Drei Jahre schlechtes Eishockey sind genug
Die SCB-Fans litten die letzten drei Jahre nach den erfolgreichen Zeiten unter Kari Jalonen mehr denn je. Auf das Verpassen der Pre-Playoffs letztes Jahr wurde auf die neue Saison hin mehr als die halbe Mannschaft ausgewechselt. Der neue SC Bern wirkt auf fast allen Positionen kompetitiver. Einzig bei den Torhütern gab es bewusst keinen Wechsel.
Torhüter
Auch in der kommenden Saison setzt der SCB auf den 38-jährigen Daniel Manzato als Back-up und den 24-jährigen Philip Wüthrich als Nummer 1 im Tor. Der aus dem Nachwuchs stammende Goalie verlängerte seinen Vertrag unlängst bis 2025 und wird sich auch in der kommenden Saison weiterentwickeln.
General Manager Andrew Ebbett sagte kürzlich gegenüber hockeyfans.ch: „Ich denke, dass Wüthrich diese Saison den nächsten Schritt machen wird.“
Bereits letzte Saison war für ihn eine gute Saison. Obschon die Pre-Playoffs verpasst wurden, konnte er sich an das National League-Niveau gewöhnen und verzeichnete starke Werte. In der Regular Season bestritt Wüthrich einen Einsatz weniger als EVZ-Meisterheld Leonardo Genoni, liess im Vergleich nur 0.1 Prozent mehr Gegentore zu und kam wie Genoni auf eine Fangquote von 92.1 Prozent. Ein sichtlich guter Wert. Auch Manzato zeigte eine starke Leistung mit 2.6 Gegentoren pro Spiel und einer Fangquote von 92 Prozent. Das Verpassen der Pre-Playoffs lag also nicht an den Goalies. Wäre eine Veränderung an dieser Position vorgenommen worden, hätte sie mehr geschadet als geholfen.
Verteidigung
In der Verteidigung wird der SCB mehr Tiefe haben als letzte Saison. Die Abgänge Thomas Thiry und Calle Andersson waren zu verkraften. Dass der langzeitverletzte Eric Blum nicht mehr zurückkommen konnte, war bitter für den SCB. So wurde bereits früh die Verpflichtung des Nationalverteidigers Romain Loeffel für vier Jahre bekannt gegeben. Er wird die Defensive wieder stärker machen.
Mit Jesse Zgraggen fand man einen stärkeren Spieler als Ersatz für Thomas Thiry. Und Kanadier Eric Gélinas, der letzte Saison mit Rögle BK die CHL gewann, wird allein schon mit seiner Körpergrösse von 198cm physisch ein Ausrufezeichen setzen. Der SCB wird aller Voraussicht nach mit sieben Verteidigern in die neue Saison starten. Der obenerwähnte Gélinas fällt bis Ende Monat wegen einer Adduktorenverletzung aus, Mika Henauer fehlt dem Team nach einer erneuten Operation an der Schulter gar bis Ende Oktober.
Sturm
Der grösste Wechsel fand auf den Stürmerpositionen statt. Das letztjährige Team hatte zwar einige Stürmer, die regelmässig punkteten wie Dominik Kahun, Simon Moser oder Tristan Scherwey, aber bekanntlich können nicht nur drei Spieler den Karren aus dem Dreck ziehen. Der SCB hatte zu viele Stürmer, die dem heutigen Eishockey in der National League nicht mehr genügten. So war es auch nicht verwunderlich, gab es im Sommer einen radikaleren Schritt von Seite der Sportabteilung. Keine neuen Verträge erhielten der lang verletzte Thomas Rüfenacht, Jan Neuenschwander, Timothy Kast, Gregory Sciaroni, Christian Thomas, Phil Varone, Dustin Jeffrey und Alain Berger. Die noch für die neue Saison bestandenen Verträge mit Vincent Praplan, Cory Conacher und Kaspars Daugavins wurden aufgelöst.
Im Sturm setzt der SCB auf besseres ausländisches Personal, mehr Leadership bei den Schweizer Rückkehrern und auf junge Talente, die sich in Bern weiterentwickeln möchten. Dominik Kahun setzte bereits ein positives Signal für die Zukunft. Er blieb im Club, liess seine NHL-Klausel streichen und verlängerte bis 2027. Mit Chris DiDomenico, der letzte Saison eine starke Saison bei Gottéron spielte, bekommt der SCB mehr Härte. Oscar Lindberg erzielte bei Dynamo Moskau gute Werte, kann skoren aber auch defensiv absichern. Colton Sceviour wird vor allem im Boxplay eine besondere Rolle spielen, weiss aber auch wo das Tor steht.
Wenn wir von den Schweizer Rückkehrern sprechen, dann von Sven Bärtschi und Joël Vermin. Bei Bärtschi ist es zwar nicht ganz korrekt. Er ist zwar in Bern geboren, spielte die meiste Zeit aber im Nachwuchs des SC Langenthal, bis er im Alter von 17 Jahren nach Nordamerika wechselte. Bärtschi zeigte bereits in der Vorbereitung, wie wichtig er für die Mannschaft sein wird. Vermin verliess den SCB während der Saison 2013/14 in Richtung AHL und kam bereits 2017 in die Schweiz zurück. Über Lausanne und Genf fand er zurück zu seinem Jugendverein. Auch er wird eine der Teamstützen sein und als Vorbild für die jungen Spieler dienen.
Die Jungen, die neu nach Bern gekommen sind, um sich weiterzuentwickeln, sind Benjamin Baumgartner, Marco Lehmann und Fabian Ritzmann. Beim SCB stich letztes Jahr Joshua Fahrni bereits gross raus und stand bei den Swiss Hockey Awards als Youngster of the year zur Wahl. Aber auch Santiago Näf zeigte in seinen ersten National League Einsätzen viel Wille und eine positive Einstellung in punkto Einsatz. Er könnte in der Entwicklung Joshua Fahrni nacheifern. Dies hofft zumindest sein Trainer Johan Lundskog und sagt gegenüber hockeyfans.ch: „Santiago ist einer aus der eigenen Nachwuchsabteilung. Wir wollen ihm die Möglichkeit geben bei uns zu spielen. Mario Kogler und die anderen Jungs im Nachwuchs haben einen guten Job gemacht. Ich denke Santiago könnte denselben Weg gehen wie letztes Jahr Joshua Fahrni.“
Und Sportchef Ebbett fügte im Hinblick auf die jungen Neuzugänge hinzu: „Ich glaube wir können der Schweiz zeigen, dass sich die jungen Spieler hier entwickeln können. Talente wie Lehmann, Ritzmann und Baumgartner haben den SCB ausgewählt. Nun ist es an uns, sie weiterzuentwickeln und ich liebe die Energie, die sie an den Tag legen.“
Trainer / Sportchef
Nach der enttäuschenden letzten Saison hielt Raeto Raffainer an seiner Trainercrew fest. Und sind wir ehrlich: Kein anderer Trainer hätte wohl mehr aus der Mannschaft 2021/22 herausgeholt. Es gab in den drei letzten Jahren genügend Trainer und die Stagnation begann bereits viel früher. So wurde Geld gespart und der Coaching-Staff kann sich nun unter besseren Bedingungen und mit einer kompetitiveren Mannschaft unter Beweis stellen.
SCB-Sportchef Andrew Ebbett ist nun alleine für die erste Mannschaft verantwortlich und konnte sie zur neuen Saison praktisch von Grund auf neu aufstellen.
Fazit
Eine fast komplett neue Mannschaft hat aber auch eine Schattenseite. Praktisch alle Sturmlinien sind neu. Johan Lundskog testete in der Vorbereitung bereits einiges aus. Alles ist und soll noch nicht perfekt sein, aber das bisher Gebotene lässt hoffen auf bessere Zeiten. Wichtig ist, dass die Mannschaft mit den einzelnen Charakteren zueinander findet und jeden für jeden geht. Auf die Frage, welchen SCB wir in der nächsten Saison sehen, meinte Ebbett: „Hoffentlich der gute SCB. Wir müssen es auf dem Eis zeigen. Niemand will eine weitere schlechte Saison sehen.“
Abschlussinterview mit Andrew Ebbett im Hinblick auf die übernächste Saison 2023/24:
Mit Blick auf die übernächste Saison enden dieses Mal glücklicherweise nicht so viele Verträge. Dafür nebst Verträge von jungen Spielern wie Colin Gerber oder Joshua Fahrni auch zwei von jahrelangen Teamstützen. Verteidiger Beat Gerber hängt seine Schlittschuhe an den Nagel und der Vertrag des Captains Simon Moser läuft ebenfalls aus. Wie stehst du zur Personalie Simon Moser? Er ist bereits 33-jährig. Geht der SCB mit Moser in die Zukunft und gab es bereits Gespräche?
Ebbett: „Moser ist unser Captain – in guten wie in schlechten Zeiten – und gewann dreimal die Meisterschaft. Er hatte eine schwierige Saison letztes Jahr. Nun hat er eine harte Vorbereitung hinter sich. Ich bin im Dialog mit ihm. Wir schauen mal wie die Saison beginnt aber klar, es wäre gut, wenn er länger unser Captain bleibt. Er verkörpert den SCB. Wir werden sehen und arbeiten daran. Ich denke aber, dass wir mit ihm in die Zukunft gehen werden.“
Und noch eine andere sehr wichtige Frage: Wie will man einen Beat Gerber – ein Urgestein – eine Legende beim SC Bern – auf 2023/24 ersetzen? Denkst du das ist möglich und wenn ja, wie?
Ebbett: „Ich denke nicht, dass wir Bidu einfach ersetzen können. Bidu hatte eine grossartige Karriere, wurde sechs Mal Meister, bestritt die meisten Spiele. Mir gefällt, dass er die Entscheidung traf, dass es sein letztes Jahr wird. So kann er es einfach noch geniessen. Hoffentlich haben wir für ihn ein erfolgreiches Jahr. Aber man kann Bidu nie einfach ersetzen. Es ist an den Jungs, diese Herausforderung anzunehmen, wie z.B. Colin Gerber oder andere in unserem Nachwuchsbereich. Sie können versuchen und ihren Weg gehen. Ich weiss nicht, ob wir einen anderen Bidu haben.“
Noch zu dir persönlich. Nach dem Wechsel von Raeto Raffainer vom Sportdirektor zum CEO bist du für die Sportabteilung zuständig und neu auch Mitglied der Geschäftsleitung geworden. Das war ein General Manager des SC Bern in der Vergangenheit noch nie. Wie empfindest du das und was hat sich damit für dich geändert?
Ebbett: „Ich muss schneller Deutsch lernen, wenn ich nun diese Position inne habe. Nein, es ist eine grosse Ehre als mich Raeto gefragt hat, Teil der Geschäftsleitung zu werden. Zum Glück habe ich einen guten Marc Weber, der mir auch dabei hilft und schon lange dabei ist. Ich bin dem SCB dankbar, als Ausländer diese Chance in dieser Position zu bekommen. Es ist eine gute Herausforderung mit etwas mehr Verantwortung. Der Schlüssel ist, einen guten ersten Teil der Saison zu haben und alles andere wird dann einfacher.“
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