Playoff-Zeit!

9.3.2018 - Von Maurizio Urech und Roman Badertscher

Am Samstagabend beginnen auch in der National League die Playoffs – die ersten mit unbegrenzter Verlängerung und ohne Penaltyschiessen. Wo wird es knapp? Wer sind die Favoriten? Wir nehmen die vier Paarungen ins Visier.

SC Bern – Genf-Servette

Das letzte Qualifikationsspiel der Saison zwischen dem SC Bern und Genf-Servette endete nach einem nicht allzu ernst genommenen Penaltyschiessen zu Gunsten der Grenats. Dieser Gegner steht dem SC Bern auch ab diesem Samstag im Playoff Viertelfinal gegenüber.

Der SC Bern spielte diese Saison wie auch bereits die letztjährige unter dem finnischen Trainergespann Kari Jalonen und Ville Peltonen mit einer kurzen Baisse sehr souverän und holte sich zum zweiten Mal in Folge den Qualisieg. Dieses Mal lag der SC Bern mit elf Punkten Vorsprung auf den Zweitplatzierten EV Zug an der Spitze. Letzte Saison fiel die Bilanz nach 50 Spielen knapper aus, als nur fünf Punkte den Unterschied zwischen dem SCB und den ZSC Lions ausmachten. In dieser Spielzeit trat der SC Bern gleich sechs Mal gegen das Team von Craig Woodcroft an. Es resultierte dabei je drei Siege, aber alle mit nur einem Tor Unterschied. Man darf auf jeden Fall auch in den Playoffs enge und umkämpfte Spiele erwarten.

Der SCB verfügt über eine stark besetzte Mannschaft, die in den wichtigsten Momenten Spiele entscheiden kann. Die wichtigsten Leistungsträger sind nach der letzten Meistersaison in Bern geblieben. Dazu zählen unter anderem die Nationalspieler Leonardo Genoni, Ramon Untersander, Eric Blum, Thomas Rüfenacht, Simon Moser aber auch die Ausländer Mark Arcobello, Maxim Noreau und der neue MVP der Saison, Andrew Ebbett. Sie alle kennen den Weg zum Meistertitel. Dazu kam mit Gaëtan Haas ein läuferisch blitzschneller Stürmer in das Kader der Mutzen. Weiter besitzt der SCB die Möglichkeit, erstmals das zu schaffen, was zuletzt dem EHC Kloten 1995 gelang. Das Triple in der Meisterschaft resp. drei Meistertitel in Folge. Dem SC Bern fehlt dies als Palmarès in der mittlerweile 87-jährigen Clubgeschichte noch.

Genf-Servette hat in den letzten beiden Spielen gezeigt, dass er mit den Bernern läuferisch wie auch kämpferisch mithalten kann. Zuhause in der „Les Vernets“ verloren die Genfer unglücklich erst kurz vor Schluss wegen eines unhaltbaren Tores durch Simon Bodenmann. Im letzten Qualifikationsspiel konnte der Achtplatzierte lange Zeit mit den Bernern mithalten, zweimal einen Rückstand aufholen und innert kürzester Zeit in Führung gehen. Zudem versuchten einzelne Akteure mit körperbetontem und zum Teil aggressivem Provokationsspiel den SCB aus dem Konzept zu bringen. Mit der Erfahrung aus den letzten beiden Vorplayoffspielen kann Servette die nötige Energie tanken, um den SCB in Bedrängnis zu bringen. Jedoch werden die Genfer zwangsläufig etwas Aggressivität aus ihrem Spiel nehmen müssen, ansonsten könnte dies erneut eine oder mehrere Strafenfluten nach sich ziehen. Und dies wäre gegen das statistisch beste Powerplay-Team der Liga mit einer Ausnutzung der Überzahlsituationen von 22.8 % über die gesamten 50 Spiele gesehen eher gewagt.

Prognose: hockeyfans.ch geht von umkämpften und wie in der Qualifikation von sehr engen Partien aus. Von den Spielern des SC Bern wird erwartet, dass sie die Serie gewinnen. Die Genfer sind aber auch für Überraschungen gut und dürfen nicht unterschätzt werden. Wir gehen davon aus, dass sich schlussendlich die Klasse des SC Bern mit 4:2-Siegen durchsetzen wird. Lasst die Spiele beginnen!

EV Zug – ZSC Lions

Wenn der EHC Biel die positive Überraschung der Qualifikation war, dann sind die ZSC Lions zweifellos die negative Überraschung dieser 50 Spiele. Die Mannschaft, die aufgrund des Kaders mit dem SCB und dem EVZ um einen Platz in den Top-Drei hätte spielen müssen, war nie in der Lage diesen Status zu bestätigen und bezeichnend war auch dass man die drei letzten Partien nach der Olympia-Pause allesamt verlor. Hin und wieder liess man das Potential bei den Siegen gegen den SCB oder den HC Lugano durchblicken, doch dann fiel die Diva wieder ins alte Fahrwasser zurück und auch der Trainerwechsel von Hans Walsson zu Hans Kossmann brachte nicht die gewünschten Resultate.

Ganz anders die Innerschweizer. Zwar verlor man zwischen Ende Oktober und Anfangs November sieben Partien in Serie, doch man liess sich dadurch nicht aus dem Konzept bringen und spielte eine souveräne Qualifikation, die man auf dem zweiten Platz beendete.

Zum ersten Mal seit den frühen 90-er Jahren starten die ZSC Lions als Aussenseiter in die Playoffs. In den letzten zwei Jahren scheiterte man als grosser Favorit und schied gegen den SCB und den HC Lugano sang- und klanglos zweimal aus und diesmal spricht sehr wenig dafür, dass man dieses Jahr diese Tendenz ändern kann.

Wenn man sich nur schon die Statistiken der Ausländer nach 50 Spielen anschaut, ist zwischen den beiden Teams ein Unterschied wie Tag und Nacht. Bei den ZSC Lions war Fredrik Pettersson mit 26 Treffern der Alleinunterhalter, die anderen fünf ausländischen Stürmer Drew Shore (1), Lauri Korpiskoski (1), Linden Vey (2), Pascal Pelletier (2) und Mattias Sjögren (3) brachten es zusammen auf zehn Mickrige Tore genauso viele wie Verteidiger Kevin Klein.

Da sind die Imports der Innerschweizer von einem ganz anderen Kaliber. Viktor Stalberg (22), Carl Klingberg (18), David Mc Intyre (15), Garret Roe (12) und Oldie Josh Holden (2) schossen insgesamt 69 Tore. Und auch in der Breite sind die Innerschweizer besser aufgestellt mit sieben Spieler, die mehr als zehn Tore geschossen haben gegenüber den ZSC Lions mit nur fünf.

Und auch die Plus/Minus Bilanz einiger ZSC Spieler ist katastrophal etwaRoman Wick (-14), Ronald Kenins (-13), Drew Shore (-10) und Chris Baltisberger (-9). Auch auf der Goalieposition haben die Zuger mit Tobias Stephan gegenüber Lukas Flüeler einen Vorteil genauso wie man mit Raphael Diaz einen Blueliner hat der das Powerplay leiten kann, diese Rolle kann Patrick Geering in seiner ersten Saison als Captain noch nicht ausfüllen.

Prognose: Natürlich ist in den Playoffs immer alles möglich, aber per heute spricht wenig für die ZSC Lions und wir glauben daher, dass sich die Innerschweizer souverän in fünf Partien durchsetzen werden.

EHC Biel – HC Davos

Was für eine Duplizität der Ereignisse. Wie vor zwölf Monaten spielt der HCD im Viertelfinal gegen die Überraschungs-Mannschaft der Qualifikation. Letztes Jahr war es Lausanne dieses Jahr der EHC Biel. Man startet auf der Position des Aussenseiters was ja Coach Arno Del Curto immer sehr behagt.

Aber ein paar entscheidende Unterschiede zum letzten Jahr gibt es. Zuerst einmal der Gegner. Die Waadtländer liessen es letztes Jahr zum Ende der Qualifikation schleifen und verloren 10 von 11 Partien, der EHC Biel beendete eine starke Qualifikation mit einem Ausrufezeichen zwei Siegen gegen die ZSC Lions.

Und vor allem der Auftritt der Bündner während der Qualifikation war ein ganz anderer. Man hat zwar nur drei Punkte weniger (75 gegenüber 78) geholt, aber ein Blick auf die Tordifferenz spricht Bände. Letztes Jahr war diese positiv mit 152:135 dieses Jahr mit 134:156 negativ, man hat 18 Tore weniger geschossen dafür aber 21 mehr kassiert.

Der Coach der Seeländer, Antti Törmänen, hat genügend Erfahrung um sein Team auf die besondere Situation einzustellen. Der EHC Biel steigt zum ersten Mal als Favorit in eine Playoff-Serie und für drei Ex-Davoser wird diese Serie eine ganz spezielle. Goalie Jonas Hiller war einer der Hauptgründe für die starke Qualifikation der Seeländer genauso wie Verteidiger Beat Forster, der unter Törmänen aufgeblüht ist und zum Leader wurde. Auch für Stürmer Jan Neuenschwander braucht es keine spezielle Motivation im Hinblick auf diese Serie.

Arno Del Curto ist ja bekannt dafür dass er seine Mannschaft im Hinblick auf die Playoffs in Topform bringt, aber in dieser Saison spricht wenig dafür. Die Qualifikation des HCD war eine einzige Berg- und Talfahrt und vor allem defensiv hat mehr als ein Problem. Man hat mit Gilles Senn und Joren van Pottelberghe zwei gleichwertige Torhüter, aber keine klare Nummer eins und weder Magnus Nygren noch Félicien Du Bois sind Leader wie es auf der anderen Seite der in Davos geschasste Beat Forster ist.

Auch offensiv spricht einiges für die Seeländer. Während beim HCD nur gerade vier Spieler mehr als 10 Tore geschossen haben, sind dies beim EHC Biel zwei mehr und dass der HCD 18 Tore weniger als im Vorjahr geschossen hat kann kein Zufall sein.

Prognose: Auch wenn der HC Davos drei Duelle plus den Cup-Halbfinal gegen die Seeländer gewinnen konnte, sehen wir die Seeländer im Vorteil und wir glauben dass sich der EHC Biel in sechs Partien durchsetzen wird.

HC Lugano – Fribourg-Gottéron

Wie in kaum einer Serie können zwischen den Bianconeri und den Drachen die beiden Torhüter den entscheidenden Unterschied machen. Elvis Merzlikins hat schon letztes Jahr in der Serie gegen die ZSC Lions gezeigt, dass er sein Team zu Sieg führen kann, während bei Barry Brust nicht nur sein Stil sondern auch wie er zu Gottéron stiess sehr speziell ist.

Eigentlich hätte ja Reto Berra das Tor der Drachen hüten müssen, doch dann erhielt er ein Angebot der Organisation der Anaheim Ducks und nahm die Chance war, wieder nach Nordamerika zurückzukehren. Damit war Sportchef Christian Dubé enorm unter Druck, denn eine Saison mit dem Talent Ludovic Waeber zu bestreiten wäre sicher ein zu grosses Risiko gewesen und er entschied sich dafür einen ausländischen Torhüter zu verpflichten und mit dem Kanadier Barry Brust machte er einen Glücksgriff. Auch wegen seines unkonventionellen Stils wurde der massige Torhüter schnell zu einem der Publikumslieblinge und hatte grossen Anteil an der Playoff-Qualifikation Gottérons.

Doch Gottéron wäre nicht Gottéron, wenn man nicht eine Qualifikation mit Höhen und Tiefen erlebt hätte. Nach zehn Spielen grüsste der Drache von der Leaderposition, nach 31 Spielen und einer 2:8-Schlappe gegen Lugano war man auf Platz sieben abgerutscht mit nur einem Punkt Vorsprung auf den 9. Platz. Doch dann gelang es Coach Mark French sein Schiff ab Januar wieder auf Kurs zu bringen und dank einem starken Endspurt qualifizierte man sich souverän für die Playoffs, dies trotz des längerfristigen Ausfalls von Julien Sprunger, der in den Playoffs zu einem wichtigen Faktor werden könnte.

Die Mannschaft von Greg Ireland bestritt endlich eine Qualifikation ohne Nebengeräusche – die Trainerdiskussionen fanden bei anderen Teams statt. Bis Anfangs Dezember stand man auf Platz zwei hinter dem souveränen Leader Bern bevor man sich zu sehr auf den Lorbeeren ausruhte, ohne die nötige Intensität spielte und auf Rang vier abrutschte. Dank den sieben Punkten aus den letzten drei Partien sicherte man sich am Schluss das Heimrecht.

Dass Gottéron eine starke offensive angeführt vom Topscorer Roman Cervenka hat ist keine Neuheit, unter Mark French ist man auch in der Defensive stabiler geworden, denn letzte Saison glich die Abwehr zeitweise einem Hühnerhaufen. Ausser Yannick Rathgeb kann French auf sein komplettes Kader zählen und Gottéron ist eine Stimmungsmannschaft und wenn der Start in die Serie gelingt könnte die Euphorie den Drachen bis ins Halbfinale bringen.

Lugano verlor in der 49. Runde mit Alessandro Chiesa, Damien Brunner und Dario Bürgler gleich drei wichtige Leistungsträger, die eins zu eins nicht zu ersetzen sind. Dazu ist fraglich, wann Routinier Julien Vauclair wieder fit sein wird. Eine schwierige Ausgangslage für die Mannschaft von Greg Ireland. Trotz den gewichten Ausfällen führt gegen Fribourg der Erfolg nur über eine stabile Defensive, weil das offensive Potential arg geschwächt ist.

Prognose: Trotz dem Verletzungspech glauben wir, dass sich die Bianconeri am Schluss in sechs Partien durchsetzen werden.

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Viertelfinale

Eine der Knaller-Duelle im Viertelfinale. Der EV Zug war den ZSC Lions bislang einen Schritt voraus. Auch in den Playoffs? Foto: Vedi Galijas