SCB-Lüthi kritisiert Polizeimassnahmen

Dienstag, 17. November 2009, 10:36 - Martin Merk

Und doch noch meldet sich jemand aus der NLA zu Wort bezüglich des Repressionskatalogs gegen Eishockeyfans, das die kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren am Freitag vorschlugen und teilweise schon ab nächsten Herbst durchsetzen wollen. Marc Lüthi vom SC Bern geht dabei in die gleiche Richtung wie der am Samstag veröffentlichte Hintergrundbericht auf hockeyfans.ch und kritisiert den Vorschlag scharf, denn einige Massnahmen schaden eher den friedlichen Fans und den Clubs als den Chaoten.

Vor allem gegen die Ausweisung durch "Fancards", das Verbot von Stehplätzen und dem Zwang zu organisierten Fanreisen wettert der Geschäftsführer des SC Bern in einem Interview mit der "Berner Zeitung". "Deren Umsetzung bedeutete nichts weniger als den Tod des Profisportes. Zynisch gesagt wäre das natürlich schon eine Art, das Hooliganproblem aus der Welt zu schaffen. Aber: Es ist mit Kanonen auf Spatzen geschossen", sagt Lüthi.

Beim Zwang zu Fanreisen mit einem Kombiticket kritisiert er, dass zum Beispiel ein in Bern wohnhafter Langnau-Fan zu einem Derby in Bern zuerst nach Langnau reisen müsste, dort in einen Fancar oder Fanzug steigen müsste um ans Spiel zurück nach Bern zu gehen, wenn es nach dem Willen der Polizeidirektoren geht. Noch schlimmer wäre es beispielsweise für die in der ganzen Deutschschweiz verteilten Davos-Fans.

Er kritisiert, dass viele Massnahmen kaum etwas nützen würden. "Denn der grosse Teil der Hooligans hat schon jetzt ein Stadionverbot. Sie können weiterhin auf eigene Faust anreisen und weiterhin vor den Stadien ihr Unwesen treiben. Die friedlichen Fans werden sich hingegen zweimal überlegen, ob sie mit amtlich auferlegten Umwegen noch an die Spiele kommen", sagt Lüthi. Der SCB habe in den letzten zwölf Jahren nur zwei Vorfälle innerhalb der Halle gehabt, zu Problemen kommt es eher ausserhalb. Innerhalb dieser zwölf Jahre wurden die Sicherheitskosten von 50 000 auf eine Million Franken erhöht.

Durch ein Stehplatzverbot würde zudem die Kapazität von 17 000 auf 12 000 sinken und die Ticketpreise verteuert. "Das ist der untauglichste Vorschlag. Wenn diese Massnahme umgesetzt wird, wäre der SCB klinisch tot", so Lüthi, "wir haben seit 70 Jahren eine Stehplatzkultur, und diese Stehplatzkultur, die lebt. Die Stehplätze ermöglichen uns, dass wir moderate Ticketpreise anbieten können, sodass sich jedermann eines leisten kann. Das tun wir bewusst."

Die Vorschläge der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren sind zwar "nur" Empfehlungen an alle involvierte, sie werden jedoch von den Städten und Behörden bis hin zum Sportminister Ueli Maurer unterstützt. Im Eishockey blieb es von offizieller Seite her bislang ruhig, zumal man in die Diskussion weder eingebunden noch vorinformiert war, doch im Fussball stiess der Massnahmekatalog bei der Liga und den Grossclubs schon am Freitag auf Unverständnis.

Lüthi würde sich einen grösseren Einbezug der Clubs wünschen, was bislang nicht stattgefunden habe. "Nur schon der Name des Dossiers schiesst am Ziel vorbei: Es heisst Gewalt im Sport. Weder der Sport noch die Spieler haben aber ein Gewaltproblem, sondern ein paar Hooligans", sagt Lüthi und schlägt vor: "Man muss das Problem genau dort anpacken, wo es liegt: bei den wenigen gewaltbereiten Leuten. Nützen würde, wenn man sie schnell und wirksam sanktioniert, sodass es ihnen wehtut. Wenn ein Hooligan vor dem Stadion aufgegriffen wird, nimmt die Polizei im Normalfall Name und Adresse auf und lässt ihn in vielen Fällen wieder springen. Summa summarum lässt sich das Problem nur in einer Zusammenarbeit aller beteiligten Parteien lösen."