Das jährliche Duell mit den Dänen

25.12.2016 - Von Pascal Zingg

Mit dem letzten Testspiel gegen Titelfavorit Kanada sind bei der Schweizer U20-Nationalmannschaft die letzten Fragezeichen aufgedeckt worden. Denis Malgin kommt nicht nach Montréal und Tobias Geisser muss zusammen mit Philipp Kurashev die Heimreise antreten. Grund genug um das Kader genauer unter die Lupe zu nehmen und sich zu fragen: Was liegt drin für die Schweizer U20?

Dass der 97er-Jahrgang nicht eben ein schlechter Jahrgang ist, hat er bereits an der U18-WM vor zwei Jahren in Zug bewiesen. Damals konnte man das Turnier auf dem vierten Platz beenden. Nach einem überraschenden 5:0-Sieg im Viertelfinale gegen Russland folgte eine denkbar knappe 4:5-OT-Niederlage gegen die Finnen. Die Schweizer bewiesen damals, dass man mit den Grossen mithalten kann. Um sich in der Finalrunde zu profilieren, müssen die Eisgenossen jedoch erst einmal die Vorrunde überstehen. Dazu müssen am 30. Dezember die Dänen geschlagen werden. Ein Unterfangen, dass man in den letzten beiden Jahren verpasste.

Ein neuer Anlauf mit neuem Trainer

Nachdem der enttäuschenden WM 2015/16 in Helsinki hat man beim Verband den Vertrag von Trainer John Fust nicht verlängert. Sein Nachfolger wurde Christian Wohlwend, der interessanterweise in Montréal geboren wurde. Da Wohlwend in seiner bisherigen Trainerkarriere vor allem in der 1. Liga und im Junioren-Bereich tätig war, ist nicht viel über ihn bekannt. Einzig letzte Saison trat er kurzzeitig als Interims-Trainer des HC Lugano auf die grosse Bühne der NLA. Gerade seine Erfahrung im Junioren-Bereich (er arbeitet in der fünften Saison beim Verband), qualifiziert ihn jedoch für dieses Amt. Unterstützt wird Wohlwend von Corsin Camichel und Tommy Albelin. Letzterer ist ein ausgewiesener Fachmann für die Defensive und bringt die nötige Erfahrung in den jungen Trainer-Staff.

Auch ohne Malgin gefährlich

Vom U18-Team, das in Zug auf Platz vier landete, sind zwei Jahre später noch zwölf Spieler dabei. Der grosse Abwesende ist Denis Malgin. Der Stürmer erhielt keine Freigabe von den Florida Panthers und kann die Schweizer U20 in Montréal deshalb nicht verstärken. Auch ohne den Oltner mit russischen Wurzeln hat das Team jedoch offensives Potential. Allen voran ist hierbei Nico Hischier zu nennen. Der Walliser gilt als eines der grössten Talente im Schweizer Eishockey. In Scorerliste der QMJHL ist er der Rookie mit den meisten Punkten. Auch in den beiden Vorbereitungsspielen war Hischier mit zwei Toren und zwei Assists der produktivste Schweizer. Neben Hischier werden Dominic Diem von den GCK Lions und Loic In-Albon auflaufen. Während Hischier letztes Jahr schon dabei war, ist es für seine Linienpartner die erste U20-WM. Neben der Linie um Hischier darf man auch einiges von der Topreihe um Calvin Thürkauf erwarten. Der gebürtige Zuger, spielt bei den Kelowna Rockets in der WHL, wo er vor der Abreise ins Trainingslager noch zum Spieler der Woche gewählt wurde. Ergänzt wird die Linie durch Damien Riat und Nathan Marchon. Während sich Riat bereits einen Platz bei Servette-Genf sichern konnte, pendelt Marchon, derzeit noch zwischen Fribourg und Ajoie. Hinter den beiden Topreihen werden die Junglöwen Prassl und Miranda zusammen mit Nando Eggenberger vom HCD, sowie der Academy-Sturm um Zehnder, Haberstich und Haussener versuchen das Tempo hoch zu halten. Jerome Portmann wird wohl die Rolle des 13. Stürmers zufallen.

Siegenthaler als Leader in der Defensive

Relativ klar verteilt sind die Rollen in der Verteidigung. Jonas Siegenthaler ist der Chef in der Abwehr. Der Draft-Pick der Washington Capitals steht bereits in seiner dritten Saison bei den ZSC Lions und gilt als stabiler Verteidiger, der kein unnötiges Risiko eingeht. Neben Siegenthaler wird Roger Karrer auflaufen. Der Verteidiger aus Wallisellen kämpft in der Meisterschaft noch um einen Platz in der Verteidigung der ZSC Lions. Dass ihm dies bisher noch nicht gelungen ist, liegt unter anderem daran, dass die Zürcher hinten sehr gut besetzt sind. Ebenfalls gespannt sein darf man auf Livio Stadler. Der Zuger spielt seit dieser Saison bei den Junioren des schwedischen Clubs Lulea HF, wo er auch zu zwei Einsätzen in der ersten Mannschaft kam. Das wahrscheinlich grösste Talent in der Verteidigung dürfte jedoch Nico Gross sein. Der Bündner ist mit seinen 16 Jahren der zweitjüngste an diesem Turnier. In der heimischen Liga spielt er bei der EVZ Academy, wo er von Björn Kinding sehr viel Eiszeit und Verantwortung kriegt. Gross wird an dieser WM erstmals Erfahrung an einer U20-WM sammeln, ehe er sich beim nächsten Turnier für den 2018er-Draft empfehlen wird. Vervollständigt wird die Verteidigung durch Serge Weber (Kloten), Yanik Burren (Bern/Visp) und Colin Gerber (Bern).

Wie gut ist der Torwart?

Eine Schlüsselposition wird auch in diesem Turnier dem Torwart zufallen. An den letzten beiden Turnieren waren die Torhüter jeweils nicht von jeglicher Kritik frei zu sprechen, was prompt dazu führte, dass die Schweiz in der Abstiegsrunde landete. Als Nummer eins wird in diesem Jahr Joren van Pottelberghe auflaufen. Der gebürtige Zuger mit belgischen Wurzeln stand bereits im letzten Jahr zwischen den Pfosten. Damals wechselten sich Licht und Schatten ab. So spielte er gegen Kanada eine hervorragende Partie, wurde am Tag darauf gegen die USA aber förmlich abgeschossen. Auch im entscheidenden Spiel gegen Dänemark war er an einem Tor mitschuldig. Nun ist jedoch ein Jahr vergangen und bei van Pottelberghe hat sich einiges verändert. So wurde im Sommer von den Junioren des HC Linköping nach Davos transferiert, wo er sich zusammen mit Gilles Senn abwechselt. Natürlich ist uns allen bekannt, dass HCD-Torwarttrainer Marcel Kull bereits einige Torhüter ans Spitzenniveau herangeführt hat. Doch wie weit ist Kull bei van Pottelberghe? Es kursieren Gerüchte, dass Arno del Curto den jungen Schlussmann für das Ausscheiden aus der Champions Hockey League verantwortlich gemacht hat. In den Testspielen gegen die USA und Kanada fiel ausserdem auf, dass van Pottelberghe viel abprallen liess. Es stellt sich die Frage, ob sich die Verteidigung auf diese Abpraller einstellen kann. Als Backups stehen Christian Wohlwend mit Matteo Ritz (LHC) und Philip Wüthrich (SCB) die beiden Torhüter letzten U18-WM zur Verfügung.

Was liegt drin?

Wie eingangs erwähnt darf man durchaus gespannt sein, was die junge Schweizer Truppe in Montréal erreichen kann. Fast wie bei Shakespeare, werden auch bei den Schweizern die Dänen über „sein oder nicht sein“ entscheiden. Das Spiel am 30. Dezember wird wohl darüber entscheiden, welches der beiden Teams in die Finalrunde darf und welches in die Abstiegsrunde muss. Für die Schweizer ist dies gleichbedeutend mit der Frage, ob die WM ein Erfolg wird oder nicht. Bei den Dänen sind derweil elf Spieler dabei, die die Schweiz bereits letztes Jahr in Helsinki bezwingen konnten. Unter ihnen mit Mathias From und Alexander True auch die beiden besten dänischen Spieler der letzten WM. Es ist zu erwarten, dass das Spiel wie in den letzten beiden Jahren eine sehr enge Angelegenheit werden wird. Neben den Dänen dürfen sich die Schweizer aber auch gegen Finnland und Tschechien Chancen ausrechnen. Gegen Erstere konnte man im Sommer in einem Vorbereitungsspiel gar mit 4:0 gewinnen. Auch die Finnen werden ohne ihre Wunderkinder Patrick Laine und Jesse Puljujärvi (sind beide in der NHL beschäftigt) nicht mehr so unwiderstehlich sein, wie noch in Helsinki. Wenig Chancen messen wir den Eisgenossen derweil im Duell gegen die Schweden zu. Ähnliches gilt für ein allfälliges Viertelfinale, in welchem einer aus dem Trio Kanada, USA, Russland warten würde. Scheitern die Schweizer im Duell mit den Dänen, blüht ihnen erneut ein heisser Fight in der Relegation. Gegner dort würde wohl Lettland oder die Slowakei sein.

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Schweiz-Dänemark

Die Partie gegen Dänemark wird auch dieses Jahr ein Schicksalsspiel sein. Wird die Schweiz diesmal mehr Tore erzielen als ihr Gegner? Foto: Andreas Robanser