Millionen Franken zu reduzieren.
Und dennoch: Kein anderer Club wird so von seiner Ausländerlinie abhängen wie der HC Ajoie. Das "Trio infernale" kann jedes Spiel im Alleingang entscheiden. Die anderen Linien sind vor allem mit Spielern bestückt, die leidenschaftlich kämpfen und vor allem Hockey arbeiten. Doch wie schwer ein Ausfall von Roy, Barras oder Desmarais wiegen kann, zeigte die letzte Saison. Als Reizfigur James Desmarais länger ausfiel, stürzten die Ajoulots ab und wurden weit nach hinten durchgereicht. Und deswegen ist in diesem Jahr wirklich vieles wie im Jahr zuvor: Der HCA steigt und fällt mit seinen Leistungsträgen. (Lars Gansäuer)
9. HC Thurgau: Schrepfer krempelt um für Playoffs
Für seine zweite Saison als Trainer des HC Thurgau hat Rolf Schrepfer sein Kader kräftig umgekrempelt. Wie fast jedes Jahr hat die Mannschaft ein neues Gesicht. Auf dem Papier sind die Ostschweizer stärker geworden. Nun hat Schrepfer bei der ebenfalls aufrüstenden Konkurrenz die schwierige Aufgabe, diesmal den HCT in die Playoffs zu führen.
Neu sind etwa die Ausländer. Der Kanadier Brian Maloney hat in der AHL und DEL erfolgreich auf hohem Level gespielt und zuletzt ein Jahr in der 2. Bundesliga, in Ravensburg auf der anderen Seite des Bodensees. Von ihm erhofft man sich mehr Durchschlagskraft und Effizienz vor dem Tor.
Mit Armin Helfer verfügen die Thurgauer zudem über den renommiertesten Verteidiger der Liga. Mit seiner Übersicht und seiner Kreativität im Vorwärtsgang war er der MVP der italienischen Nationalmannschaft beim Aufstieg und schoss von der blauen Linie gar das Overtime-Tor im Entscheidungsspiel gegen Ungarn. Auch im Thurgau kann er matchentscheidend sein. 2009 verliess er den Club in seine Südtiroler Heimat, doch sein damaliger Kumpel Schrepfer konnte ihn zu einer Rückkehr bewegen.
Bezüglich Schweizer Zuzüge könnte man jetzt das halbe Kader aufzählen. Die Transferbombe war aber zweifellos Thomas Nüssli. Der Herisauer kommt nach zwölf Jahren wieder in die Ostschweiz zurück. Er hatte zwar immer wieder mal mit Verletzungen zu kämpfen, doch mit seiner Durchschlagskraft und seinen langen Händen ist er nur schwierig vom Puck zu trennen. Wenn er fit ist, kann er dem HCT viel Freude machen. Doch wie es bei umgekrempelten Teams ist, wird es für den Trainer eine schwierige Aufgabe sein, das Potenzial der Mannschaft möglichst bald abzurufen. (Martin Merk)
10. GCK Lions: Talentschmiede im Wandel
Die Talentschmiede der ZSC-Organisation ist im Wandel. In den vergangenen Jahren ging es sportlich mit den GCK Lions bergab, obwohl man aus dem Pool der grössten Nachwuchsorganisation der Schweiz zulangen kann. Das System erhielt jedoch Brüche. Für viele Spieler erwies sich der Aufstieg ins ZSC-Team beschwerlich, auch weil dort die Trainer nicht so schnell auf Jugend setzten wie anderswo. Viele Spieler gingen weg, etwa nach Davos, Langnau, zu NLA-Spitzenteams, nach Nordamerika oder Schweden, während die ZSC Lions von ihrem Team, das jährlich zwei Millionen Franken verschlingt, zu wenig Gebrauch machten.
Mit dem Finnen Matti Alatalo wurde nun ein neuer Talentschmied geholt, der schon von 1995 bis 2002 in der Organisation weilte und danach während acht Jahren als Cheftrainer in der höchsten finnischen Liga tätig war. Er wird weiterhin das Ziel auferlegt erhalten, die Spieler weiterzubringen und in die NLA zu führen. Gleichzeitig darf man sich mit der letztjährigen Klassierung der Mannschaft aber allen Förderzielen zum Trotz nicht zufrieden geben. Ein gewisser Druck ist da, die Mannschaft in die Playoffs zu führen.
Um diesen Balanceakt zu meistern, wurde mit dem finnischen Stürmer Timo Koskela ein zweiter Ausländer neben André Signoretti geholt (Blaine Down wird vermehrt beim ZSC spielen). Der 32-Jährige soll helfen, eine gefährliche Sturmreihe zu bilden und die jungen Stürmer weiterzuentwickeln. Ansonsten ist das Team gleichgeblieben. Und mit dem einstigen NHL-Meistertrainer Bob Hartley an der ZSC-Bande darf nicht ausgeschlossen werden, dass der Leistungsdruck erhöht und damit öfters Spieler zwischen Zürich-Oerlikon und Küsnacht relegiert und befördert werden. (Martin Merk)
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