Artikel aus dem OT vom 10.1


Ich sitze ausgelaugt und müde in einer leeren Garderobe. In meiner rechten Hand halte ich einen Plastik-
becher und zu meiner Linken sitzt ein freundlicher, aber bestimmter Herr, der den Auftrag hat, mich beim Urinieren in diesen Becher zu beobachten. Diese Probe wird dann später auf leistungssteigernde und verbotene Substanzen untersucht werden. Mein Problem ist aber, dass ich im Moment nicht genügend Flüssigkeit im «Tank» habe, um die geforderten 50 ml zu liefern. Beim ersten Versuch war ich leider bereits bei 20 ml fertig. Alle anderen Spieler, bis auf Fabian Ganz, sind bereits im Car und warten nur auf uns.

Kurze Zeit zuvor war ein spannendes Derby gegen den SC Langenthal zu Ende gegangen. Es war der erste Match nach Weihnachten. Ich ging absolut motiviert in dieses Spiel, denn wir wollten unseren ersten Platz in der Tabelle verteidigen. Aus eigener Erfahrung weiss ich aber, dass diese Spiele gleich nach Weihnachten nicht immer ganz einfach sind. Alle essen und trinken zu Weihnachten gerne, da sind auch die Eishockeyspieler keine Ausnahme. Dies kann dazu führen, dass man sich am 28. Dezember immer noch etwas träge fühlt. Im Match gegen Langenthal war Derartiges aber überhaupt nicht der Fall. Schon beim Aufwärmen auf dem Eis spürte ich die Energie der Mannschaft und wusste, dass wir bereit sein würden. Beide Mannschaften spielten diszipliniert und auf Augenhöhe, was ein attraktives und spannendes Spiel zur Folge hatte. Obwohl Langenthal durch ein Powerplaytor in Führung ging, drehten wir das Spiel noch zu un-
seren Gunsten. Es war eine solide Mannschaftsleistung und stimmt mich zuversichtlich für die wichtige Phase, die im Februar auf uns zukommen wird.

Nun sitze ich immer noch in der Garderobe. «Gänse», der ebenfalls für die Dopingkontrolle aufgeboten wurde, konnte mittlerweile seine Probe abliefern. Dies erhöht natürlich den Druck auf mich, da ich weiss, dass ein ganzer Bus voller Spieler nur auf mich wartet. So
habe ich in der letzten halben Stunde einen Liter Wasser und ein Bier getrunken. Eine Weile darauf: geschafft! Unter verschmitzten Buhrufen meiner Mitspieler steige ich in den Bus und wir fahren Richtung Olten. Als wir bei der Schützi ankommen, sehen wir eine grosse Ansammlung von Fans, welche uns euphorisch empfängt. In meiner 16-jährigen Karriere habe ich so etwas selten erlebt und in diesem Moment verspüre ich den Wunsch, NLB-Meister zu werden, noch stärker als sonst. Weil ich sehen möchte, was unsere Fans dann mit der Stadt anstellen werden! Chapeau für die Aktion in der Schützi – ich danke unseren Fans für dieses tolle Erlebnis!

Bereits 2004/05 während 26 Spielen in Olten tätig, kehrte Sandro Tschuor (32) auf diese Saison als Captain zum EHCO zurück. Der Bündner berichtet wöchentlich in seiner Kolumne exklusiv für das Oltner Tagblatt.