Donnerstag, 10. Mai 2007

WM 2007

5 : 1
(1:0, 2:1, 2:0)
Kanada Schweiz
 

Matchbericht



 
 

Schweizer nicht bereit für den Exploit – Kanada im Halbfinale

Von Martin Merk

Die Schweizer Nationalmannschaft war gegen Kanada nicht bereit für den Exploit. Mit einer langen ansehnlichen, jedoch undisziplinierten Leistung unterlag man den Kanadiern 1:5. Der Gegner trifft nun verdientermassen auf Schweden.

Die Schweiz wurde im Viertelfinale von Kanada nicht überfahren wie es der Gegner zuletzt mit den USA tat. Beobachter sprechen gar von einem der schwierigsten Spiele für die Kanadier. Trotzdem reichte es am Schluss nicht zu mehr als eine 1:5-Niederlage. Viele unnötige Strafen, Passivität in entscheidenden Momenten und Ineffizienz in der Offensive waren die Ursachen.

In einem abtastenden Spielbeginn überzeugte die Schweizer Defensivarbeit und man konnte auch vereinzelte Angriffe lancieren, etwa einen Vorstoss von Sandy Jeannin. Die ersten Chancen kamen in der 5. Spielminute auf, als Kanada in Überzahl antreten konnte. Doch die Nordamerikaner verpassten. Gegen Jonas Hiller musste sich ihre Stürmerhoffnung Jonathan Toews aus kurzer Distanz gleich zweimal geschlagen geben. Die Schweizer kamen nur ab und dann zu Angriffen, die aussichtsreichste Möglichkeit vergab Goran Bezina, als er nach einem Unterzahlspiel einen Fehlpass von Shea Weber abfing und zum gegnerischen Tor loslaufen konnte. Wenig später traf Thibaut Monnet mit einem Weitschuss nur den Pfosten. In der 16. Minute musste sich dann Jonas Hiller doch noch geschlagen geben. Julien Vauclair vermochte gegen Rick Nash den Puck nicht wegzuspedieren, von diesem kam der Puck zu Matthew Lombardi, der am zu spät reagierenden Jeannin und Hiller vorbei zur kanadischen Führung einschoss. Bei diesem Zwischenstand blieb es, weil das einzige Schweizer Powerplay in den beiden letzten Minuten ungenutzt blieb. Die grösste Chancen wurden vergeben, als kurz vor der Sirene die Schweizer nach einem Abpraller durch einen Schuss Paul Di Pietros nicht mehr an den Puck kamen.

Im Mitteldrittel zeigten sich die Schweizer weiterhin ohne Angst vor den namhaften Gegenspielern. Nach 26 Minuten vergab Patric Della Rossa aus kurzer Distanz die grosse Ausgleichsmöglichkeit auf Pass von Julien Sprunger, der sich an der Bande durchsetzen konnte. Drei Minuten später dann der Dämpfer: Jamal Mayers machte aus Severin Blindenbacher eine Slalomstange und bezwang Hiller zum 2:0. Nur 38 Sekunden später kam aber die prompte Antwort: Duri Camichel passte von der Bande aus Paul Di Pietro an: Der Kanada-Schreck von Turin traf mit einem präzisen Schuss aus zehn Metern zum 2:1. Mit zwei unnötigen Strafen (Bezina, Ambühl) machten sich die Schweizer das Leben jedoch nicht einfacher. Nachdem Dion Phaneufs Weitschuss durch Hillers Helm abgewehrt wurde, passte Eric Staal in die Mitte, wo Nash zum 3:1 in doppelter Überzahl abstauben konnte. Das Time-out von Andy Murray während dieser Sequenz hatte sich für die Kanadier bezahlt gemacht. Gelaufen war das Spiel jedoch noch nicht. Mit der Wut im Bauch konnten die Schweizer während einiger Minuten das restliche Drittel für sich gestalten, blieben jedoch ohne Abschlussglück.

Im Schlussdrittel suchten die Schweizer nochmals den Ausgleich, waren jedoch erneut zu undiszipliniert. Als bereits Marc Reichert auf der Strafbank sass, fiel Andres Ambühl mit einem Revanchefoul an Eric Staal auf. Im Powerplay wurde erneut ein Phaneuf-Weitschuss, diesmal von Beat Forster, nicht unter Kontrolle gebracht, Lombardi konnte mit seinem zweiten Treffer des Abends abstauben. Auch danach wusste man es, sich mit Strafen selbst aus dem Spiel zu nehmen, während man bei fünf gegen fünf Feldspielern Akzente setzen konnte. Reichert musste für ein Zurückhalten an Nash auf die Strafbank, nur 22 Sekunden später folgte ihm Beat Gerber für ein Haken an Justin Williams. Durch einen starken Jonas Hiller im Tor und viel kanadischem Unvermögen im Abschluss blieben diese Situationen wie durch ein Wunder überstanden. Die Kanadier standen dem nächsten Tor jedoch näher und schliesslich traf Shea Weber mit seinem Weitschuss nach guter Vorarbeit vom Captain Shane Doan zweieinhalb Minuten vor Spielende zum 5:1.

Der Sieg entsprach vor allem der Cleverness und Effizienz der Kanadier. Für die Schweizer wäre mehr drin gelegen, war das Spiel doch viel ausgeglichener als beispielsweise gegen die überrannten Amerikaner. In den entscheidenden Momenten waren die Kanadier jedoch cooler, selbstbewusster und effizienter. Für die Schweiz endet die WM damit wie so oft auf Rang neun.



Stimmen:

Mark Streit, Captain Schweiz: «Wir hatten zeitweise gut gespielt und Chancen zu Toren gehabt, haben jedoch nicht so über 60 Minuten gespielt und zu viele Strafen kassiert. Zudem haben wir zu oft die Schreibe weggeschossen nach der roten Linie, haben sie anfänglich gar nicht unter Druck gesetzt. Danach hatten wir Chancen. Unser Tempospiel, welches unsere grosse Stärke ist, hatten wir nie richtig ausgespielt. Ich bin sehr glücklich, dass wir ins Viertelfinale kamen, wir hatten einige WM-Neulinge hier. Damit es mehr wird, brauchen wir jedoch ein perfektes Spiel.»

Ralph Krueger, Headcoach Schweiz: «Wir verloren das Spiel wegen Mangels an Disziplin, gaben ihnen zu viele Chancen. Die Aggressivität wurde möglicherweise falsch eingesetzt. Wir brauchten zu viel Energie in der Defensive, hatten dafür zu wenig für die Offensive. Es war ein Spiel, aus dem es für die Zukunft zu lernen gilt. Wir müssen nun mehr an technischen Mängeln arbeiten.»

Andy Murray, Headcoach Kanada: «Ich wusste, dass es ein schwieriges Spiel wird. Keine andere Eishockey-Nation hat in den letzten Jahren so viele Fortschritte gemacht. Unsere Spieler waren gewarnt nach der Olympia-Niederlage.»



Telegramm:

Khodynka-Arena, Moskau. – 6000 Zuschauer. – SR: Rönn (FIN), Fonselius (FIN)/Kicha (UKR). – Tore: 15:22 Lombardi (Nash) 1:0. 29:05 Mayers (Murphy, Chimera) 2:0. 29:43 Di Pietro (Camichel, Reichert) 2:1. 34:40 Nash (Eric Staal, Phaneuf/Ausschlüsse Bezina, Ambühl) 3:1. 46:03 Lombardi (Phaneuf, Doan/Ausschlüsse Eric Staal; Reichert, Ambühl) 4:1. 57:31 Weber (Doan, Eric Staal) 5:1. – Strafen: 4-mal 2 Minuten gegen Kanada, 9-mal 2 Minuten gegen die Schweiz.

Kanada: Roloson (Ersatz: Ward); Commodore, Brewer; Phaneuf, Schultz; Weber, Hamhuis; Murphy, Jackman; Mayers, McClement, Chimera; Doan, Lombardi, Nash; Cammalleri, Eric Staal, Jordan Staal; Armstrong, Toews, Williams.

Schweiz: Hiller (Ersatz: Aebischer); Vauclair, Streit; Blindenbacher, Bezina; Gerber, Forster; Steinegger; Lemm, Jeannin, Wichser; Rüthemann, Ambühl, Paterlini; Della Rossa, Monnet, Sprunger; Di Pietro, Wirz, Reichert; Camichel.

Bemerkungen: Kanada ohne Mason (überzählig). Schweiz ohne Sannitz (verletzt), Manzato und Hirschi (beide überzählig). – 15. Pfostenschuss Monnet. – 34:06 Time-out Kanada. – Schüsse aufs Tor: 44:22 (18:8, 12:5, 14:9). – Beste Spieler: Dwayne Roloson; Andres Ambühl. – Zu den besten Schweizern des Turniers gewählt: Jonas Hiller, Mark Streit, Sandy Jeannin.


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Fotos von Thomas Oswald


























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