Dienstag, 16. Februar 2006

WM 2006

1 : 2
(0:1, 0:1, 1:0)
Schweiz Weissrussland

Matchbericht



Keine weissrussischen Geschenke: Schweiz vor der Heimreise

Von Martin Merk

Kein «Päckli» zwischen der Schweiz und Weissrussland: Nur die Schweizer machten Geschenke und unterlagen ihrem Gegner 1:2. Nun plant man beim SEHV für die morgige Abreise. An das Wunder eines ukrainischen Sieges über die Slowakei glaubt niemand.

Bereits der Beginn verlief nicht für die Schweizer. Die erste grosse Chance des Spiels hatte Andrej Kostitsin nach fünf Minuten auf dem Stock, als er im Powerplay seitlich eine Lücke auf der Torhüterseite sah, jedoch knapp daneben schoss. Vier Minuten später machte es Andrej Skabelka besser: Er nutzte einer der Angriffe, welche die passiven Schweizer ermöglichen liessen, und bezwang David Aebischer zum 0:1 – wieder wurde die Torhüterseite anvisiert. Erst danach sah man die Schweizer in der Offensive, sie kamen in der 15. Minute auch zu über einer Minute in doppelter Überzahl. Viel anzufangen wusste man von dieser Situation aber nicht, das Powerplay war wenig überzeugend.

Das Spiel blieb auch im Mitteldrittel ausgeglichen, wobei die Angriffe der Weissrussen besser wirkten und die Schweizer Abwehr oft ins Schwimmen brachte. In der 30. Minute erhöhte dabei Sergej Zadelenov auf 0:2, als er einen frei liegenden Puck erwischte. Auch die Schweizer hatten oft Gelegenheiten für Rebounds, doch standen die Weissrussen vor ihrem eigenen Tor besser, schirmten ihren Torhüter Andrej Mezin gut ab. Es war ein Anschauungsunterricht einer Nation in Reichweite für die formschwachen Schweizer. Und Mezin zeigte, wieso er mit 94,05 Prozent gehaltener Schüsse zweitbester Torhüter des Turniers ist – 15 Ränge vor David Aebischer (87,83 Prozent). Die Schweizer wirkten von vorne bis hinten zu wenig spritzig, unkreativ und desillusioniert. Sie wirkten an der Bande so, als ob man diese nach den Problemen in der Skonto Halle schonen müsste, die Kracher wie in den letzten Spielen blieben weitgehend aus, die Abwehr wirkte so weich wie noch nie.

Nach den ersten zwei Dritteln waren eine starke Leistungssteigerung oder gute Verhandlungen mit dem Gegner möglich, um noch zum nötigen Unentschieden zu kommen. Hoffnung konnten die Schweizer schöpfen, als Martin Plüss in der 49. Minute einen Weitschuss Ivo Rüthemanns mit dem Schlittschuh ins Tor lenkte. Die zuvor selten eingesetzten Mathias Seger und Alain Demuth wurden als Hoffnungsträger aufs Eis geschickt, doch klappen wollte es auch mit ihnen nicht. In der 54. Minute scheiterte Dimitri Meleshko bei einem Konter alleine vor Aebischer und vergab die sichere Entscheidung. Auch die Schlussminute mit sechs Feldspielern brachte nichts mehr. Selbst Routiniers wie Mark Streit und Ivo Rüthemann verloren die Nerven und den Puck ohne gegnerische Bedrängung. Sie wurden über das ganze Turnier stärker denn je forciert und sahen sich wohl schwindenden Kräften gegenüber.

Die Schweizer war heute einer Viertelfinalqualifikation nicht gewachsen und wird diese auch nicht mehr erreichen, sofern die Ukraine nicht einen Überraschungssieg gegen die Slowakei landen sollte. Das Turnier würde sie damit auf Rang neun beenden. Es war die erste Niederlage gegen eine schlechter klassierte Nation in einem Ernstkampf seit vier Jahren.

In einem Spiel mit einem Schweizer Chancenplus fehlte vor allem Kreativität und Torinstinkt. Die Hoffnung, dass man auch mit der gegenüber Turin stark ersatzgeschwächten Mannschaft unter die Top-8 kommt, hat sich nicht erfüllt. Die neuen Leute zeigten zwar teilweise gute Ansätze, doch der grösste Druck hing an den WM-erfahrenen Spielern, welche mehr als gewohnt auf dem Eis ihre Arbeit verrichten mussten.



Stimmen:

Martin Plüss, Stürmer Schweiz: «Wir sind sehr enttäuscht, hatten gekämpft, alles gegeben, waren die bessere Mannschaft. Das Powerplay war allgemein nicht so, wie wir uns vorgestellt haben. Die Mannschaften sind nahe zusammen. Es kam Weissrussland entgegen, dass sie 2:0 in Führung gehen konnten.»

Mark Streit, Verteidiger und Captain Schweiz: «Sie hatten aus wenige Chancen zwei Tore gemacht, wir sind gerannt und gerannt und haben die Tore nicht gemacht. Die Abpraller gingen überall hin, nur nicht zu uns. Das nötige Glück hat heute eine grosse Rolle gespielt.»

Ivo Rüthemann, Stürmer Schweiz: «Wir haben mit der Mannschaft, die wir hatten, das Beste versucht. Ich hatte viel Freude mit dieser Mannschaft. Es war an vielen Weltmeisterschaften für uns, oft ist es für uns gelaufen, diesmal gegen uns. Die Weissrussen haben ein sehr gutes Turnier gespielt und wir wussten, welch starker Gegner dies ist.»

Ralph Krueger, Headcoach Schweiz: «Wir fanden uns zum fünften Mal in diesem Turnier in einem Loch zu Spielbeginn. Weissrussland machte uns danach sehr viel Mühe und es ist ihr bestes Turnier überhaupt. Mezin im Tor war überragend. Wir gaben in der zweiten Hälfte des Spiels alles, um den Spielstand zu ändern. Es ist für uns ein sehr schmerzhafter Tag. Weissrussland war heute insgesamt die bessere Mannschaft. Wir haben es nicht aus eigener Kraft geschafft, schauen aber heute Abend sicher noch das Spiel. Bis es vorbei ist, ist es nicht vorbei. Es wäre ein ungerechtes Ende für diese Gruppe. Wir sind an unseren vielen Rückständen gescheitert. Heute war mal der Tag, an dem uns ein Gegner überholt hat. Wir wollten sehr viel, hatten aber nicht die Ruhe, es umzusetzen, viele Fehlpässe. Wir sind nicht gegen einen schwachen Gegner ausgeschieden, sie hatten über das ganze Turnier gesehen die besseren Resultate als wir.»

Glen Hanlon, Headcoach Weissrussland: «Wir hatten nicht viel zu verlieren, die Schweizer aber schon. Wir konnten lockerer antreten, hatten die besseren Nerven. Die Schweiz ist eine starke Eishockeynation und ein Vorbild für unser Programm, das wir aufzubauen versuchen. Es war für uns wichtig, zu Spielbeginn die 3:5-Situation zu überstehen.»



Telegramm:

Skonto Halle. – 3170 Zuschauer. – SR: Hansen (USA), Ross (USA) / Schröter (DEU). – Tore: 9:04 Skabelka (Grabovsky) 0:1. 29:58 Zadelenov (Skabelka, Meleshko) 0:2. 48:17 Plüss (Rüthemann) 1:2.– Strafen: Je 5-mal 2 Minuten.

Schweiz: Aebischer (Ersatz: Hiller); Forster, Streit; Vauclair, Steinegger; Gerber, Bezina; Seger; Della Rossa, Plüss, Rüthemann; Déruns, Romy, Wirz; Paterlini, Ambühl, Reichert; Sannitz, Jeannin, Lemm; Demuth.

Weissrussland: Mezin (Ersatz: Shabanov); Erkovich, Rjadinsky; Denisov, Makritsky; Kostjuchenko, Svito; Kopat; Kostitsin, Zadelenov, Grabovsky; Skabelka, Antonenko, Kukushkin; Ugarov, Mikhalev, Dudik; Chupris, Kurilin, Meleshko; Savin.

Bemerkungen: Schweiz ohne Blindenbacher (Hirnerschütterung), Bührer und Helbling (beide überzählig). – Schweiz ab 58:50 ohne Torhüter. – Time-outs: 59:10 Weissrussland, 59:56 Schweiz. – Schüsse aufs Tor: 30:21 (10:8, 9:5, 11:8). – Beste Spieler: Sandy Jeannin; Andrej Mezin.


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Fotos von Thomas Oswald


Ivo Rüthemann ist im Hintertreffen gegen Andrei Kostitsyn


Auch dieser Puck fliegt neben das Tor


Kevin Romy beim Bully


Kevin Romy bleibt an Vladimir Svito hängen


Romano Lemm versucht sich gegen Aleksander Ryadinsky und Sergei Zadelenov durchzusetzen


Martin Plüss versuchts aus spitzem Winkel


Alain Demuth muss gegen Uladzimir Denisov unten durch


Andres Ambühl


Sandy Jeannin wird von Andrei Mikhalev durch die Luft gewirbelt


Dmitry Meleshko setzt sich gegen Goran Bezina und Raffaele Sannitz, nicht aber gegen David Äbischer durch


Raffaele Sannitz gegen Vladimir Svito


Martin Plüss und Ivo Ruethemann scheitern an Torhüter Andrei Mezin


Schweizer Time-Out


Enttäuschte Schweizer nach dem Spiel


Handshake

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