Richard: NHL ist das höchste Ziel

19.6.2012 - Von Pascal Zingg

Am 22. Und 23. Juni findet in Pittsburgh der NHL Entry Draft 2012 statt. Aus Schweizer Sicht hat Tanner Richard die besten Chancen von einem Team gezogen zu werden. hockeyfans.ch sprach kurz vor der wichtigen Entscheidung mit Stürmer über seine Saison in der OHL und die Chancen am diesjährigen Draft.

Wie bist du mit deiner Saison zufrieden?
Ich bin mit meiner Saison zu frieden. Wir hatten ein sehr junges Team in Guelph, deshalb haben alle erwartet, dass wir Letzte werden. Wir haben jedoch eine kämpferische Leistung gezeigt, was uns die Playoffquali einbrachte. Auch persönlich bin ich mit meiner Saison zu frieden. Leider habe ich im Januar 25 Spiele auf Grund einer Hirnerschütterung verpasst.

Wie sah dein Alltag neben dem Eishockey aus?
Wie alle OHL-Spieler habe ich in einer Gastfamilie gelebt. Die Teams möchten, dass du dich voll auf deine Aufgabe konzentrieren kannst. Die Gastfamilie schaut derweil für Kost und Logis und erledigt Hausarbeiten, wie das waschen von Kleidern, für dich. Persönlich lebte ich in einer Familie mit drei Kindern, die nur sieben Minuten von der Eishalle entfernt wohnte. Neben dem Eishockey müssen alle Spieler zwei Fächer an der University of Guelph besuchen. Ich war hier jedoch die Ausnahme von der Regel. Da ich in der Schweiz zur Schule gegangen bin, musste ich erst mein Zeugnis übersetzen lassen, dies dauerte leider etwas zu lange, weshalb ich mich nicht mehr an der Uni einschreiben konnte. Als Kontrastprogramm habe ich mir dann Italienisch mit Lern-CDs beigebracht.

Wenn du mit der Schweiz vergleichst, wo würdest du die OHL etwa einordnen?
Die OHL muss sich in Sachen Intensität und Aggressivität nicht vor der NLA verstecken. Vor allem die Aggressivität ist viel höher in der Schweiz. In der OHL wird jeder Check fertig gemacht, das ist in der NLA ganz anders, dort versuchen viele Spieler den Checks auszuweichen. Die Vorteile der NLA liegen derweil in der Erfahrung der Spieler. Die Spieler sind älter, das macht sie routiernierter, ausserdem haben sie ihr Spiel auf ein höheres Perfektionslevel gebracht. Zusammengefasst kann man sagen: Währenddem in der OHL vor allem auf den Körper gespielt wird, wird in der NLA viel mehr mit Köpfchen gespielt. Ein wichtiger Unterschied ist ausserdem, dass in der OHL bei jedem Spiel 20 bis 30 Scouts anwesend sind. In den Playoffs waren es zum Teil sogar über 100. Was in den Schweizer Junioren Ligen passiert, beachten die Scouts in meinen Augen viel zu wenig. Denn es hätte auch hier Spieler, die es in die NHL schaffen könnten.

Wie nimmt man die Scouts als Spieler wahr?
Nun ja, du weisst, dass sie in jedem Spiel präsent sind, trotzdem geht es immer noch ums Team. Ich glaube, wenn es dem Team läuft, dann stimmen die individuellen Leistungen automatisch. Nach den Spielen kommt es auch öfters vor, dass Scouts in die Garderobe kommen. Der Coach kommt dann zu dir und weist, dich darauf hin, dass ein Scout mit dir reden möchte. Diese Gespräche dienen als Vorgespräche für den Draft. Wobei die wichtigen Gespräche erst kurz vor dem Draft stattfinden.

Du sprichst den Draft an, Central Scouting führt dich in der Liste der nordamerikanischen Spieler auf Position 41. Wie beurteilst du selber deine Draftchancen?
Ich war überrascht, als ich das letzte Rating gesehen habe. Nach meiner Hirnerschütterung war ich in der Rangliste zwischenzeitlich auf Platz 60 abgerutscht. Dass ich dann nach dem Aus in den Playoffs noch auf Platz 41 vorstossen konnte, freut mich natürlich. Wenn man davon ausgeht, dass die Liste noch mit sieben bis acht Europäer aufgefüllt wird, müsste es eigentlich für die zweite Runde reichen. Dies ist aber reine Theorie. Ich habe zwar mit acht Teams intensivere Gespräche geführt, aber es kann natürlich auch dumm laufen und an deiner Position wird gerade ein anderer Spielertyp gefragt, so kannst du locker einige Plätze nach hinten rutschen.

Hast du einen Favoriten für den Draft?
In meinen Augen muss die NHL das höchste Ziel eines jeden Eishockeyspielers sein. Für mich geht daher bei jedem Team ein Traum in Erfüllung. Ich muss allerdings auch gestehen, dass Tampa Bay mit GM Steve Yzerman mein Lieblingsteam ist.

Angenommen du wirst gedraftet, wie geht es dann weiter?
Der Draft an sich ist ein weiterer Schritt auf meinem Weg in die NHL. Gewonnen ist damit aber gar nichts. Die Draftposition ist nur eine Nummer. Wichtig wird es sein, dass ich im NHL-Camp vor der Saison seine Leistung zu bringen.

Wie die jüngsten Beispiele von Nino Niederreiter oder Sven Bärtschi zeigen, ist es allerdings schwierig noch im Draftjahr NHL zu spielen.
Das ist richtig. Für mich ist daher noch völlig offen, wo ich nächste Saison spiele. Ich kann mir sowohl ein weiteres Jahr in der OHL als auch ein Engagement bei den Lakers gut vorstellen. Falls ich gedraftet werde, hat hier sicher auch die NHL-Organisation ein gewichtiges Wort mitzureden.

Du sprichst die Lakers an. Wie ist dein Verhältnis zu deinem Stammclub?
Noch immer sehr gut. Mit dem Vorvertrag über fünf Jahre haben wir eine Lösung gefunden, die für beide Parteien stimmt. Ich werde auch diesen Sommer mit Harry und Roger Sigg zusammensitzen. Ausserdem werde ich in Rappi das Sommertraining bestreiten.

Den Lakers lief es diese Saison bekanntlich nicht so gut, hast drüben etwas davon mitbekommen?
Ich habe mich drüben immer informiert was in der Schweiz läuft. Durch die Zeitverschiebung, waren die Spiele jeweils am Nachmittag, so konnte ich sie gut im Ticker verfolgen. Auch die News auf hockeyfans.ch habe ich regelmässig konsultiert.

Ob und an welcher Position Richard gedraftet wird, wird sich spätestens am 23. Juni zeigen. hockeyfans.ch bleibt selbstverständlich am Puck und wird euch darüber informieren, an welcher Postion Richard und die anderen Schweizer gezogen wurden.

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Tanner Richard

Tanner Richard könnte dieses Jahr als erster Schweizer Junior von einem NHL-Team gewählt werden. Fotos: Christoph Perren