Niederreiter auf dem Weg nach oben

27.4.2012 - Von Martin Merk

Nach einer vollen NHL-Saison mit limitierter Eiszeit kann Nino Niederreiter an der kommenden WM in einem "NHL-Block" im Schweizer Team sein Können unter Beweis stellen. Ein wichtiger Schritt in die Entwicklung des 19-Jährigen und eine willkommene Verstärkung in der Offensive des Nationalteams. Wir sprachen mit dem jungen Churer von den New York Islanders.

"Es ist grossartig, dass er hier ist", sagt der Schweizer Nationaltrainer Sean Simpson über Niederreiter. "Wir diskutierten und sagten uns, lass es uns ein positives Ende der Saison werden an der WM, die er dann in die neue Saison mitnehmen kann. Es ist eine gute Chance für ihn, neue Erfahrungen und Spielpraxis zu sammeln. Er ist motiviert und voller Selbstvertrauen. Seine Motivation und sein Talent sind eine gefährliche Kombination. Ich glaube die Fans werden sehr glücklich über ihn sein."

Nach zwei Jahren im kanadischen Juniorenhockey - letzte Saison wurde er nach neun Spielen von den Islanders hinunter geschickt - hat Niederreiter seine erste volle NHL-Saison hinter sich. In den 55 Spielen erhielt er meist jedoch nur limitiert Eiszeit. Fans und Kenner der Islanders-Szene betrachteten es als fragwürdig, dass ihr Nummer-5-Draft von 2010 nicht besser gefördert wurde, insbesondere gegen Ende der Saison, als das Verpassen der Playoffs längst feststand. Doch Niederreiter biss sich durch und hofft, an der WM in Helsinki einen Sprung nach vorne zu machen.

Wie fühlst du dich nach etwas mehr als eine Woche im Camp?
Es ist super. Ich hatte super Spiele in Schweden, wir gewannen zweimal, sonst verloren wir immer gegen sie. Auch mir persönlich lief es gut.

Wie war deine erste volle NHL-Saison für dich?
Einerseits darf ich zufrieden sein, und andererseits war sie enttäuschend. Ich war gleich am Anfang zweimal verletzt, war sechs Wochen out am Anfang, was natürlich die dümmste Zeit ist, denn alle kommen dann langsam rein. Es war immer ein Riesenkampf in der Aufstellung zu bleiben und dann war ich auch noch zwei Wochen out mit einer Gehirnerschütterung. Ich war immer am kämpfen. Aber letztendlich bin ich froh, dass ich die ganze Saison in der NHL spielen konnte.

In der vierten Linie zu spielen war wahrscheinlich auch eine Schwierigkeit. Die entsprach wohl eher nicht deinem Spielertyp.
Natürlich, aber ich konnte in der vierten Linie so viel lernen. Ich war extrem froh, dass ich nicht in die Juniorenliga hinuntergeschickt wurde. Die Linie war eher defensiv, aber ich habe versucht, das Beste daraus zu machen.

Was hast du am meisten gelernt in dieser Saison?
Ich denke Zweikämpfe, das Spiel an der Bande, da habe ich am meisten gelernt. Es war aber auch eine mentale Sache immer positiv zu bleiben und nicht frustriert zu werden. Es war nicht immer einfach, aber ich habe das Bestmögliche gemacht, um eine Saison oben zu bleiben.

Ihr hattet ja auch eine kleine deutschsprachige Kolonie mit dir, Mark Streit und auch Michael Grabner.
Es war sehr lässig, dass Mark auch da war. Ich habe zuerst zwei Wochen bei ihm gewohnt, danach hatte ich eine eigene Wohnung. Wir gingen immer wieder mal zusammen essen und hatten es sehr gut.

Dann bist du sicher auch froh, dass er ebenfalls an die WM kommt.
Es ist sicher lässig. Es wäre so eine lange Sommerpause gewesen von April bis Oktober. Von dem her ist es super für ihn, dass er auch gekommen ist und es ist super für das Team.

Andere NHL-Spieler sagen, sie brauchen jetzt Erhohlung. Du sagst, du möchtest keine lange Sommerpause. Du musst noch viel Energie haben.
Einerseits viel Energie, andererseits ist es immer speziell, für seine Nation zu spielen. Ich bin extrem froh und stolz, in diesem Team zu sein.

Du hattest ja bei der WM 2010 bereits Erfahrung. Nun bist du zwei Jahre weiter.
Ich konnte auch da extrem viel lernen. Nun bin ich wieder hier, habe aber andere Ziele an mich selbst. Ich bin gespannt, wie es wird.

Jetzt wirst du mehr Verantwortung haben als vor zwei Jahren, oder zuletzt bei den Islanders.
Ich konnte viel lernen und bin jetzt auch etwas älter als damals, konnte Erfahrungen sammeln. Ich denke schon, dass wir etwas gut machen können. Es ist auch gut für mich, mehr Eiszeit im Spiel zu erhalten.

Wie lief es im Trainingslager mit deiner Linie mit Ambühl und Wick?
Es lief super. Wir haben uns gut verstanden auf dem Eis. Wir hatten es immer lustig. Auch mit Sbisa und Streit in der Abwehr werden wir sicher einen guten Block haben.

Was hast du für Erwartungen für die WM?
Ich denke das Viertelfinale ist sicher ein grosses Ziel, das wir anstreben müssen. Wir wissen, dass wir sicher einen grossen Gegner schlagen müssen, vielleicht sogar zwei. Es ist sicher ein schwieriges Ziel, aber es ist sicher möglich, es zu erreichen, wenn wir alle am gleichen Strick ziehen. Wenn du ins Viertelfinale kommst, ist alles möglich, wenn du da einen Grossen schlägst. Ein Traum wäre, eine Medaille zu gewinnen. Letztendlich gehen alle Nationen an die WM um Weltmeister zu werden und es wäre falsch, mit einer anderen Einstellung da hinzugehen.

Für deine eigene Entwicklung wird die WM sicher auch bedeutend sein.
Auf jeden Fall. Je mehr Zeit du auf dem Eis hast, desto mehr kannst du lernen. Es ist sicher eine gute Erfahrung, an einer WM dabei zu sein. Ich möchte ja auch eines Tages an der Olympiade spielen in Sotschi, da hilft es schon, wenn man ab und zu eine WM spielen kann.

Glaubst du es wird klappen, dass die NHL für Sotschi 2014 eine Pause einlegt?
Ich denke schon. Es ist das grösste Turnier mit den besten Spielern. Eine Olympiade ist schon etwas Spezielles für jede Sportart. Es wäre schade, wenn es nicht klappen würde, aber ich denke es wird schon klappen.

Mit Luca Sbisa ist auch ein NHL-Spieler eines anderen Teams hier. Wie verhält es sich so mit den anderen Schweizern in der NHL. Habt ihr da Kontakt?
Wir haben schon ab und zu Kontakt. Es ist immer lustig, wenn man gegeneinander spielt und dann mal zusammen essen geht. Ich hoffe, noch mehr gegen ihn zu spielen und zu gewinnen.

Wie siehst du es für nächste Saison bei den Islanders? Was denkst du wird für dich möglich sein?
Persönlich weiss ich, dass ich im Sommer richtig arbeiten muss für meine Zukunft. Ein Ziel ist sicher, dass ich dort spielen kann und nicht in die AHL runter geschickt werde. Aber zuerst spiele ich mal hier und dann schauen wir weiter. Dann schauen wir, was im Sommer geschieht. Es gibt ja auch neue Assistenztrainer, da weiss man nie, was geschieht. Man muss einfach bereit sein, wenn das Trainingslager beginnt.

Hast du schon mal in Finnland gespielt?
Ich war mal als Junior in Vierumäki an einem IIHF-Turnier. Da durften von meinem Jahrgang die drei besten ihres Jahrganges gehen. Da waren Spieler aus allen Ländern, auch solche wie Japan oder die Türkei. Das war lässig.

Was machst du, wenn es nächste Saison ein Lockout gibt?
Darüber habe ich gar nicht nachgedacht. Ich hoffe, dass es keinen gibt. Das müssten dann auch die Islanders entscheiden, vielleicht könnte ich in der AHL spielen. Je nach dem, was sie möchten. Ich persönlich glaube nicht, dass es einen Lockout gibt, aber man weiss nie.

Verfolgst du das Schweizer Eishockey in den USA?
Ja absolut. Ich verfolge auch den EHC Chur. Die sind zwar in der 1. Liga, aber ich verfolge sie weiter, ich bin da aufgewachsen. In den Playoffs tippten wir auch Resultate, aber Mark Streit hat besser getippt.

Die Schweiz war ja bislang nicht bekannt dafür, Weltklasse-Stürmer zu produzieren. Nun bist du in der NHL, Sven Bärtschi hatte gute Spiele, Damien Brunner wurde Topscorer in der NLA. Hat sich etwas geändert im Schweizer Eishockey?
Es ist schwierig zu sagen. Das Schweizer Eishockey ist einfach besser geworden. Die Sportart wurde grösser in der Schweiz. Mehr und mehr Spieler versuchen den Sprung zu wagen. Spieler wie Sbisa oder Wick versuchten es über die Juniorenligen, andere wie Brunner oder Josi über die Schweizer Liga. Einen richtigen oder falschen Weg gibt es nicht. Zuvor hatten es Schweizer wie Riesen oder von Arx nicht geschafft, sich durchzusetzen. Da war es mein Traum es zu schaffen und ich bin auf dem Weg, aber ich muss weiter hart an mir arbeiten.

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El Nino

Nino Niederreiter war 2010/11 Captain der Schweizer U20-Nationalmannschaft. Foto: Christian Häusler

Nino Niederreiter jubelt nach einem Treffer für die New York Islanders. Foto: Chuck Myers/MCT via Getty Images