«Vielleicht wird mir mein Kind die Sprache beibringen.»

22.6.2023 - Von Roman Badertscher

Der neue SCB-Trainer Jussi Tapola ist in Bern angekommen und stand zusammen mit dem Sportchef Andrew Ebbett vor den Medien.

Andrew Ebbett startete die Medienkonferenz mit folgenden Worten: «Wir sind glücklich, Jussi hier zu haben. Wir haben eine gute Beziehung zueinander, sehen beide das Spiel ähnlich. Wir sind glücklich, können wir mit Jussi in das neue Kapitel in Bern starten.»

Jussi Tapola freute sich, die Medienschaffenden zu sehen und sagte mit einem Schmunzeln im Gesicht: «Ich hoffe es kommen nur gute Fragen.» Bevor die Fragerunde begann, knüpfte Tapola an seinen Vorredner an: «Ich hoffe, dass wir nächste Saison Erfolg haben werden. Bern ist eine sehr schöne Stadt, sehr familiär. Aktuell befinde ich mich mit den Spielern in Einzelgesprächen. Es sind für mich volle Tage. Ich frage die Spieler zu ihrer Karriere, wie sie das Team und ihr eigenes Spiel sehen. Es sind alles neue Gesichter für mich und es gibt einiges zu lernen. Für mich ist es auch ein Kennenlernen des neuen Trainerstabs mit zwei Schweden. Normalerweise sind die Finnen und die Schweden gegeneinander, hier aber arbeiten wir zusammen. Ich bin glücklich, sie hier zu haben und sie werden mir eine gute Hilfe sein. Sie kennen die Spieler, die Liga und die Leute hier. So sind sie eine gute Hilfe für mich so wie auch Ebby (Andrew Ebbett).»

Du bringst Erfolg aus Tampere mit. Wie ist dein Ansatz Erfolg auch nach Bern zu bringen?

«Zuerst lernen wir uns untereinander kennen, als Person und als Spieler. Wir wollen, dass die Spieler wissen, was wir wollen. Im Juli und August, wenn wir aufs Eis gehen, werden wir jeden näher kennenlernen. Wir brauchen einen guten Teamspirit, müssen unsere DNA kreieren, uns mental vorbereiten und eine Denkweise aufbauen, so dass jeder in der Garderobe weiss, wofür er da ist. Bezüglich dem System müssen wir jeden Tag hart arbeiten, um uns stetig zu steigern. Dass wir am Ende Top sein können, müssen wir jeden Tag alles dafür tun. Dann beginnen wir mit den Spielen und uns ans System zu gewöhnen. Zur selben Zeit müssen wir auch kreativ sein. Ich denke, es ist nicht nur eine Sache, die Erfolg bringt. Alles ist ein Prozess.»

Ist es dein Credo zu sagen, jeden Tag besser zu werden und niemals stillzustehen? «Ja und das ist hart für die Spieler, wenn du bspw. 5:1 gewinnst und der Coach dir sagt, dass das nicht genug ist. Am Anfang ist es sicher eine Umstellung. Wir wollen uns im Spiel weiterentwickeln, wie wir spielen. Dies ist eine Sache. Die Fans wollen uns auf unserem besten Level sehen. Wollen hart spielen, die Checks beenden. Das ist auch ein Teil von Erfolg. Nicht nur das taktische Spiel zu spielen, sondern auch wie man Tore schiesst und gegen den Gegner physisch aufs Eis geht.»

Was war für dich der Grund, nach Bern zu kommen?

«Ich will in einer Organisation sein, die gute Möglichkeiten hat, zu gewinnen. Ich denke Bern ist eine gute Chance, um wieder Erfolg zu haben. In der National League aber auch in der Champions Hockey League. Beides funktioniert für mich. Ich denke, die Organisation denkt denselben Weg wie ich. Das Sportmanagement, die Coaches, die Spieler. Der einzige Weg zum Erfolg ist die harte Arbeit. Das habe ich zusammen mit Ebby bereits besprochen als wir uns das erste Mal unterhielten. Bern überzeugte mich und ich hoffe, dass ich den Erfolg auch hierher bringen kann.»

Du bist der siebte Headcoach seit 2020. Wie hast du darüber gedacht, als du mit Bern unterschrieben hast?

«Ich schaue die Geschichte nicht so sehr an. Bern hat auch viele Meistertitel. Es ist ein Winning-Business. Wenn wir als Coach unterschreiben, wissen wir, dass wir Siege bringen müssen. Was die Organisation zuvor entschieden hat, kümmert mich nicht. Jetzt ist es eine neue Saison. Wir drücken den Reset-Knopf. Es gibt gute aber auch harte Zeiten. Das spielt für uns aber keine Rolle. Wir starten zusammen neu. Das ist wichtig. Holst du Siege, kannst du den Job behalten.»

Du bist der neunte finnische Coach in der SCB-Geschichte. Was bedeutet das für dich?

«Es ist eine grossartige Ehre zu sehen, wer hier vor mir gecoacht hat. Ich hoffe, dass diese Namen auch grosse Namen für die Fans waren. Es waren somit einige finnische Coaches von daher denke ich, dass die Finnen im Eishockey einiges gut machen. Mit einigen sprach ich auch über Bern und die Atmosphäre in der Arena.»

Der SC Bern hat viele junge Spieler im Kader. Wie gehst du mit ihnen und denjenigen um, die den Sprung in die erste Mannschaft noch vor sich haben?

«Für mich spielt es keine Rolle, ob ein Spieler jung, mittleren Alters oder älter ist. Die Performance auf dem Eis ist das Wichtigste. Die Spieler müssen sich zeigen. Wenn sie das auf dem Eis tun, werden sie spielen und eine Rolle erhalten. In finnischen Teams bspw. braucht es junge Spieler, die den nächsten Schritt machen in die dritte und zweite Linie. In der National League besteht der Kern aus den Schweizer Spielern, mit Erfahrenen und Jüngeren. Zur selben Zeit wenn wir Erfolg benötigen, müssen wir die nächste Spielergeneration entwickeln. Das ist die Balance, die wir mit den erfahrenen und schnellen jungen Spielern finden müssen.»

Was hat dich motiviert, Tampere nach so vielen erfolgreichen Jahren zu verlassen?

«Dass es eine neue und gute Herausforderung für mich ist. Zudem ist es gut, wenn die Spieler nach drei Jahren ein anderes Gesicht sehen. Nochmals: Gewinnen ist nicht einfach. Nie. In keiner Liga. Es ist auch hart für die Spieler. Jeden Tag hörst du vom selben Trainer, dass es noch besser gehen kann. Ich hoffe, dass sie dieselbe Energie entwickeln werden wie ich.»

Du hast mit Tappara gegen Biel, Zug und Davos gespielt. Was denkst du über das Level und die Qualität der Schweizer Liga?

«In den nächsten drei Jahren werden die Schweizer Spieler einen weiteren Schritt in Richtung Top of Europe machen. In der CHL als Beispiel wird die Schweiz in den nächsten drei Jahren Top sein. Mit den sechs Top Import-Spielern ist es die beste Liga in Europa. Was wir in Bern machen müssen ist mit vier Linien zu spielen, so dass jeder Spieler seine Rolle und Verantwortung hat. Sie müssen verstehen, dass sie auch wichtig sind. Wir lassen nicht nur mit zwei oder drei Linien spielen, sondern mit vier. Damit kannst du dann auch auf europäischem Level Erfolg haben.»

Ist es korrekt, dass du nun zum zweiten Mal beim Coaching nicht finnisch sprichst?

«Das ist wahr, in Kunlun beim chinesischen Team habe ich englisch gesprochen, nicht chinesisch. Ich konnte nur wenige Worte in Chinesisch. Ni hao und das wäre es schon. In Tampere coachte ich in Finnisch, gegenüber den Medien sprach ich englisch. Nun ist es auch ein Prozess für mich, mein englisch auf Top-Level zu bringen. Wenn es nicht funktioniert, werde ich vielleicht mal etwas auf Chinesisch sagen. Aber die Sprache ist hier nicht der Schlüssel, sondern die Emotionen.»

Sprichst du auch deutsch?

«Ja, ich war während vier, fünf Jahren in einer deutschen Schule. Aber berndeutsch… Ich versuchte bereits etwas herauszuhören. Das wird mit der Zeit kommen. Vielleicht wird mir mein Kind die Sprache beibringen.»

Was weisst du über das Land und was gefällt dir an der Schweiz?

«Letztes Wochenende verbrachte ich Zeit in den Bergen und am See in Interlaken. Ich schwamm zudem bereits in der Aare. Alles ist sauber. Über den grössten Unterschied zu Finnland hat mich mein Sohn aufgeklärt. Er ist 15 Jahre und sagte, alles sei hier so sauber. Fast niemand schmeisst Dinge auf den Boden oder macht Graffitis. Einer lief 20 Meter zum nächsten Abfalleimer, um einen Kaugummi zu entsorgen. Das ist etwas, was du in Finnland weniger siehst. Da wird der Kaugummi einfach weggeworfen. Mich fasziniert wie die Schweiz zur Natur Sorge trägt. Es ist sauber, sicher und friedlich – überall.»

Wie ist deine Trainer-Philosophie?

«Es geht alles über das Team, wie es auftritt. Ich bin nicht wichtig hier, die Spieler sind es. Das Team und die Spieler sind hier, um zu gewinnen. Ich bin hier um sie für das zu Supporten. Ich werde im Hintergrund sein, die Spieler im Vordergrund. Das ist meine Philosophie.»