Putin will Europas Eishockey erobern

Dienstag, 21. Juli 2009, 08:08 - Martin Merk

Der russische Ministerpräsident Wladimir Putin will das europäische Eishockey erobern. Auch die Schweiz hat er zu seinen Zielen erklärt, selbst wenn man dies hier eigentlich gar nicht will.

Putin gilt in Russland als der mächtigste Mann, auch nach dem Ablauf seiner Amtszeiten als Staatspräsident. Gemäss seinen Steuerangaben ist er allerdings ein bescheidener Mann mit etwa 150 000 Franken Bargeld, zwei alten Autos, einer Wohnung und einem Grundstück. Sein Vermögen schätzen Gegner und Politologen aber auf 12 bis 40 Milliarden Franken ein, vor allem in Aktien staatsnaher Konzerne, die er sich über Strohmänner angeeignet haben soll.

Die Fäden zieht Putin aber offenbar nicht nur in der Politik, wie er der staatlichen Nachrichtenagentur "RIA Novosti" bekanntgab, sondern auch im russischen Eishockey und deren neuen Liga KHL. "Ich unterstütze die KHL nicht nur, ich habe sie initiiert", sagt Putin. Dies, um einen Gegenpol zu den Nordamerikanern zu schaffen wie einst zu Sowjetzeiten. War es damals noch der Eiserne Vorhang, der die besten Spieler vor allem in Moskau hielt, sind es heute Rubel von Rohstoffkonzernen, regionalen Behörden und Oligarchen.

Und auch bei den bislang vor allem auf dem Reissbrett der Russen existierenden Expansionsplänen zeigt sich Putin begeistert. "Ich würde die KHL gerne zu einer europäischen Liga entwickelt sehen, die Grenzen erweitern nach Tschechien, in die Slowakei und in die Schweiz", sagt Putin, und dann natürlich ohne politischen Einfluss, betont er.

Bislang sind solche Pläne aber gescheitert und die KHL ist geographisch ein Revival der Sowjetliga mit je einem Team aus Kasachstan, Lettland und Weissrussland. Als einziges Team zeigte im Sommer der tschechische Meister Karlovy Vary (Karlsbad) ernsthaftes Interesse, sah aber aufgrund der hohen finanziellen Hürden von einer Teilnahme ab. In anderen Ländern wie Deutschland, Finnland oder Schweden sind die Russen bislang abgeblitzt. In der Schweiz schienen mögliche Verhandlungen nie ernsthaft zur Diskussion zu stehen.

Die Erweiterungspläne scheiterten auch an internen Problemen. Damit man überhaupt mit 24 Clubs weitermachen konnte, wurden mehrere Anpassungen aufgrund der Finanzkrise nötig. Die Mindestlohnsumme wurde um 17 Prozent auf rund 7 Millionen Franken geschrumpft, die Obergrenze liegt bei 22 Millionen Franken. Der Mindestlohn pro Spieler ist 10 500 Franken pro Jahr (!), bei Junioren 2800 Franken, was im Kontrast steht zu einigen Topstars mit Millionensalär. Zum Vergleich: Die NHL hat die vor fünf Jahren heftig umstrittene Lohnobergrenze für die neue Saison gar leicht erhöht auf rund 61 Millionen Franken, der Mindestlohn ist rund 500 000 Franken.

Schweizer Fans würden wenig von einer "europäischen Integration" halten. Nur 27 Prozent sehen eine Euroliga für sinnvoll. Eine breite Mehrheit sieht die Kombination der nationalen Meisterschaften mit der für ein Jahr pausierenden Champions Hockey League für ideal, wie eine Umfrage von hockeyfans.ch bei über 2000 Fans ergab. Auch bei der National League hat man keine offene Arme für die russische Liga. Die Clubs wurden vom möglichen Locken der Russen gewarnt.