691 Strafminuten in russischem Spiel

Sonntag, 10. Januar 2010, 16:53 - Martin Merk

In der russischen KHL wurde gestern, zwei Tage nach dem russischen Weihnachtstag, ein Spiel nach Massenschlägereien nach bereits 3:39 Minuten abgebrochen! Beim Spiel Vityaz Tschechow gegen Avangard Omsk machte gar der tschechische Avangard-Star Jaromir Jagr mit bei den Keilereien, welche Vityaz-Spieler ausgelöst hatten.

Dass Vityaz beim Skandalspiel involviert ist, überrascht in Russland niemandem. Der Club wird von seinen 23 Gegnern verachtet und einige Trainer hatten schon den Ausschluss per Ende Saison aus der KHL gefordert. Nach Punkten in der Tabelle ist der Club Letzter, doch in Tschechow scheinen die Punkte anders gezählt zu werden.

Hinter einem Tor ohne Tribüne steht ein Zitat aus dem Film Alexander Newski, einer Verfilmung der Schlacht auf dem Eise, als russische Truppen unter dem Nowgoroder Fürsten Newski 1242 Truppen aus Deutschland und Livland (heute Lettland) am Peipussee vernichtend schlugen: "Wer mit dem Schwert zu uns kommt, wird mit dem Schwert umkommen." Der Spruch ist beim Club seit einigen Jahren Programm, zumal der Clubname Vityaz (oder Witjas) der Name für einen adligen Krieger auf russisch ist, abstammend vom preussischen Wort Witing. Gleich daneben steht eine Fahne mit dem Logo des kanadischen Eishockeyverbandes und dem Text "Wir lieben kanadisches Hockey". Damit meinen die Russen allerdings vorwiegend ungesunde Härte und Faustkämpfe. Als Ausländer dienen im Team ausgediente kanadische Goons aus nordamerikanischen Minor Leagues. In Russland hat die Spielweise von Vityaz für diese Art von Spielern das neue Wort "Tafgaj" (von engl. "tough guy", harter Kerl) entstehen lassen. Nachdem Nathan Perrot von der KHL genug hatte und sich nun als Schwergewichtboxer durchschlägt, ist nun Darcy Verot der Chef der Bande. Schon vor dem abgebrochenen Spiel hatte er 289 Strafminuten in 25 Spielen und ist damit auf dem Weg, seinen Rekord von 511 Strafminuten aus der Saison 2007/08 einzustellen. Im Schnitt kommt er auf 11:34 Strafminuten und 8:29 Minuten Eiszeit pro Spiel.

Schon beim Einwärmen setzte sich Verot in Szene, als er einen Schuss auf den Avangard-Finnen Lasse Kukkonen abfeuerte. Nach drei Minuten unterhielten die Vityaz-Spieler dann das Publikum, wie sie es am liebsten tun: mit dreckigem Spiel. Brandon Sugden begann nach 3:27 Minuten die erste Massenschlägerei, als er während des Spiels auf Alexander Svitov losging und eine Prügelei begann. Nachdem einige Akteure auf die Strafbank geschickt wurden, dauerte es nur sieben Sekunden bis zur zweiten Schlägerei. Zwei Sekunden nach dem Wiederanspiel wurde die Massenschlägerei erneut fortgesetzt. Die Teams hatten zwar nur noch vier bzw. sechs Spieler übrig, doch von der Spieler- und Strafbank kam Verstärkung. Weil die Teams dadurch nicht mehr die Mindestzahl von drei Feldspieler und einem Torhüter zur Verfügung hatten, brachen die Schiedsrichter die Partie ab nach 3:39 Minuten und (inoffiziell) 691 Strafminuten.

Heute, einen Tag nach dem Spiel, hat die KHL die beiden Mannschaften jeweils mit einer 0:5-Forfaitniederlage bestraft und droht Vityaz bei einem Wiederholungsfall mit dem Ausschluss aus der Liga. Die KHL hat gegen sieben Spieler (davon sechs von Vityaz) je eine Spielsperre ausgesprochen. Vityaz muss wegen dem Spielabbruch und der Rufschädigung für die Liga 136 000 Franken Busse zahlen, Avangard Omsk 34 000 Franken.

Damit wären nicht alle unglücklich. So äusserte sich der schwedische Ex-NLA-Spieler Andreas Johansson vom SKA St. Petersburg zur schwedischen Zeitung Aftonbladet: "Es ist eine Mannschaft mit Idioten. Wie ich gehört habe, haben die Spieler in der Kabine eine Todesliste mit Spielern, die sie sich vorknöpfen, auch ich war schon mal auf der Liste. Die sind total irre und wie ich es verstehe ist der Aufruf des Besitzers: geht raus und lasst es krachen."

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