Continental-Cup

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Continental-Cup: Die Pflicht in der weissrussischen Provinz

Im Januar findet wieder das Superfinale des Continental-Cup statt. Vor einem Jahr holte Jokerit Helsinki die Trophäe in einem hochklassigen Finalspiel in Lugano gegen den russischen Meister Lokomotiv Yaroslavl. Diesmal verzichteten die beiden Mannschaften und aus Russland kam mit dem Finalisten Severstal Cherepovets der Turnierfavorit. Austragungsort ist diesmal Gomel, die seit dem Tschernobyl-Unfall radioaktiv am stärksten belastete Region Weissrusslands. Der HK Gomel konnte sich einerseits durch den Gewinn des Meistertitels gegen den vorherigen Serienmeister aus der Hauptstadt Minsk sowie einer neuen Eishalle für das Turnier empfehlen. Für die meisten Topclubs ist dieser Anlass, sofern sie überhaupt erscheinen (wie Lugano und Cherepovets) oder erscheinen dürfen (der schwedische Verband etwa legt sich quer) eine Pflichtübung, denn das Turnier ohne viele Topmannschaften und in einem nicht unbedingt als schick geltenden Austragungsort hat nur einen wenig bedeutenden Prestigewert. Mit einem neuen Turnier ("Super Six") auf dem Level der eingegangenen EHL könnte dem grossen Manko der Sportart Eishockey, keine attraktiven internationalen Clubwettbewerbe zu haben, Abhilfe geschafft werden.

Von Martin Merk



Gruppe M

Der HC Lugano ist Stammgast im Continental-Cup und gehört wie auch die Nationalliga allgemein zu den Verfechter für internationale Wettbewerbe. Als Meister und Topclub der stärksten vertretenen Liga dieser Gruppe sind die Tessiner favorisiert auf eine Finalteilnahme. Das Finale muss das Mindestziel der Tessiner sein, für einen Sieg gilt es dagegen wohl den russischen Vizemeister auszuschalten, was dann wohl die Kür wäre. Doch auch an ein frühes Ausscheiden können sich viele Lugano-Fans ungerne erinnern wie 2001 gegen Asiago und Milano. Mit Ville Peltonen haben die Bianconeri jedenfalls einen Spieler dabei, der letztes Jahr als Captain von Jokerit Helsinki das bestbesetzte Continental-Cup-Turnier aller Zeiten gewonnen hat und damit der einzige anwesende Titelverteidiger ist.

Der Gastgeber HK Gomel hat in der vergangenen Saison die reguläre Saison und das Playoff gegen den langjährigen Spitzenreiter Keramin Minsk souverän gewonnen und wurde gleich nach dem ersten Meistertitel überhaupt als Gastgeberort erkoren, sich auch in dieser Hinsicht gegen den Mitbewerber Minsk durchgesetzt. Die Weissrussen werden alles daran setzen, um auf und neben dem Eis im internationalen Schaufenster eine gute Visitenkarte abzugeben - trotz ihrem grossen Handicap seit der Katastrophe von Tschernobyl. Der Bezirk Gomel ist am Rande einer Sperrzone und man schätzt, dass bis in einigen Jahren in der gesamten Region über hunderttausend Menschen an Schilddrüsenkrebs leiden werden. Mit 560'000 Einwohner ist die Kreisstadt die grösste nach der Metropole Minsk. Eine Stadt an verkehrspolitisch guter Lage, bei der man sich wirtschaftlich allgemein eine Tendenz nach oben erhofft. Im Eishockey steht sie nun erstmals im internationalen Rampenlicht, nachdem der lokale Club die Hauptstädter aus Minsk vom Thron gestossen hat. Als Stars im Team der "Luchse" gelten der Stürmer Andrei Andreyevski (30) und der Verteidiger Aleksander Alexeev (35). Obwohl die Topspieler des Landes meist in Nordamerika oder Russland tätig sind, kamen immerhin zehn WM-Teilnehmer aus der heimischen Liga, davon fünf vom HK Gomel. Es waren dies auch Aliaksei Strakhau, Siarhei Zadzialionau, Vadim Bekbulatov und Yauheni Yesaulau. Auch in dieser Saison liegt Gomel vor Minsk obenauf, dies in der osteuropäischen Liga EEHL wie auch in der Landesmeisterschaft.

Die Dragons du HC Rouen sind der grosse Aussenseiter dieser Gruppe, bereits mit der Teilnahme wurden die Erwartungen mehr als erfüllt. Denn in der Meisterschaft sind die Drachen keine grosse Nummer mehr und haben die Titelverteidigung bereits verpasst. In der höchsten Liga "Super 16" hat man den vierten Platz in der Westgruppe punktegleich wegen Direktbegegnungen verpasst und spielt nun in der Abstiegsrunde statt um die Meisterschaft ("Coupe Magnus"). Der Continental-Cup war damit die einzige Möglichkeit, Erfolg zu haben und vielleicht war es auch diese Doppelbelastung, welche die Titelverteidigung frühzeitig kostete. Bereits im Oktober startete man mit dem Heimturnier zur zweiten von drei Qualifikationsrunden und setzte sich gegen den letztjährigen Finalgegner Amiens, den niederländischen Meister Amsterdam und den italienischen Finalisten Asiago souverän durch. In der dritten Runde qualifizierte sich Rouen in Herning nach einer 1:4-Startniederlage gegen den Gastgeber und dänischen Meister durch Siege über den norwegischen Champion Vålerenga Oslo (6:1) und den polnischen Titelhalter Unia Oswiecim (7:3) nahezu explosionsartig für das Superfinale. Die Mannschaft des früheren Nationalspielers Franck Pajonkowski hat neben den einheimischen Spielern fünf Finnen, drei Kanadier und einen Schweden im Team. Der Kanadier Eric Raymond im Tor ist der Rückhalt der Mannschaft, in der Verteidigung glänzen Daniel Carlsson und Steven Low auch offensiv und im Sturm sind die einstigen französischen Nationalmannschaft-Stars Maurice Rozenthal und Arnaud Briand die grossen Namen, an welche sich einige Nationalspieler des HC Lugano nur ungern zurückerinnern werden. Sie bildeten an den Olympischen Winterspielen 2002 mit dem Ex-Luganese Philippe Bozon die Paradelinie, welche die Schweiz beim 3:3 im Alleingang abschoss. Teilnehmer der letzten WM waren Allan Carriou und Nicolas Pousset.



Gruppe N

Severstal Cherepovets, der Vizemeister der stärksten europäischen Liga, der russischen RHL, ist zweifellos der Turnierfavorit. Dies auch nach dem harzigen Saisonstart, denn der Club aus der Region Vologda nördlich von Moskau, mit etwas mehr als 300'000 Einwohnern die Nummer 59 Russlands was die Einwohnerzahl anbelangt, belegt in der 16-er-Liga nur den 13. Rang, ist in den Abstiegskampf verwickelt. Der interessanteste Spieler in der Mannschaft ist der Stürmer Yuri Trubachev, Captain des U20-Weltmeisters Russland. Sergei Gusev gilt als grossartiger Abwehrchef, er war neben dem mittlerweile nach Kasan abgewanderten Vasili Turkovski der einzige WM-Teilnehmer Russlands im Team. Mit dem von Brynäs gekommenen kanadischen Ersatztorhüter Jamie Ram sowie dem Tschechen Ales Pisa (letzte Saison Edmonton) und Thomas Chlubna stehen auch drei Ausländer ausserhalb der früheren Sowjetunion im Team, andere hatten Integrationsprobleme und sind mittlerweile abgewandert: Jeff Toms (Basel) und Drew Bannister (Espoo/FIN). Ebenfalls im Team sind die Weissrussen Oleg Antonenko und Aleksei Kalyuzhny. Um aber diese schwache Saison noch "retten" zu können, dürfte auch ein Continental-Cup-Sieg nicht genügen. Vielmehr ist der Sieg ein Pflicht und das Turnier eine gute Abwechslung vom harten Abstiegskampf.

Slovan Bratislava hat in den vergangenen zwei Saisons den Meistertitel gewonnen und ist dadurch wieder für das Superfinale gesetzt, wo letzte Saison nach einer Startniederlage gegen Jokerit Helsinki und Siegen gegen Milano und Belfast der fünfte Platz erreicht wurde. Diese Saison liegt man aber hinter dem neuen Leader Dukla Trencin hoffnungslos zurück und kämpft mit den anderen Spitzenclubs aus Zvolen und Kosice um Platz 2. Zu den grössten Namen zählen die Routiniers Zdeno Ciger, Branislav Janos und Petr Pavlas, die Topscorer im Team. Mit Jaroslav Halak steht der Torhüter im Team, der zum besten der gesamten U18-WM 2003 gewählt wurde. Aktuelle Nationalspieler sind Jan Tabacek und Martin Hujsa, an der WM waren als einzige Spieler aus der slowakischen Extraliga Zdeno Ciger, Pavol Rybar und Richard Kapus (zu Omsk) im mit NHL-Stars gespickten Bronze-Team. Dies sagt schon viel über den Status des Clubs in der Slowakei aus. Slovan ist daher nicht zu unterschätzen und kann nach dem grossen Meisterschaft auch die Meisterschaft etwas ruhiger angehen. Da der erste Platz kaum mehr zu erreichen ist, gilt der Blick schon jetzt vor allem den Playoffs. Auch dem Continantal-Cup wird man deswegen eine höhere Beachtung schenken können. Der grösste Name im Team, Miroslav Satan, war hingegen bloss für sieben Spiele (6 Tore, 4 Assists) im Team und konnte sich dabei mit den Buffalo Sabres für eine weitere NHL-Saison einigen. Trainer ist seit dieser Saison Lubomir Pokovic, nachdem man sich mit dem Meistertrainer Julius Supler (mittlerweile bei Yaroslavl) finanziell nicht einigen konnte.

Keramin Minsk konnte sich als Vizemeister Weissrusslands als zweite Mannschaft des Gastgeberlandes qualifizieren. Für Minsk geht es dabei um viel nationales Prestige, nach dem Verlust des Meistertitels und nachdem man auch in dieser Saison nur die Nummer 2 des Landes in den Meisterschaften der EEHL und Weissrusslands ist. Minsk startete in der letzten Qualifikationsrunde und setzte sich in Linz gegen den finnischen Zweitliga-Serienmeister Jukurit Mikkeli (4:1), gegen Kasachstans Nummer 1 Kazzinc Torpedo Ust-Kamenogorsk (1:1) und die österreichischen Gastgeber Black Wings Linz (3:1) durch. Mit dem Verteidiger Vladimir Kopat haben die Minsker einen Nationalhelden im Team, er schoss an den Olympischen Spielen in Salt Lake City das Siegestor gegen Schweden im Viertelfinale. Zahlreiche international erfahrene Spieler wie auch Andrei Gusov, Andrei Mikhaliou und Dmitri Dudik stehen im Team. Ziel wird es sein, in diesem wie auch in den anderen beiden Wettbewerben die Vormachtstellung Gomels zu durchbrechen, was angesicht der schwierigen Gegner als Qualifikant nicht gerade einfach werden dürfte. In der vergangenen Saison wurde aber aufgezeigt, was möglich sein kann. Durch einen Startsieg im Penaltyschiessen vor 7000 Zuschauern bei den Milano Vipers kam man immerhin in die "Top 4", für mehr reichte es nach Niederlagen gegen Jokerit Helsinki (2:5) und dem HC Lugano (0:5) nicht.