Freitag, 16. Februar 2006

Olympische Winterspiele 2006 Herren-Turnier

2 : 3
(0:1, 1:1, 1:1)
Tschechien Schweiz
 

Matchbericht



 
 

Schweizer siegten verdient

Von Urs Berger

In einem schnellen und hochstehen Spiel, das von den Emotionen lebte, konnten die Schweizer das bessere Ende für sich behalten. Die Schweizer zeigten somit die nötige Reaktion gegenüber dem gestrigen Spiel. Ralph Krueger lobte seine Mannschaft für die geschlossene Teamleistung und rühmte auch das Tor von Thierry Paterlini. Der tschechische Coach war denn auch unzufrieden mit der Leistung seines Teams und bemängelte denn auch das ungenügende Abschlussverhalten seiner Spieler.

Von beginn an standen die Zeichen auf einen Sieg der Schweizer. Nach dem man gestern gegen die Finnen mit 5 zu 0 untergegangen war, starteten die Schweizer defensiv eingestellt und spielten das, was man von ihnen erwartete. Im Tor stand ein ausgezeichneter David Aebischer, der von Beginn an die Schüsse der Tschechen abwehrte und auch bei Nachschüssen die benötigte Ruhe nach vorne ausstrahlte. So konnten sich die Verteidiger darauf konzentrieren, allfällige Abpraller, die Aebischer nicht behändigen konnte, aus der eigenen Zone zu spielen. In der sechsten Minute kamen die Schweizer durch Thomas Ziegler zu einer Chance vor Tomas Voukon. Dieser wehrte den ersten Schuss von Ziegler ab. Der Abpraller kam zu einem tschechischen Spieler, welcher ungenügend abwehren konnte und Ivo Rüthemann drückte erneut ab. Voukon war wieder zur Stelle wehrte aber ungenügend ab und Thomas Ziegler konnte in das offene Tor, zur Führung der Schweizer, einschieben. Die Schweizer arbeiteten nun konsequenter weiter. So scheiterte Thierry Paterlini in der 9. Minute vor Thomas Vokoun, als dieser zuweit aus dem Tor fuhr. Die Tschechen merkten, dass die Schweizer mithalten konnten, versuchten ihrerseits mit schnellen Kontern das Spiel zu beschleunigen, doch David Aebischer machte alle Chancen der Tschechen zu nichts. Kurz vor Schluss des ersten Drittels entwischte Thomas Ziegler der tschechischen Verteidigung und konnte durch Tomas Kaberle nur noch regelwidrig gestoppt werden. So konnten den die Schweizer das zweite Drittel mit einem Mann mehr auf dem Eis beginnen. Die Schweizer spielten aber das nun folgende Powerplay zu statisch. Die Tschechen konnten die Überzahl unbeschädigt überstehen. Nach diesem Powerplay drehten die Tschechen auf. Immer wieder kamen sie zu guten Chancen. In der 23. Minute konnte dann Jaromir Jagr von einem Fehler in der Defensive der Schweizer profitieren und schoss unter der Achsel von David Aebischer zum 1 zu 1 ein. Eine Minute später konnte Milan Hejduk sein Solo durch die Schweizer Verteidiger nicht an David Aebischer vorbeibringen. Nun nahm der Druck auf die Verteidigung und auf den Schweizer Schlussmann zu. Immer wieder konnte Aebischer seine Erfahrung mit den Colorado Avalanche, dort spielt er hinter einer instabilen Verteidigung, aufblitzen lassen. So hielt er die Schweizer lange im Spiel. In der 29. Minute musst dann Sandy Jeannin wegen einem Halten auf die Strafbank. Die Tschechen zogen ein schnelles Powerplay auf, wurden aber durch die Schweizer gestärt und Thierry Paterlini konnte auf das Tor von Tomas Voukon losziehen. Zuerst schien es, als könnten ihn die Tschechen mit einem Check aus dem Spiel nehmen. Paterlini stand nach diesem wieder auf, kam an die Scheibe, drückte wie ein NHL – Routinier ab und überlistete so Voukon zum 2 zu 1. Selbst Ralph Krueger meinte nach dem Spiel, dass er sich nicht erinnern konnte, ein solches Tor in seiner Karriere gesehen zu haben. Auch Paterlini selber konnte es nicht fassen und als er auf die Bank fuhr, um die Gratulationen seiner Teamkollegen zu empfangen, musste er immer noch lachen. Selbst eine Minute nach dem Tor lächelte er immer noch. Das letzte Mal traf er an den Weltmeisterschaften 2003 in Finnland in das Netz des Gegners.



Nun wurden die Schweizer aufsässiger, ohne aber ihre Defensiven Pflichten zu vernachlässigen. Dennoch neigten die Schweizer zu einigen dummen Strafen und musst so die letzen sechs Minuten des mittleren Abschnittes mehrheitlich in Unterzahl verbringen. Die Tschechen konnten diese Situationen aber nicht ausnützen, auch wenn sie mit drei gegen fünf Feldspielern agieren konnten. Immer wieder war es David Aebischer oder die Verteidigung, welche die Tschechen stoppten. Mitten in der Strafenflut sah sich dann Ralph Krueger gezwungen ein Tim-out zu nehmen, um seine Spieler wieder etwas zur Räson zu bringen. Kurz vor Schluss des mittleren Drittels konnte Thierry Paterlini, wieder in Unterzahl, einen Konter starten und wurde erneut zu Fall gebracht. Doch diesmal konnte er sich nicht mehr an die Scheibe herankämpfen und der Tscheche Pavel Kubina musst für zwei Minuten auf die Strafbank.



Wiederum kamen die Tschechen mit einem schnellen Tor im letzten Abschnitt in das Spiel zurück. Marek Zidlicky verwandelte ein schönes Zuspiel von Ales Hemsky zum Ausgleich. Die Schweizer steckten jedoch nicht zurück, gaben alles und brachten die Tschechen immer wieder in Verlegenheit. Dennoch übernahmen nun die Tschechen das Spieldiktat und man merkte den Unterschied beider Teams. Zeitweise waren die Tschechen mit einem Mann mehr im Drittel, konnten die Chancen aber nicht ausnützen oder David Aebischer verhinderte einen erfolgreichen Abschluss. In der 47. Minute war dann Mark Streit im Powerplay für den Siegtreffer der Schweizer verantwortlich. Der Verteidiger mit der Nummer Sieben schoss mit einem satten Schuss ab der blauen Linie die Schweizer in das Glück. Wer nun aber dachte, dass die Tschechen aufgaben, der sah sich getäuscht. Sie kämpften weiter, scheiterten immer wieder an Aebischer, der heute Nachmittag eine Weltklasse Leistung zeigt. Nichts erinnerte mehr an den zu Beginn der Saison verunsicherten Torhüter der Avalanche. Alles lief nun gut für ihn und sein Team. Noch einmal hatten die Schweizer in der 52. Minute ein Powerplay zu überstehen, konnten dieses aber ohne Probleme verteidigen. So sah sich den der tschechische Coach veranlasst, 35 Sekunden vor Schluss den Torhüter aus dem Tor zu nehmen. Doch diese Massnahem musste er nach sechs Sekunden wieder aufgeben, da Robert Lang wegen einem Ellenbogencheck auf die Strafbank musste. Die restlichen Sekunden im Spiel wurde zu einer Zerreisprobe für alle anwesenden Fans. Die Tschechen brachten die Scheibe nicht mehr im Tor der Schweizer unter. So endete dann das Spiel mit einem grossen Überraschungssieger und einem glücklichen Ralph Krueger.



Thomas Ziegler, der Schütze zum 1 zu 0 war denn nach dem Spiel voller Lob für den Fribourger Schlussmann. „David Aebischer hat uns im Spiel gehalten und ihm gebührt der Lob für diesen Sieg. Wir konnten im Sturm unser Chancen nutzen und das Spiel gewinnen. Dennoch dürfen wir uns jetzt nicht zu sehr auf diesen zwei Punkten ausruhen und glauben, dass wir die Viertelfinals auch so erreichen. Immer noch werden die beiden letzen Spiele gegen die Deutschen und die Italiener von Bedeutung sein. Erst danach können wir sehen, wie viel diese beiden Punkte wert sind.“ Dies sah auch Ralph Krueger so: “Diese zwei Punkte sind nun da. Aber was sie wert sind, werden wir erst nach dem letzen und entscheidenden fünften Spiel sehen.“



Entsprechend enttäuscht war man dann auch auf tschechischer Seite. Torhüter Tomas Voukon meinte nach dem Spiel, „ wir hatten viel Chancen, vor allem im Powerplay, konnten diese aber nicht ausnützen. Doch ich darf der Mannschaft keinen Vorwurf machen. Ich habe heute Nachmittag auch nicht mein bestes Spiel gezeigt. Auf der anderen Seite war David Aebischer wirklich ein sensationeller Schlussmann, der die meisten Chancen von uns zunichte machte.“ Fast trotzig führte er auf eine entsprechende Frage eines Reporters an: “Natürlich können wir noch die Viertelfinals erreichen. Das heute war nur ein Ausrutscher auf unserem Weg in den Finale. Noch haben wir nur ein Spiel von fünf verloren. Die anderen Spiele müssen auch noch zu erst gespielt werden.“ So bleibt den zu hoffen, dass die Schweizer sich von diesem Sieg nicht blenden lassen, die Tschechen die Niederlage gut verdauen und ausgeruht am Samstag in den zweiten Teil des Turniers starten können. Denn noch ist nichts entschieden. Das Turnier hat erst gerade begonnen. Aus Schweizer sicht darf man nun noch auf mehr Siege hoffen.



Telegramm



Esposizioni Torino, Turin



Zuschauer: 3`400



Schiedsrichter: Larue (USA), Sericolo (USA), Shelyanin (RUS)



Strafen: 7 x 2` CZE, 10 x 2` SUI



Tore: 6. 0-1 Ziegler (Rüthemann); 23. 1-1 Jagr (Strake, Prospal); 30. 1-2 Paterlini ( Ausschluss Jeanin!); 41. 2-2 Zidlicky (Hemsky, Rusinsky); 47. 2-3 Streit (Seger, Plüss)



Aufstellung:



Tschechien: Vokoun; Kubina, Kaberle T.; Zidlicky, Spacek; Kuba, Kaberle F.; Malik,; Jagr, Lang, Straka; Hejduk, Prospal, Rucinsky; Hemsky, Vyborny, Elias; Olesz, Erat, Cajanek; Bulis;



Schweiz: , Aebischer; Seger, Forster; Vauclair, Hirschi; Bezina, Blindenbacher; Keller, Streit; Paterlini, Ziegler, Rüthemann; Jenni, Conne, Fischer; Lemm, Jeannin, Wichser; DiPietro, Plüss, Della Rossa;


Fotos von Thomas Oswald


Mathias Seger (SUI) gegen Martin Straka (CZE)


Robert Lang (CZE) scheitert an Torhueter David Aebischer (SUI)


Adrian Wichser (SUI) gegen Jaroslav Spacek (CZE)


Die Schweizer freuen sich ueber den 2:1 Fuehrungstreffer


Marek Malik (CZE) gegen Thierry Paterlini (SUI)


Thierry Paterlini läuft allen davon


Thierry Paterlini (SUI) scheitert an Tomas Vokoun (CZE)


Severin Blindenbacher (SUI) und Goran Bezina (SUI) gegen Martin Rucinsky (CZE)


Die Schweizer bejubeln den 3:2 Fuehrungstreffer, Tschechiens Vaclav Prospal steht in der Kuehlbox


Marek Zidlicky (CZE) gegen Sandy Jeannin (SUI)


Schweizer Fans


Die Schweizer freuen sich, zusammen mit den Fans


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