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Interview mit Jann Billeter und Mario Rottaris

Von Urs Berger (Text) und Christian Wassmer (Fotos, Layout)

Am Tag nach dem Spiel gegen Russland (6. Mai 2005, 3:3) konnten wir uns mit Mario Rottaris und Jan Billeter über ihre Vergangenheit, die Weltmeisterschaft und die Schweizer Nationalmannschaft unterhalten. Es entstand ein interessantes und lebhaftes Gespräch mit dem Kommentatoren-Duo vom SF DRS.

Jann Billeter und Mario Rottaris, wie habt ihr das Spiel gestern gegen Russland gesehen?

[Jan Billeter] Sehr emotional. Ich glaube Mario hat mich bei der Chance von Conne mit sehr grossen Augen angeschaut.

[Mario Rottaris] Nun ja, er ist ja etwas kleiner als ich (schmunzelt). Ich musste ihn etwas herunterreissen. Er hat einen riesen Sprung genommen. Es war für uns grandios ein solches Spiel zu kommentieren, wo es hin und her geht, wo Salz und Pfeffer im Spiel ist. Fortlaufend geschieht immer etwas, man muss nicht nach Erklärungen suchen, weshalb etwas nicht geht und wo es hapert. So ist es natürlich für uns viel interessanter und attraktiver zum kommentieren.

Jann Billeter und Mario Rottaris

[Billeter] Wir haben natürlich auch immer Freude, wenn die Dramaturgie des Spieles gut ist, da können wir dem Fernsehpublikum viel mehr bieten. Es war ja Unentschieden nach dem ersten Drittel, Unentschieden nach dem zweiten Drittel und spannend bis zuletzt. Es war ein perfektes Spiel für das Fernsehen.

Wie beurteilt ihr die Leistungen der Schweizer Nationalmannschaft im bisherigen Turnierverlauf?

[Billeter] Ich war jetzt schon einige Male direkt vor Ort. Seit meiner ersten Weltmeisterschaft 1997 in Helsinki war ich bis auf St. Petersburg (2000) und Finnland (2003) immer dabei. Ich habe bisher noch nie eine solch gute Schweizer Nationalmannschaft gesehen, wie ich sie hier erlebe. Am meisten beeindruckt mich, dass die Mannschaft ruhig und bei ihrem Konzept bleibt, auch wenn sie in Rückstand gerät. Speziell in Spielen wie gegen die Kasachen oder gegen die Deutschen spielen sie ruhig und warten auf ihre Chancen. Das ist ein grosser Unterschied zu früher.

[Rottaris] Was mir am meisten auffällt, ist dass die Schweizer nicht viel falsch machen, wie zum Beispiel an diesem Turnier die Deutschen. An einer Weltmeisterschaft will man als Spieler natürlich mehr als nur das Beste aus sich herausholen. Genau das ist es, was man als Spieler nicht machen sollte. Man sollte sich drauf konzentrieren, was man kann und nicht versuchen, besser zu sein, als man ist. Also nicht übereifrig ans Werk gehen. Denn die Spieler auf diesem Niveau hier sind läuferisch, spielerisch und stocktechnisch so gut, dass der kleinste schnelle Schritt, den man auf den Gegenspieler zu macht, sich sofort auswirkt. Der Gegner kann sich so mit der Schulter oder mit dem Stock einen Vorteil verschaffen. Man verliert die defensive Seite und schon ist man im Nachteil. Genau dies macht die Schweiz hier aber nicht. Jann sagt dem ruhig spielen. Ich sage dem Beschränken auf das Wesentliche und das in allen vier Linien. Das ist ein Punkt, welcher die Differenz zu den anderen Ländern ausmacht. Wir haben vier ausgeglichene Blöcke, welche alle offensive Akzente setzen können aber auch defensiv spielen können. Was zu der jetzigen Leistung auch zu sagen ist, ist das extrem gute Spiel in Unterzahl. Es ist eindrücklich, wie sich die Mannschaft engagiert und wie sie kämpft. Dies kostet jedes Mal Kraft, aber das hat sich bis jetzt ausgezahlt.

[Billeter] Das ist schon fast symbolisch. Sie wissen genau, was sie als Mannschaft können. Sie wissen, was die anderen Mannschaften können, und spielen genau so Eishockey. Sie wollen nicht irgendwie noch etwas spekulieren oder probieren. Sie spielen einfaches Eishockey und ziehen dieses konsequent durch. Gegen solche Mannschaften wie die Russen wissen sie dann auch, was es heisst, wenn sie dies nicht konsequent machen und nicht ihr Spiel spielen.

Ist das nun eine Folge der über achtjährigen Zusammenarbeit unter dem gleichen Coach, weil er, mehr oder weniger, immer die gleichen Spieler aufbietet und mit ihnen arbeitet?

[Billeter] Für mich ist dies sicher auch ein Faktor. Es gibt einen Kern in der Gruppe, der sehr fest zusammen gewachsen ist. Diese Spieler sind teilweise seit sechs oder sieben Jahren dabei und kennen sich natürlich sehr gut.

[Rottaris] Massgebend ist auch der Faktor Erfahrung. Man kann nicht nur sagen, dass die Spieler nach sieben oder acht Jahren begriffen haben, was der Coach von ihnen will, sondern dass auch der Coach die Spieler besser kennen gelernt hat und deren Schwächen und Stärken kennt. Der Coach muss sich auch hier von Monat zu Monat, von Tag zu Tag neu ausrichten. Man kann nicht sieben oder acht Jahre das Gleiche predigen. Ansonsten wird dies monoton und erreicht die Spieler nicht mehr.

Ihr seid hier an der WM in Wien zuständig, die Spiele live in die Wohnstuben des (Deutsch-)Schweizer TV-Konsumenten zu übertragen und zu kommentieren. Wie läuft diese Tätigkeit bei auch genau ab? Welche Vorbereitungen macht ihr? Habt ihr irgendwie eine Arbeitsteilung oder wie müssen wir uns dies vorstellen?

[Billeter] Wir brauchen eigentlich keine grossen Absprachen oder Zeichen. Wir harmonieren gut zusammen und wissen immer, wann der Eine etwas sagen will. So ergänzen wir uns sehr gut.

[Rottaris] Es ist so, das Jann sehr viel mehr spricht als ich und vor allem schneller. Dies bedeutet, dass er dann spricht, wenn der Puck am laufen ist. In diesen Phasen ist es denn auch für mich schwierig, als "Experte" dem Fernsehzuschauer etwas erklären zu wollen. Es braucht mehr Zeit etwas zu erklären und das kann man nicht machen, während der Puck und das Spiel laufen. Hier an den Weltmeisterschaften sind dazu die Powerbreaks gut, in welchen bestimmte Szenen in Zeitlupe wiederholt werden. Während diese Zeitlupe läuft, kann ich dann dem Zuschauer zu Hause etwas erklären und auf die Spielsituation eingehen.

[Billeter] Meine Arbeit ist die, dass ich alle Daten und Statistiken über die Spieler zusammentrage, weiss, wie der Hund eines Spielers heisst, was der Spieler liebt oder nicht gerne hat und all die Details, die einen Zuschauer interessieren könnten. Mario kann sich auf das Spiel konzentrieren und mit den Augen das Spielgeschehen verfolgen. Die Aufgabe eines Kommentators ist, dass ich durch das Spiel führe und sage, wer im Scheibenbesitz ist oder wer auf dem Eis ist. Denn ich glaube, Eishockey am Fernsehen zu schauen ist nicht einfach für den Konsumenten. Es gibt vier Blöcke, welche immer wieder wechseln. Eishockey ist nicht wie Fussball, bei welchem man immer weiss, wer wo spielt, welche Aufgabe er hat und wie er vom Trainer eingesetzt wird. Dazu braucht es von einem Kommentator eine gute und sensible Führung und Erfahrung im Eishockey. Hier in Wien kann ich mich auf das Geschehen auf dem Eis konzentrieren und Mario kann sich ein Gesamtbild über das Spiel verschaffen.

Mario, dich kennt man vor allem als Spieler in den "Goldenen Zeiten" bei Fribourg–Gottéron mit dem Traum-Duo Bykov und Chomutov. Wie haben dich diese beiden beeinflusst und "geformt"?

[Rottaris] Sie haben mich so geprägt, wie den ganzen Klub Fribourg–Gottéron, die ganze Eishockeyszene der Schweiz und sogar der Welt. Denn damals waren sie auf der Weltbühne die ganz Grossen und die absolut besten Spieler, welche am besten zusammen harmoniert haben. Individuell waren sie vielleicht nicht die absoluten Superstars, aber im Duo auf dem Eis unschlagbar. Das war das grosse Merkmal der beiden. Ich habe darauf geachtet, dass ich die kleinen aber feinen Finessen und Details von ihnen abschauen konnte. Das Gespür für den Raum, das sie hatten, war einfach sagenhaft. Ich habe damals immer wieder gestaunt, wieso dieser oder jener Pass noch beim Mitspieler angekommen ist, wie er diesen erlaufen konnte. Das feine Gespür für den Raum, die feinen Hände, das war sehr eindrücklich und hat nicht nur mich geprägt. So konnte ich, der auch mehr ein technischer denn ein körperbetonter Spieler war, das eine oder andere Kunststückchen bei ihnen abschauen und lernen.

Dies Spielanlage, wie sie Bykov oder Chomutov hatten, bekommt man die in die Wiege gelegt oder muss man sich das erarbeiten?

[Rottaris] Ich glaube nicht, dass man sich das erarbeiten kann. Man kann nicht einen Eishockeyspieler zu einem Dribbelkünstler ausbilden. Man kann auch nicht einen Velorennfahrer zu einem Bergpreisleader trimmen und ihm sagen, dass er den Bergpreis zu gewinnen hat. Er kann vielleicht einmal eine Tour gewinnen, aber das heisst noch nicht, dass er der beste Kletterer am Berg ist. Das sind alles Sachen, die sich im Verlaufe der Ausbildung entwickeln und auch etwas mit dem Charakter des Menschen zu tun haben, welcher sich dann auf das Spiel auswirken wrid. Wenn jemand Abend für Abend in einer Bar Tumult macht und randaliert, dann wird er wohl kaum auf dem Eis ein Filigrantechniker sein und jeden mit Zuckerpässen erquicken. Er wird eher derjenige sein, der provoziert und abräumt.

Jann Billeter, du hast selber auch Eishockey gespielt und warst beim HC Davos in der 1. Liga und in der NLB. Wie hast du diese Zeit erlebt?

[Billeter] Ich habe mit fünf Jahren beim HC Davos angefangen Eishockey zu spielen. Mein Ziel war immer, dass ich eines Tages in der NLA spielen will. Als ich dann in das Alter kam, in dem ich dem erweiterten Kader des HC Davos angehörte, bekam ich gerade mit, wie der Klub in die 1. Liga abstieg. Mit 18 Jahren kam ich dann in der ersten Mannschaft in der 1. Liga mit Jacques Soguel und Oliver Roth in einer Linie zum Einsatz. Das war für mich ein einmaliges Erlebnis. Ich spielte neben Jacques Soguel, der mit dem HC Davos Meister geworden ist und den ich als Spieler bewundert habe. Leider bekam ich aber während meiner ersten Saison gesundheitliche Probleme mit meiner Niere. Dadurch konnte ich meine Saison in der 1. Liga nicht fertig spielen. Ich gab jedoch nicht auf, habe mich wieder in die erste Mannschaft, welche nun in der NLB spielte, herangekämpft und alle Vorbereitungsspiele bestritten. Danach hatte ich wieder einen Rückfall und musste wieder eine ganze Saison pausieren. So ging das hin und her, immer wieder habe ich mich herangekämpft, kam ins Team und musste wieder aussetzen. Danach hatte es in Davos, da sie unterdessen in die Nationalliga A aufgestiegen waren, keinen Platz mehr für mich. Nach diesen Erfahrungen wollte ich meine Eishockeykarriere beenden, doch Doktor Beat Villiger riet mir, in der 1. Liga weiter zu machen. Es könne sein, dass die Krankheit, so wie sie aufgetreten ist, auch einfach wieder verschwinde. So bin ich dann nach Winterthur in die 1. Liga abgewandert. Aber es war nicht mehr das gleiche wie zu Beginn meiner "Karriere". Ich brauchte nach einem Training zwei Tage Erholungszeit, was mich auch nicht befriedigte. Ich hätte in der 1. Liga spielen können, aber das war nicht mein Ziel. So habe ich mich entschlossen das Spielen aufzugeben und einen anderen Weg zu wählen.

Du hast deine Krankheit angesprochen. Als ich mich für das Gespräch vorbereitet habe, habe ich gelesen, dass du dich für CF*–Erkrankte eingesetzt hast. War das eine einmalige Sache?

[Billeter] Diesen Anlass hat jemand vom Fernsehen organisiert und mich angefragt. So habe ich spontan zugesagt und bin dann auch gegangen. Aber ich wäre auch ohne meine Krankheit am marcheton.ch anwesend gewesen. (Anmerkung der Redaktion: Der marcheton.ch ist eine Wohltätigkeits-Veranstaltung zu Gunsten CF*-Erkrankter.) Wenn man aber so etwas ähnliches selbst erlebt hat, dann weiss man, dass dies für die Teilnehmer etwas Wichtiges ist. So kann ich den anderen Personen, welche diese Krankheit haben, auch eine Freude machen. Das war aber bis jetzt eine einmalige Aktion.

Wie kann man als junger Mann eine derart schwere Krankheit verarbeiten? Verdrängt man diese einfach? Wie geht man damit um? Das geht sicher nicht spurlos an einem vorbei.

[Billeter] Nein, das sicher nicht. Ich dachte eigentlich, dass ich auch noch in ein Loch komme, denn ich hatte ja während dieser Zeit auch noch eine Hirnblutung und die Ärzte gaben mir noch eine Überlebenschance von zwanzing Prozent. Zudem musste ich während neun Jahren jeden Tag Cortison nehmen, damit ich die Krankheit überwinden konnte. Doch die Krankheit dauerte dann länger und wurde schlimmer als ich das Eishockey spielen aufgab.
Ich dachte immer, irgendwann kommt noch eine Krise und ich bekomme Probleme. Aber ganz im Gegenteil. Ich sehe es heute mehr aus der Sicht, dass ich kein Pechvogel war, sondern ein Glückspilz. Ich kann noch normal laufen, bin nicht geistig behindert, kann noch sehen und hören und ich kann ein normales Leben führen. Das war alles nicht mehr selbstverständlich. Ich persönlich habe nur positive Erfahrungen aus meiner Erkrankung gezogen, welche man sonst nicht zwischen 20- und 30-jährig macht, sondern eher zwischen 50- und 60 Jahre. Ich schaue nicht verbittert zurück. Ganz im Gegenteil. Wenn ich heute sehe, was ich erreicht habe, was ich alles machen kann, trotz der Krankheit, bin ich absolut glücklich. Zudem hatte ich noch nie Mühe über meine Krankheit zu sprechen. Ganz im Gegenteil, dies hat mir immer sehr geholfen und auch gut getan. Es ist nicht, dass ich das verdränge, es ist immer wieder schnell da und wenn es sein muss, kann ich mir die Krankheit wieder vor Augen führen. Dies hilft mir dann auch, wenn ich einmal nicht so gut drauf bin und ich sehe dann wieder positiver in die Zukunft.

Dann hat dich das als Person mehr gestärkt als geschwächt?

[Billeter] Das kann man so sagen. Wenn man sieht, welche Ausstrahlung das auf das ganze Umfeld hatte und wie es mich mitgeprägt hat, dann kann ich das nur bejahen. In diesen neun Jahren ist so viel geschehen, dass ich manchmal selber nicht mehr weiss, was alles vorgefallen ist. Wenn dann der Arzt bei der Kontrolle die Krankengeschichte hervor nimmt, dann wird mir wieder bewusst, wie viel Glück ich hatte.

Kommen wir nun auf diese WM zurück. Mario, du bist hier in Wien der Co-Kommentator von SF DRS. Wie ist diese Zusammenarbeit zustande gekommen?

[Rottaris] Aus meiner Sicht kann ich das ganz einfach erklären. Eines Tages hat bei mir das Telefon geklingelt und Jann Billeter war am anderen Ende. (zeigt auf Jann und lacht). Aber wieso gerade jetzt und aus welchem Grund, ich glaube, da kann Jann besser Auskunft geben.

Jann Billeter und Mario Rottaris

[Billeter] Wir haben zuvor mit Ueli Schwarz als Hockeyexperten zusammengearbeitet. Ende letzte Saison teilte uns dann Schwarz mit, dass er sich nun auf seine Aufgabe beim EHC Basel9nnen. Mario Rottaris war uns bereits bei seinen Spielerinterviews aufgefallen, welche immer sehr gut und aussagekräftig waren. Wir wollten Mario Rottaris schon lange einmal als Studiogast einladen, aber es gelang uns nie, da ihm immer etwas dazwischen kam. Doch ich gab nicht auf, da ich gerne mit Mario Rottaris eine Sendung machen wollte. Dann kam diese Situation und so entschieden wir uns im Team, dass wir Mario Rottaris anrufen sollten, was ich dann auch tat.

Mario, viele ehemalige Sportler verkraften den Rücktritt vom Spitzensport nicht. Man hört immer wieder Horror-Geschichten vom Abdriften in den Alkoholkonsum oder von möglichen Selbstmord-Versuchen, wenn man etwas gar schwarz malen will. Wie hast du den Rücktritt verkraftet, dessen Zeitpunk du ja selbst gewählt hast?

[Rottaris] Du hast es genau richtig gesagt: Wenn man den Rücktritt vom Spitzensport selber gibt und diesen nicht aufgeschwatzt bekommt. Ich habe ja meine Kariere als Eishockeyspieler nicht beendet, weil ich keinen Vertrag mehr bekommen hätte, verletzt gewesen wäre oder sonst was, sondern weil ich aus dem Bauch heraus entschieden habe aufzuhören. Es fiel mir auch leicht, diesen Entscheid zu fällen, hatte ich doch einige Alternativen und wusste, was ich danach machen wollte. Ich habe alles während den 16 Jahren in der NLA sorgfältig aufgebaut und geplant. Das ist nun genau zwei Jahre her, seit ich mit Eishockey spielen aufgehört habe. Ich habe aber die Entscheidung kein einziges Mal bereut. Für mich ist auch keine Wehmut mehr da und ich vermisse das Spielen auch nicht.

Mario, du konntest in die Fussstapfen von Ueli Schwarz treten. Ist das eine schwere Aufgabe für dich?

[Rottaris] Nein, nein, ich sehe das nicht so, dass ich der Nachfolger von Ueli Schwarz bin. Zu der Zeit habe ich ja selber Eishockey gespielt und konnte so seine Analysen nicht immer sehen. Ich möchte aber auch nicht seine Rolle als Analyst übernehmen. Ich nehme an, dass mich das Schweizer Fernsehen als Person Mario Rottaris geholt hat, dass sie ein Bild davon hatten und nun das bekommen. Das was vorher war interessiert mich nicht.

[Billeter] Dazu gibt es zwei Sachen zu sagen. Ueli Schwarz kam eher von der technischen, sprich Trainer-Seite her, während Mario Rottaris mehr den Spieler einbringen kann. Dies war durchaus auch so gewollt. So können wir interessante Konstellationen zusammenstellen. Wir hatten schon eine Sendung, da war Ueli Schwarz in Zürich im Studio und Mario Rottaris mit mir als Co-Kommentator tätig, was sich sehr gut ergänzt hat.

In einem Team arbeitet man ja in guten und in schlechten Zeiten zusammen. Was mögt ihr nun am anderen NICHT?

[Rottaris] Also das gab es bei uns noch nicht. Wir gingen uns noch nie auf den Wecker und wir ergänzen uns auch gut so.

[Billeter] Mir auch nicht. Die Harmonie die stimmt zwischen uns. Ich kannte Mario Rottaris als Person ja nicht und hatte nur das Bild von Mario vor mir, wie ich es sah. Was sich aber hinter diesem Bild versteckte, das wusste ich ja nicht. Ich kannte ihn ja einfach als Spieler. Man merkt einfach, dass bei uns die Chemie stimmt. Denn nur so kann es auch am Mikrofon klappen, sei das im Studio oder hier als Co-Kommentator. Sonst möchte ich nicht jedes Spiel neben Mario Rottaris sitzen ... (lacht)

[Rottaris] Wenn es nicht klappen würde, würde ich mich nicht gut fühlen. Dann müsste ich mir jedes Mal überlegen, was ich sagen will, um denjenigen, der neben mir sitzt nicht zu verärgern, weil ich dann genau weiss, dass er nicht so denkt wie ich. Aber das soll ja nicht heissen, dass wir im Eishockey die gleiche sportliche Meinung haben müssen. Das brauchen wir auch nicht zu haben.

[Billeter] Wir sollen ja auch verschiedene Meinungen haben und dies ist auch normal. Das macht es spannend für die Zuschauer auch zu Hause.

[Rottaris] Wir waren auch schon anderer Meinung. Es kam auch schon vor, dass Jann sagte, da bin ich aber nicht deiner Meinung Mario. Dann haben wir das erläutert und dem Zuschauer nahe gebracht. Es ist ja nicht so, dass ich ihm von hinten in die Beine grätsche.

[Billeter] Der Zuschauer denkt dann eben dabei, dass der Co-Kommentator den Kommentator korrigiert und alles besser wissen will. Das ist aber nicht der Fall. Denn der Kommentator hat einen schweren Job, da Mario Rottaris neben ihm sitz. Er hat ja immerhin 16 Jahre in der NLA gespielt. Also wird das, was Mario sagt, wohl stimmen. Das ist ja das Schwierige. Dies hat dann auch nicht jeder Kommentator gerne, wenn der Co-Kommentator anderer Meinung ist. Da habe ich dann auch genug Selbstvertrauen, dass ich mich nicht unterkriegen lasse. Aber ich sage es dann auch, wenn ich nicht die gleiche Meinung habe wie er.

Jann, du hast vorhin den Moderator und den Kommentator angesprochen. Was sind denn die Unterschiede zwischen diesen Berufsbezeichnungen?

[Billeter] Der Moderator begrüsst die Fernsehzuschauer und verabschiedet sich auch von ihnen und ist im Studio und im Bild. Während den Playoffs sind wir ja im Studio und leiten von dort aus durch die Sendung. Da war ich der Moderator, Mario der Experte und Stephan Bührer der Kommentator. Hier in Wien bin ich nun der Kommentator und Mario der Co-Kommentator.

Herzlichen Dank für euer Interessanten Ausführungen und das gute Gespräch. Ich wünsche euch beiden noch viel Freude mit unserer Nationalmannschaft und viel Spass hier in Wien.

* CF = Cystische Fibrose, Funktionsstörung lebenswichtiger Drüsen, verursacht bereits im Kindesalter schwere Krankheitserscheinungen. Besonders betroffen ist die Lunge. Jann Billeter hat nicht CF.


9 Fragen, 9 Antworten an Jann Billeter und Mario Rottaris

Welches war euer prägenstes Ereignis in eurem Leben?

[Rottaris] Als mir meine Frau zum ersten Mal sagte, sie sei schwanger.

[Billeter] Als ich mit meiner Frau zusammen kam.

Welches ist euer Lieblingsbuch

[Billeter] Ich lese eigentlich nicht viel Bücher. Aber ich würde sagen, dass Fotoalbum von meinem Sohn.

[Rottaris] Wörterbuch Deutsch - Französisch.

Ihr seid im Pazifik gekentert. Was würde euch NICHT fehlen?

[Billeter] Die gute Laune.

[Rottaris] Ideen.

Der peinlichste Moment in eurem Leben?

[Billeter] (beginnt von zehn an rückwärts zu zählen und lacht dabei) Ich habe eine solch grosse Auswahl ... . Nein, Spass beiseite. Ich war in Sydney an den Olympischen Spielen. Es war sehr heiss und ich sollte gerade den Triathlon kommentieren. Damit ich noch vorher auf Sendung gehen konnte, musste ich mir eine Jacke ausleihen, da ich meine im Hotel gelassen hatte. Das war an dem Tag, an dem Brigitte McMahon Gold gewonnen hatte. Damit ich aber hinein konnte, musste ich durch einen Metall-Detektor gehen. Der hat nun, wie das Leben so wollte und es nicht meine Jacke war, immer wieder gepiepst. Nach einigem Suchen fand ich dann den Verursacher des Piepsens: ein verpacktes Kondom. Peinlich ... Dabei kam mir nur eins in den Sinn: "Das ist nicht meine Jacke!" Und alle um mich herum haben natürlich nur gelacht ...

[Rottaris] Na ja, einen ganz peinlichen, der schon fast ins Tragische geht: Wir waren auf Cran Canaria auf der Mannschaftsreise mit Fribourg-Gottéron. Eines Morgens als wir mit dem Taxi nach Hause fuhren, hatte ich im Auto meine Schuhe ausgezogen. Als ich dann in die Hotel-Lobby kam, bemerkten meine Mannschaftskollegen dies und fragten mich nach den Schuhen. Tja, die waren immer noch im Taxi ...

Ihr seid für einen Tag Bundesrat. Was würdet ihr ändern?

[Rottaris] Noch mehr Gelder in den Sport fliessen zu lassen.

[Billeter] Ich sehe das genau so. Denn man sah ja in Bormio, was ohne Gelder im Sport läuft. Die Ausbildung zum Berufssportler ist einfach noch nicht anerkannt ...

Welche Arbeit liebt ihr nicht?

[Billeter] Stundenlange Arbeit am Computer.

[Rottaris] Ich auch.

Was wünscht ihr euch für die Zukunft?

[Billeter] Gesundheit für meine Familie und mich.

[Rottaris] Dasselbe für mich, aber auch für Jann.

Welche Persönlichkeit bewundert ihr?

[Billeter] Martin Gerber und David Aebischer.

[Rottaris] Meinen Sohn und meine Tochter, das sind auch Persönlichkeiten.

Wie werden die Schweizer an der WM abschneiden?

[Billeter] Finale.

[Rottaris] Viertelfinal.


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Jann Billeter

Jann Billeter
  • Geboren am 5. Februar 1972 in Davos
  • Ausbildung zum Radio- und TV- Elektroniker
  • Als Moderator und Redaktor bei Radio Eulach (Neu Radio Top)
  • Ab 1997 beim SF DRS als Moderator und Kommentator
  • Spielte beim HC Davos in der NLB (92/93, 3 Spiele, 1 Tor) und durchlief auch dort alle Nachwuchsabteilungen
  • Musste den aktiven Sport wegen einer Krankheit aufgeben
  • Verheiratet und Vater eines Sohnes (16 Monate)

Mario Rottaris

Mario Rottaris
  • Geboren am 8. Februar 1968
  • Ausbildung zum Chemielaborant
  • Kam via Burgdorf zum HC Fribourg–Gottéron und blieb dem Klub über 16 Jahre treu
  • Arbeitet jetzt als Manager in einem Golfklub
  • Verheiratet und Vater einer Tochter und eines Sohnes
  • Statistiken mit Fribourg–Gottéron:
    - Qualifikation: 583 Sp, 163 T, 199 A, 348 SM
    - Playoff: 93 Sp, 27 T, 32 A, 80 SM