Heute im Tages-Anzeiger:

Meister in der Waldhütte
Die National League B deckt mit wachsendem Erfolg die Regionen neben den Eishockeyzentren ab.

Von Werner Schweizer, Langenthal
Die Eishalle Schoren steht am Ende von Langenthal, dort, wo sich am Waldrand National League A und B gute Nacht sagen. Das Heimteam hat sich in den vergangenen Jahren in der Spitzengruppe der zweithöchsten Spielklasse etabliert und im Frühling den B-Meistertitel ausgiebig gefeiert. Dass der Aufstieg danach gegen Ambri verpasst wurde, stört hier niemanden. Die Infrastruktur des Stadions ist für höhere Ansprüche noch weniger geeignet als die Valascia.

Der grösste Erfolg der Clubgeschichte mündete bisher aber auch nicht in einen Besucherboom. Nach einem schwachen Start mit gehörigem Meisterblues hat sich Langenthal zuletzt sportlich aufgefangen. Der 6:5-Sieg vom Dienstagabend in der Verlängerung gegen Aufsteiger Red Ice Martigny war vor allem dem funktionierenden Powerplay mit vier Toren geschuldet.Den beiden rivalisierenden Nachbarn Langenthal und Olten hat es die Liga zu verdanken, dass sie nicht mehr so extrem unter welschem Einfluss ist. Der einstige A-Club Olten ist längst wirtschaftlich gesundet, steht dank einer starken Oktoberserie von 13 Siegen an der Spitze und darf mittelfristig nach einer Renovation des Kleinholz-Stadions auch wieder auf eine Promotion hoffen. Die Derbys gegen Langenthal gehören zu den Attraktionen der Liga und ziehen mehr Publikum an als viele Spiele in der Elite.

Weiterhin sind die Clubs aber stark von ihren Ausländerduos abhängig. Mit dem Zuzug von Marco Truttmann aus Biel, der die Skorerliste anführt, haben die Oltner quasi einen dritten Kanadier gefunden. Und der neue Trainer Scott Beattie, der auch eine Schweizer Vergangenheit als Stürmer hat, findet den Draht zur Mannschaft - ganz im Gegensatz zu Colin Muller in der letzten Saison.

Red Ice mit einem Lockout-Star

Im Schoren bestritt der einzige Lockout-Star der B-Liga sein erstes Auswärtsspiel mit Martigny fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Der Center Chris Kelly gewann 2011 mit Patrice Bergeron (Lugano) und Tyler Seguin (Biel) den Stanley-Cup für die Boston Bruins. Abstecher wie in die Waldhütte von Langenthal sieht der 32-jährige Kanadier als eine Art Kulturprogramm. Es ist sein erster Trip überhaupt in die Alte Welt. Zwei Drittel lang war er bemüht, die nicht immer geordneten Pass- und Laufwege der Kollegen und Gegner zu ergründen, im letzten legte er mit seiner physischen Präsenz die Basis zum Endspurt der Walliser, die nach einem 2:5 noch zum Ausgleich kamen, ehe sie in der Verlängerung verloren.

Kelly löste den schwedischen NHL-Stürmer Patrick Hörnqvist ab, der den Lockout mittlerweile bei Djurgården Stockholm erdauert. Die Verpflichtungen aus der NHL machen die russischen Geldgeber beim B-Neuling möglich, den es in dieser Form erst seit vier Jahren gibt. Manager Andrej Nazheskin stellte ein interessantes Team für das russisch-helvetische Trainerduo Malgin/Fedulow zusammen. Das Gerüst bilden Spieler, die zuvor bei der Konkurrenz engagiert waren. Dazu gehören ein Alt-Nationalspieler (Valentin Wirz), der bei Lausanne ausgemusterte Martin Ulmer, der auch für Österreich spielen kann, und der dunkelhäutige Abwehrturm Dave Sutter, der aus Monthey stammt und zuletzt die oberste kanadische Juniorenliga durchmischte. Red Ice strebte eigentlich eine Fusion mit dem HC Sierre an. Doch solche Projekte scheitern im Wallis immer. Der Club der Sonnenstadt nahm mit dem früheren Präsidenten Silvio Caldelari einen neuen Anlauf. Deshalb hat der Kanton nun drei Clubs am Start wie zuvor nur in den drei Saisons von 2005 bis 2008, als sich der HC Martigny zurückzog. Noch ist Visp das Aushängeschild des Walliser Eishockeys. Der einstige Zürcher Lion-King Michel Zeiter durchlebte an seiner ersten Trainerstelle auch schon schwierige Wochen. Seit Domenico Pittis, der mit dem ZSC im Frühling den Titel gewonnen hatte, den verletzten Alexandre Tremblay ersetzt, geht es aufwärts mit den Vispern. Das 3:1 gegen Lausanne vom Dienstag war ein weiterer Schritt. Der Match hatte eine besondere Affiche dank zwei Schweizer Trainern mit Walliser Wurzeln an der Bande. Beim ewigen Aufstiegsfavoriten Lausanne hat der Assistent Gerd Zenhäusern, der Sohn des kürzlich verstorbenen Aldo Zenhäusern, den Job von Headcoach John van Boxmeer übernommen.Damit sind die nordamerikanischen Trainer mit ihren drei verbliebenen Exponenten Beattie, Sheehan (La Chaux-de-Fonds) und Collins (Sierre) nicht mehr in der Überzahl. Dafür hat es neben den Russen von Red Ice einen Dänen (Ehlers, Langenthal), einen Finnen (Alatalo, GCK Lions) und einen Tschechen. Jan Tlacil betreut das Überraschungsteam Ajoie.